Fangboys Abenteuer (German Edition)
halten und anschließend abdrücken, und darauf gebe ich dir mein Wort!«
»Das glaube ich Ihnen nicht.«
Steamspell grinste. »Naja, Fangboy, dann wirst du nicht allzu lange leben. Du kannst leben wie ein Tier oder wie eines sterben, ganz egal wie, du bist ein Tier. Verschwinde!«
Nathan rannte durch die Tür, und rannte immer weiter. Er fürchtete sich vor den Fallen und den Kobolden, aber er fürchtete sich noch mehr davor, dass Steamspell seine Meinung änderte. Also rannte und rannte und rannte er immer tiefer in den Wald hinein.
Sechs
Nachdem Nathan zehn oder fünfzehn Minuten gerannt war, nahm er sich einen Moment, um über sein Schicksal nachzudenken. Irgendwie war er jeder Mine, jeder Bärenfalle, jedem gefräßigen Wolf, jedem Treibsand und jeder andere Falle ausgewichen, die Steamspell aufgestellt hatte, um die kleinen Jungs an der Flucht aus dem Waisenhaus zu hindern. Er hatte Glück!
Jetzt musste er einfach weiterrennen, bis er eine Straße fand. Irgendjemand würde schließlich anhalten und ihm helfen. Wenn er dieser Person erzählte, wie schlimm es im Heim war, würden sie ihn nicht wieder dazu zwingen, an diesen schrecklichen Ort zurückzukehren, oder?
Nein, sie würden ihm einfach eine Schrotflinte auf die Brust drücken.
Ihn auslachen oder vor Entsetzen schreien.
Ihn erschießen.
»Stirb, Fangboy!«
Aber was konnte er sonst machen? Irgendjemandem musste er vertrauen. Er konnte nicht allein draußen in den Wäldern leben.
Oder doch?
***
Eines der strittigsten Sequenzen der Fangboy-Geschichte ist das Jahr, das er allein im Wald verbrachte. »Unmöglich!«, haben einige Wissenschaftler behauptet. »Er war gerade einmal sechs Jahre alt! Er hätte kaum eine Nacht überlebt, geschweige denn zwölf volle Monate!«
Eine der fragwürdigen Theorien besagt, dass Nathan im Wald eine kleine, klapprige Hütte entdeckte, in der ein leicht geistesgestörter Mann lebte. Obwohl dieses Szenario nicht völlig verworfen wurde, fand man nie irgendwelche Anzeichen einer Hütte, und es machte auch keinen Sinn, warum Nathan Pepper bei dieser Episode seines Lebens hätte lügen sollen.
Die meisten Leute, die zum ersten Mal von seinem Wald-Abenteuer hörten, nahmen augenblicklich an, dass Nathan dem natürlichen Vorteil erlag, der ihm durch seine Zahn-Abnormität gegeben wurde, und in den Nacken von Rehen und kleinem Wild gebissen hatte, um sich Nahrung zu beschaffen. Das war falsch! Während seines Jahres im Wald brachte Nathan kein einziges Lebewesen um, abgesehen natürlich von Ameisen, Moskitos und anderem Ungeziefer, das versehentlich und ohne Böswilligkeit erschlagen wurden.
Das hieß nicht, dass er sich bloß von den zwei Sorten Beeren ernährte, die es im Wald gab. Selten wagte er sich mehr als fünfzig Fuß aus dem Schutz des dichten Waldes, stahl Äpfel von Bäumen, Müll aus Mülltonnen, und manchmal – von dem köstlichen Geruch angelockt – Fleisch von unbeaufsichtigten Holzkohlegrills. Bei sehr kaltem Wetter schlief er in Scheunen und Hundehütten.
Er bewegte sich nach Norden, obwohl er nicht sicher sagen konnte, warum es ihn in diese Richtung zog. Es gilt auch zu beachten, dass sein Orientierungssinn im Allgemeinen schlecht war, und er verbrachte genauso viel Zeit damit, in die eine Richtung zu laufen wie in die andere, und genau deshalb erreichte er niemals das Ende des Waldes.
Der Wald war weit davon entfernt, ein angenehmer Wohnort für einen kleinen Jungen zu sein, aber Nathan schien wohl den Dreh herauszuhaben, in der Wildnis alleine zu überleben. Auf Bäume klettern war kein Problem. Er badete regelmäßig in Seen und Flüssen, genau wie seine Eltern ihn gegen seinen Willen dazu gezwungen hätten. Keine wilden Tiere versuchten ihn umzubringen, (sehr zu seiner Enttäuschung versuchten jedoch auch keine, sich mit ihm anzufreunden.)
Jeden Morgen wachte er auf und dachte, dass er sich vielleicht heute zeigen würde, dass Steamspell unrecht hatte, dass ihn doch irgendjemand bei sich aufnehmen und sich um ihn kümmern würde. Jede Nacht ging er schlafen und wusste, dass Steamspell vollkommen recht hatte, dass er als ein Freak hingerichtet werden würde, wenn er entdeckt wurde.
Als seine Kleidung in Lumpen zerfiel, fertigte er sich aus Blättern seine eigenen Kleider an. Dabei versagte er auf ziemlich beschämende Weise, lief für ein paar Tage nackt, natürlich und frei herum, bis er ein paar schlechtsitzende Kleidungsstücke von einer Wäscheleine stahl.
Gelegentlich
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