Fangboys Abenteuer (German Edition)
ihre Chancen zerstört, woanders als in diesem Dreckloch zu sterben.
Die Jungen standen noch eine Weile stramm, während Steamspell darüber schimpfte, wie wenig ambitionierte Eltern an diesem Tag aufgetaucht waren. Ein weiteres Ehepaar kam an, aber es schaffte es nicht einmal bis zur Hälfte der Reihe, bevor die Frau seufzte und ihren Mann am Ärmel zupfte. »Lass uns einfach gehen. Hier gibt es nichts für uns.«
An diesem Tag wurde keiner der Jungen adoptiert.
»Das ist sehr enttäuschend«, sagte Steamspell. »Wie ist es möglich, dass ich nicht einmal einen von euch unter die Leute bringen konnte? Keiner hat auch nur versucht zu feilschen! Was macht ihr Burschen nur falsch, dass ihr nicht einmal für die Leute liebenswert erscheint, die aktiv nach einem Kind suchen?«
Reggie hob die Hand.
Steamspell starrte ihn an. »Was?«
»Wenn Sie uns mehr Seife zur Verfügung stellen könnten, würden uns mehr Eltern adoptieren wollen. Das Stückchen Seife, das ich jeden Tag bekomme, reicht kaum für mein Kinn.«
»Du dreckige kleine Ratte! Wie kannst du es wagen, meine Seifenverteilung in Frage zu stellen! Eigentlich wollte ich heute Abend den da verprügeln …« Steamspell deutete auf einen Jungen am Ende der Reihe. »… und den da …« Er zeigte auf einen anderen. »… aber stattdessen werde ich dich verprügeln. Und ich bin ziemlich schlecht gelaunt, also habe ich die Absicht, dich so lange zu verprügeln, bis sich meine Laune gebessert hat!«
Die Jungen marschierten ins Waisenhaus zurück. Nach einer Suppenmahlzeit, die eher aus Wasser mit leichtem Karottengeschmack bestand, verbrachten sie den restlichen Tag damit, ihre häuslichen Pflichten zu erledigen. Nathans Aufgabe bestand darin, einen Läufer so lange zu schütteln, bis auch die letzte Zecke entfernt war.
Reggies Schreie hallten durch das ganze Waisenhaus.
»Ich bin froh, dass ich nichts über die Seife gesagt habe«, gab Malcolm zu, während er den ihm zugeteilten Teppich ausschüttelte. »Ich habe geglaubt, dass er eine echte Antwort wollte.«
Reggie kam erst kurz vor dem Abendessen aus Steamspells Büro; er hinkte und war mit Blutergüssen übersät. »Er gibt uns nichts Vernünftiges zu essen, aber er scheut keine Kosten für diese Kelle«, murmelte er. »Ich habe gedacht, sie würde auseinanderbrechen, aber es ist nicht einmal etwas abgeplatzt. Habt ihr gesehen, dass da Diamanten am Griff sind?«
»Geht es dir gut?«, fragte Nathan.
»Mir wird es erst gut gehen, wenn seine Kehle deine Kehle hinunterrutscht.«
»Ich werde ihn nicht umbringen.«
»Du kleiner mieser Geizhals! Warum bist du was Besonderes? Glaubst du nicht, dass der liebe Gott da oben dir solche Zähne gegeben hat, weil er will, dass du sie auch benutzt? Indem du deine Gabe ignorierst, spuckst du Gott ins Gesicht. Direkt in sein allsehendes Auge. Blasphemie!«
»Ich werde es nicht machen.«
»Na gut. Es ist deine Seele. Mach damit, was du willst!«
Qualitätsmäßig verbesserte sich das Leben im Waisenhaus in der folgenden Woche nicht. Nathan vermisste seine Eltern und er konnte an diesem Ort gar nichts schön finden und er hasste es, Fangboy genannt zu werden. Er weinte nicht mehr so viel und dachte, dass es vielleicht daran liegen könnte, dass sein Körper kein Wasser mehr zur Verfügung hatte, das er in seine Augen transportieren könnte.
Nathan dachte jede Nacht ans Weglaufen, wie alle Jungen. Leider gingen Geschichten über all die Vorkehrungen herum, die Steamspell getroffen hatte, um ihre Flucht zu verhindern. Hungrige Wölfe lauerten im Wald. Das Gebiet um das Waisenhaus war mit so vielen Minen und Bärenfallen versehen, dass ein Junge nicht mehr als drei Schritte schaffen würde, bevor er entweder in die Luft flog oder Eisenkiefer sich in seine Knöchel bohrten. (Es lag auch nahe, dass viele Wölfe in diese Fallen tappten, und wenn es irgendetwas Furchteinflößenderes als einen Wolf gab, dann war es ein Wolf, der wütend war, weil er seinen eigenen Fuß abkauen musste.) Kobolde, oder zumindest Leute in Koboldkostümen, schlichen da draußen mit riesigen Keulen umher. Haie fielen vom Himmel. Gruben waren zahlreich vorhanden. Männer mit Gewehren bekamen dauerhaft achtzig Münzen für den Kopf eines Waisenkindes angeboten.
Keine dieser Geschichten entsprach der Wahrheit, und in der Tat hätte sich jeder Junge, der es schaffte, sich eine halbe Meile vom Waisenhaus zu entfernen, in der Obhut von gütigen Nonnen wiedergefunden; jedoch wagte keiner der Jungen, das
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