Fangboys Abenteuer (German Edition)
wenn er hoffte, adoptiert zu werden. Die perfekten Eltern würden ihn lieben, egal wie er aussah, oder? Vielleicht wollten sie ja ein Kind mit scharfen Zähnen. Vielleicht waren sie nur sechzehn Stunden gefahren, weil sie gehört hatten, dass es in diesem besonderen Waisenhaus einen kleinen Jungen gab, der mit genau den Zähnen geboren war, die sie sich für ihren zukünftigen Sohn immer erträumt hatten. Wenn er nicht lächelte, würden sie vielleicht weiterlaufen und einen anderen Jungen aus der Reihe auswählen, dessen Zähne ganz leicht schief standen!
Er lächelte und zeigte seine Zähne komplett.
Der Mann und die Frau sahen ihn ausdruckslos an.
Ein langer Moment des Schweigens.
»Oh«, sagte die Frau. »Oh je.«
Der Mann wandte sich Steamspell zu. »Sind alle Kinder so?«
»Nein, nein, ganz und gar nicht. Er ist unsere einzige Anomalie.«
»Naja, er sieht wie ein netter Junge aus, aber offensichtlich können wir nicht so ein massiv mutiertes Kind in unser Zuhause aufnehmen. Vielleicht sind wir die ganze Elterngeschichte zu schnell angegangen.« Er legte den Arm um seine Frau. »Wir sollten nach Hause gehen und noch mehr Bücher zu diesem Thema lesen, denkst du nicht auch?«
»Ja, das wäre wohl am besten.«
Sie gingen.
Nathan lächelte nicht mehr.
»Du arme, miserable Bestie«, sagte Steamspell. »Wie groß muss die Enttäuschung jetzt sein, da du doch tatsächlich geglaubt hast, dass sie dir ein neues Zuhause geben.« Er lachte. »Du bist ein naiver Bursche, Zahnjunge! Ein äußerst naiver Bursche. Haha. Ich hätte meinen rechten Arm hergegeben, wenn ich in dem Moment in deinen Kopf hätte schauen können, als er dich nach dem Angeln gefragt hat. Du musst so aufgeregt gewesen sein.« Er lachte und lachte, sein Bauch wackelte, bis er sich eine Träne von der Wange wischen musste. »Ach, es gibt doch nichts Erfreulicheres als die Selbsttäuschung eines Sechsjährigen. Und jetzt, alle Mann wieder zurück an die Arbeit!«
Während Nathan so dastand und in Demütigung versank, fragte er sich, ob Reggie recht hatte.
Nathan hatte Zähne, die problemlos jemandem den Hals durchbeißen konnten.
Steamspells Hals verdiente durchgebissen zu werden.
Es war eine Überlegung wert.
Fünf
»Der Plan sieht folgendermaßen aus«, verkündete Reggie. »Steamspell schläft nachts mit verschlossener Schlafzimmertür, aber Milton hier hat zwei Jahre auf der Straße überlebt, indem er in Garagen eingebrochen ist und unter LKWs geschlafen hat, also kann er den Teil übernehmen. Steamspell hat einen leichten Schlaf, aber er ist an Hintergrundgeräusche gewöhnt; deshalb werden Angus und Cyrus so tun, als hätten sie Albträume, und im Schlaf schreien. Das sollte den Krach des Schlossknackens übertönen. Nathan, du wirst dich dann da rein schleichen – um Zeit zu sparen, sorg dafür, dass du den Mund bereits geöffnet hast – und in seine Halsader beißen. Weißt du, welche das ist?«
»Nein«, gab Nathan zu.
Reggie klopfte leicht auf seinen Hals. »Genau hier.«
»Wird viel Blut fließen?«
»Natürlich. Darum geht es ja gerade!«
»Was ist, wenn es in meinen Mund spritzt?«
»Du kannst das nicht durchziehen, ohne dabei etwas Blut in deinen Mund zu bekommen. Das gehört zum Opfer dazu. Oder vielleicht zur Belohnung. Timothys Mutter war eine Psychologin, bevor sie ihn im Stich gelassen hat, er wird dir also danach mit Gesprächen helfen irgendwelche Schuldgefühle oder Trauma zu überwinden.«
»Was wirst du machen?«, fragte Nathan.
»Die Aufsicht führen.«
»Das hört sich nicht nach einer großen Aufgabe an.«
»Das ist der schwerste Teil von allen! Wenn dieser Plan schiefgeht, ist alles meine Schuld. Diese Art Verantwortung verändert einen Jungen. Ich setze mich damit dem größten Risiko aus, dazu gezwungen zu werden, über die ganze Sache nachzugrübeln. Ihr müsst das zu schätzen wissen und meine Anweisungen befolgen.«
»Aber muss ich ihn wirklich beißen? Warum können wir ihn nicht einfach mit einem Kissen ersticken?«
»Ersticken ist viel zu würdevoll. Das verdient Steamspell nicht. Ich schwöre dir, wenn das abnehmbare Zähne wären, würde ich sie aus deinem Mund entfernen und die Tat selbst begehen. Es sind jedoch keine Abnehmbaren, und wir müssen mit den Gaben leben, die man uns gegeben hat. Also Fangboy, bist du nun auf unserer Seite oder nicht?«
»Kann ich nicht auf eurer Seite sein, ohne jemandem die Kehle durchbeißen zu müssen?«
»Nein.«
Nathan seufzte. »In Ordnung.
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