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Familientherapie ohne Familie

Titel: Familientherapie ohne Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Weiss
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nur im Wortlaut, sondern auch mit der – karikierten – Stimmlage des anderen vortragen.
    Bis ein Patient sich in Behandlung begibt, vergeht meist einige Zeit. Bei psychosomatischen Patienten beträgt der Zeitraum zwischen ersten Beschwerden und psychotherapeutischer
Behandlung im Schnitt mehrere Jahre. In dieser Zeit bildet der betroffene Patient ein bestimmtes Muster von Antworten auf die immer gleichen Fragen. Der erfahrene Untersucher erkennt das leicht an den vorgefertigten Krankheitsgeschichten, die manche Patienten bereitwillig präsentieren. Nach der x-ten Befragung ist das kaum anders zu erwarten.
    Durch eine andere Fragetechnik wird das gewohnte Denkmuster durchbrochen. Es beginnt ein innerer Suchprozess: »Wie ist das eigentlich? Die Frage habe ich mir so noch gar nicht gestellt! Was denkt denn meine Frau? Wieso glaubt die das? Warum stimmt sie nicht mit mir überein?«
    Die Fragetechnik gibt also sowohl dem Fragenden als auch dem Befragten neue Informationen.
    Zirkuläres Fragen gibt immer eine doppelte Information auf der Inhalts- und auf der Beziehungsebene. Dadurch wird die Einbeziehung des Symptoms in die Interaktion deutlich.
    Ein plastisches Beispiel für die doppelte Informationsgewinnung gibt Watzlawick: 15
     
     
    Ein Mann wird von zwei Wachen in einem Raum gefangen gehalten, der zwei Ausgänge hat. Beide Türen sind geschlossen, aber nur eine ist zugesperrt. Der Gefangene weiß ferner, dass einer seiner Wächter stets die Wahrheit sagt, der andere dagegen immer lügt. Welcher der beiden aber der Lügner ist, weiß er nicht. Seine Aufgabe, von deren Lösung seine Freilassung abhängt, besteht darin, durch eine einzige Frage an einen der beiden Wächter herauszufinden, welche der beiden Türen nicht versperrt ist.
    (Lösung siehe Anmerkung 16, Seite 248)
     
    Aus der Fülle der möglichen Fragen möchte ich nun für einige Fragetypen Beispiele geben:
    Fragen zum Effekt von Verhalten:
    »Was beobachtet Ihr Mann an Ihrem Verhalten, wenn Sie sich ›depressiv‹ fühlen?«
    »Wie muss ich mir das vorstellen, wenn Sie den ganzen Tag
    verzweifelt sind?«
    »Was würde ich sehen, wenn ich unsichtbar im Haus wäre?«
    »Wenn man einen Film von Ihrem Leben drehen würde, wie
    würde das aussehen?«
    Fragen nach dem Ablauf bestimmter Verhaltensweisen:
    »Wenn Sie ›depressiv‹ sind (besser: wenn Sie morgens nicht aufstehen und nur wenig sprechen), wer reagiert dann als Erster darauf?«
    »Was sagt derjenige dann zu Ihnen?«
    »Wie verhält er sich?«
    »Wie reagieren Sie dann darauf?«
    »Was passiert denn dann als Nächstes?«
    Fragen nach Erklärungen (Fragen nach der inneren Landkarte):
    »Wie erklären Sie sich das?«
    »Wie erklärt sich das wohl Ihr Mann?«
    »Hält der Sie für krank oder unwillig?«
    »Wie kommt Ihr Mann zu der Auffassung, Sie könnten sich
    anders verhalten?«
    »Kennen Sie die Auffassung Ihres Hausarztes zu dem Problem?«
    »Das ist ja überraschend, was Sie mir da erzählen! Wie erklären
    Sie sich den Widerspruch?«
    Zirkuläre Fragen im engeren Sinn:
    »Wenn ich Ihren Mann (Tochter, Mutter usw.) fragen würde...«
    »Wie sieht das wohl aus der Perspektive Ihrer Tochter aus?«
    »Wenn Ihre Mutter anwesend wäre, was würde die sagen?«
    »Wenn ich heimlich anwesend wäre, was würde ich sehen?«
    »Wenn Sie aus der Perspektive Ihrer Tochter sprechen, was sa-
    gen Sie dann dazu?«
    »Wie ist wohl die Meinung Ihres Mannes über Ihre Tochter?«
    (Ansicht eines Dritten über einen Vierten)

    »Aus der Sicht Ihres Mannes, wer hat da wohl die engere Beziehung zu Ihrer Tochter, Sie oder Ihr Mann?«
    Fragen nach Unterschieden (Skalen):
    »Wer steht Ihnen denn in Ihrer Familie am nächsten?«
    »Wer kommt dann?« Usw.
    »Wie sieht das aus der Perspektive Ihres Mannes aus?«
    »Würde der das genauso sehen oder anders?«
    »Wer leidet am meisten unter dem Symptom?«
    »Wer dann?«
    »Wer kann sich am ehesten vorstellen, dass die Behandlung
    schnell zum Erfolg führt?« (»Warum?«)
    »Wer würde das am ehesten anzweifeln?«
    »Wer hält es am ehesten für möglich, dass Ihre Ehe weiterbe-
    steht?« (»Wie kommt der darauf?«)
    »Wer von Ihnen wird in dieser Sache zuerst einlenken?«
    Hypothetische Fragen:
    »Wenn Ihre Tochter demnächst ausziehen wird, wie wird sich dann Ihr Verhältnis zu Ihrem Mann verändern?« (»Was denkt wohl Ihr Mann darüber?«)
    »Wenn Ihre Fröhlichkeit sich wieder so zeigt wie früher, wer
    wird das am ehesten bemerken? Wie wird er das

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