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Fandorin

Fandorin

Titel: Fandorin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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ein gutes Stück bei der Bearbeitung der Version Beshezkaja vorangekommen. Wir wissen jetzt, wo wir die Dame zu suchen haben. Bravo. Ich beabsichtige nunmehr, alle verfügbaren Detektive einschließlich Ihrer Person auf Version vier zu konzentrieren, die mir als die wesentliche erscheint.« Er wies mit dem Finger zur Tafel, wo im vierten Kreidekreis die Buchstaben NO standen.
    »Wie bitte?« Fandorin glaubte sich verhört zu haben. »Erlauben Sie, Chef, aber …«
    »Vorige Nacht bin ich auf eine sehr verheißungsvolle Spur gestoßen, die zu einem Landhaus vor den Toren Moskaus führt«, teilte Brilling mit unverhohlener Befriedigung mit. Über den Dreck an seinen Stiefeln mußte man sich nun nicht mehr wundern. »Dort versammeln sich die Revolutionäre, und zwar die von der extrem gefährlichen Sorte. Achtyrzew scheint mit ihnen in Verbindung gestanden zu haben. Hiermüssen wir aktiv werden. Dazu benötige ich sämtliche Leute. Und die Version Beshezkaja scheint mir aussichtslos zu sein. Jedenfalls eilt es damit nicht. Wir schicken den Engländern eine diplomatische Anfrage, bitten sie, diese Miss Olsen bis zur Klärung des Sachverhalts festzusetzen, das dürfte reichen.«
    »Aber das wäre doch das Falscheste, was man tun kann!« rief Fandorin, er rief es so vehement, daß Brilling verdutzt war.
    »Wieso?«
    »Sehen Sie denn nicht, wie alles zusammenpaßt?« Fandorin sprach sehr schnell, weil er Angst hatte, unterbrochen zu werden. »Von den Nihilisten weiß ich nichts, das kann alles gut sein und ist bestimmt von großer Wichtigkeit, aber das andere ist auch von Wichtigkeit, von staatstragender Wichtigkeit! Sehen Sie doch, Chef, welches Bild sich ergibt. Die Beshezkaja ist in London untergetaucht – Punkt eins.« Fandorin merkte nicht, wie er Brillings Ausdrucksweise übernahm. »Ihr Butler ist Engländer, ein äußerst verdächtiger noch dazu, der mordet garantiert, ohne mit der Wimper zu zucken – Punkt zwei. Der Weißäugige, der Achtyrzew erstochen hat, sprach mit Akzent, könnte gut ebenfalls ein Engländer sein – Punkt drei. Lady Aster
ist
Engländerin, wenn auch eine sehr ehrenwerte Person, und Kokorins Hinterlassenschaft ist ihr zugefallen, da kann man sagen, was man will – Punkt vier! Es ist doch sonnenklar, daß die Beshezkaja ihre Verehrer in Schwulitäten gebracht hat, damit sie ihr Testament zugunsten der Engländerin aufsetzen!«
    »Stopp, stopp!« Brilling zog die Stirn in Falten. »Worauf wollen Sie hinaus? Spionage?«
    »Aber natürlich!« Fandorin schlug die Hände zusammen. »Englische Intrigen! Sie wissen doch selbst, wie es um unserVerhältnis zu England momentan steht. Ich will Lady Aster nichts Übles nachsagen, sie hat davon gewiß keine Ahnung, aber ihr Institut läßt sich gut als Deckmantel gebrauchen, als trojanisches Pferd, um in Rußland Fuß zu fassen!«
    »Oha.« Der Chef lächelte ironisch. »Königin Victoria und ihr Herr Disraeli sind natürlich unzufrieden mit den Goldausbeuten in Afrika und den indischen Diamanten, da brauchen sie unbedingt noch die Tuchfabrik eines Peter Kokorin und Achtyrzews dreitausend Desjatinen in Nikolenka.«
    Jetzt spielte Fandorin seinen großen Trumpf aus: »Es geht nicht so sehr um die Fabrik, nicht einmal um das Geld! Erinnern Sie sich an die Liste der Besitztümer? Ich habe auch nicht gleich darauf achtgegeben. Kokorin besaß unter anderem eine Werft in Libau, dort läßt die Kriegsmarine ihre Schiffe bauen – ich habe mich erkundigt.«
    »Ach ja, wann denn?«
    »Während ich auf Sie gewartet habe. Telegrafische Anfrage an das Heeres- und Marineministerium. Dort gibt es auch einen Nachtdienst.«
    »Soso. Und weiter?«
    »Achtyrzew gehörte außer dem Landgut, den Häusern und dem Geld ein Erdölvorkommen in Baku, das hatte er von der Tante geerbt. In der Zeitung war zu lesen, wie sehr die Engländer davon träumen, an kaspisches Öl heranzukommen. Und so hätten sie es – auf ganz legitime Weise! Die Sache war tadellos eingefädelt: entweder das Werk in Libau, oder das Öl – eines von beiden mußte den Engländern zufallen! Sie müssen es natürlich am besten wissen, Chef«, ereiferte sich Fandorin, »aber ich für mein Teil mag nicht davon ablassen. Ich werde all ihren Anweisungen Folge leisten, aber nach Dienstschluß gehe ich dieser Spur nach. Und werde unter Garantie fündig!«
    Der Chef sah wieder aus dem Fenster. Diesmal schwieg er noch länger als zuvor. Fandorin zappelte vor Nervosität, doch hatte er genug Charakter, um sich zu

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