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Familientherapie ohne Familie

Titel: Familientherapie ohne Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Weiss
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sie durch humorvolle Übertreibung Distanz schaffen. So kann man Patienten freundlich auf Zusammenhänge hinweisen, die sonst nicht in der Klarheit gesagt werden können, ohne den Patienten zu verletzen.

Propagieren statt Verheimlichen
    In manchen Lebenslagen führt der Versuch, ein Problem zu vermeiden, mit großer Sicherheit gerade zum befürchteten Ergebnis. Dies gilt besonders dann, wenn das angestrebte Ziel nur mit innerer Gelöstheit zu erreichen ist.
    Jedermann kennt die Schwierigkeiten, die sich beim Halten von Reden ergeben. Falls der Redner ängstlich ist, wird es ihm schwerfallen, gelöst und überzeugend zu wirken. Je mehr er das bemerkt und sich daraufhin zu kontrollieren versucht, desto mehr wird er sich verspannen und nervöser werden.
    Um das Problem zu lösen, kann er deshalb eine Technik anwenden, die Watzlawick 26 »Propagieren statt Verheimlichen« nennt. Der Redner wird also sagen: »Sie müssen entschuldigen, aber ich bin schrecklich aufgeregt, vor so vielen Menschen zu reden. Wahrscheinlich werde ich mich des Öfteren verhaspeln...«
    Eine Technik, die sich auf psychotherapeutischen Kongressen allergrößter Beliebtheit erfreut. Sie ist wieder eine Anwendung des »Sei-spontan«-Paradoxons. Ein spontanes Verhalten wird dadurch unmöglich, indem es angekündigt wird. Gleichzeitig stellen sich die Zuhörer auf den Redner ein, wobei sie ihm im Allgemeinen Mut machen.
     
    Eine 25 Jahre alte Versicherungsangestellte kam wegen einer Erythrophobie (Angst vor dem Erröten) in Behandlung. Sie schilderte, wie sie etwa zehnmal am Tag einen roten Kopf bekomme. Es begänne mit langsamem Kribbeln am Hals, dann steige es auf und breite sich über das Kinn aus, bis sich schließlich das ganze Gesicht und die Ohren glühend rot verfärben würden. Sie wisse dann vor lauter Peinlichkeit nicht, wohin sie schauen solle. Am schlimmsten sei es im Büro, wenn ihr Chef in der Nähe sei. Mittlerweile trete es allerdings auch schon beim Telefonieren auf.
    Ohne auf die Details dieser Problematik einzugehen, war die Intervention in etwa diese:
    »Für die Zeit, bis Sie in vier Wochen wiederkommen, habe ich eine Aufgabe für Sie. Sie sollten erstens an der Häufigkeit des
Errötens nichts ändern, solange wir noch nicht verstanden haben, wie alles zusammenhängt. Manchmal macht man nämlich die Dinge schlimmer, wenn man versucht, sie besser zu machen. Kämpfen Sie daher nicht gegen das Erröten an. Wie Sie wissen, hilft Ihnen das ja auch nicht. Zweitens möchte ich Sie bitten, in Phasen, wo Sie sich vollständig wohlfühlen, einmal ganz bewusst zu erröten. Nehmen Sie sich Zeit dazu und achten Sie ganz genau darauf, wie Sie das anstellen. Das heißt, an was Sie denken müssen, damit es schnell geht, an was Sie nicht denken dürfen usw. Drittens möchte ich Ihnen empfehlen, nach 14 Tagen der Beobachtung zusätzlich die Situationen zu notieren, in denen Sie errötet sind, ohne sich daran zu stören.«
    Mit einer derartigen Intervention, die hier nur als ein Beispiel von vielen denkbaren angeführt ist, kann es gelingen, das eingefahrene Muster von Angst, Vermeidung und unbewusster körperlicher Reaktion aufzuweichen. Die Überzeugung »Wenn mein Chef hereinkommt, dann erröte ich« kann zu einer »self fulfilling prophecy« werden, einer Voraussage, die sich selbst erfüllt.
    Besonders treffend charakterisiert das ein Witz:
    Ein Mann läuft durch den Wald. Alle paar Schritte bleibt er stehen und klatscht laut in die Hände. Ein anderer, der ihn begleitet, fragt deshalb verwundert, warum er das tue. Der erste antwortet in selbstverständlicher Miene: »Um die Elefanten zu verscheuchen.« »Aber hier gibt es doch keine Elefanten«, entgegnet sein Begleiter. »Eben!« ist die Antwort, und der Mann klatscht weiter.
Übertreibung des Symptoms
    Der Umgang mit hypochondrischen Beschwerden ist im Allgemeinen schwierig. Der Therapeut kommt leicht in die Position, dem Patienten beweisen zu wollen, dass es so schlimm doch nicht sei. Dadurch geht der Angesprochene unweigerlich in eine entgegengesetzte Position, wodurch die hypochondrische Fehleinschätzung noch verstärkt wird. Eben dadurch wird er allerdings von der Umgebung verstärkt die Botschaft erhalten, es sei doch wirklich nicht so, was den Patienten weiter
im Beharren auf seiner Position bestätigt. Ein Kreislauf, der sich selbst am Leben hält, wenn er einmal initiiert ist. Ähnliche Phänomene lassen sich auch zwischen Patienten mit paranoiden Tendenzen und deren

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