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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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beiden Tische von unten zu untersuchen. Dann richtete er sich wieder auf, blieb mit dem Rücken zur Wand stehen und suchte das Zimmer systematisch ab. Ließ man das Bett und den Einbauschrank außer acht, weil sie als Verstecke ungeeignet waren, blieb nur eine kleine Spiegelkommode übrig. Tweed zog die oberste Schublade auf.
    Sie war mit Papier ausgelegt. tadellos sauber – und gähnend leer.
    Das Notizbuch war mit Klebband an der Rückseite der dritten Schublade von oben befestigt. Tweed entdeckte es, als er alle vier Schubladen herauszog. Selbst von dem ordentlichsten Zimmermädchen konnte man nicht erwarten, dort hinten Staub zu wischen.
    Das linierte Notizbuch entsprach in Größe und Umfang den in Schulen üblichen Vokabelheften. Es war verhältnismäßig teuer gewesen. Auf dem Umschlag klebte noch das weiße Preisschild:
Fr. 2.20.
Der kleine Aufkleber gab auch an, wo das Heft gekauft worden war:
Paputik,
Am Waisenhausplatz, Bern. Also in der Nähe des Präsidiums der Kantonspolizei.
    Aber das hatte sicher nichts zu bedeuten…
    Die wie gestochen wirkende gleichmäßige Handschrift, mit der gut die Hälfte des Notizbuchs vollgeschrieben war, versetzte Tweed einen Stich, aber die Notizen vermittelten ihm gleich darauf wichtige Informationen. Die erste Eintragung begann mit den Worten
Professor Dr. Armand Grange, geboren am 5. Mai 1924 …
Tweed las die Eintragungen, an der Kommode stehend, durch und steckte das Notizheft dann in die Innentasche seiner Jacke.
    Tweed verfügte über außerordentliche Konzentrationsfähigkeit – und ein photographisches Gedächtnis. Von nun an würde er Masons „Testament“ so konnte man diese Aufzeichnungen praktisch nennen Wort für Wort zitieren können.
    Er verließ das Hotelzimmer, sperrte hinter sich ab und fuhr mit dem Aufzug in die Hotelhalle hinunter. Dort gab er den ausgeliehenen Zimmerschlüssel zurück, nickte dem Portier zu und trat durch die Drehtür auf die Straße. Tweed nahm die kalte Nachtluft kaum wahr, als er sich nach rechts wandte und beide Hände in den Taschen seines alten, mehrmals geflickten Lammfellmantels vergrub.
    Tweed, dessen Beine sich wie stämmige Kolben auf- und abbewegten, kam erstaunlich rasch voran. Auf der Höhe des Casinos überquerte er die Straße und marschierte die rechte Arkade der Münstergasse entlang. Obwohl er tief in Gedanken versunken war, beobachtete er automatisch den tunnelförmigen Bogengang vor ihm und die Lauben auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Als er den großen Platz vor dem Münster erreichte, ging er außen herum, anstatt ihn zu überqueren. Auf großen, weiten Plätzen war man zu gut zu erkennen und konnte leicht von einem Auto überfahren werden. Tweed betrat die Plattform durch das offene Tor, spürte plötzlich wieder den Wind im Gesicht und hörte den Kies unter seinen Schuhen knirschen. Er trat an die niedrige Mauer, blieb stehen und betrachtete nachdenklich die tief unter ihm vorbeifließende Aare. Obwohl Tweed es in diesem Augenblick gar nicht wissen konnte, stand er fast genau an der Stelle, an der Julius Nagy in die Tiefe gestürzt worden war. Dies war auch keine Wallfahrt, bei der es darum ging, einen Blick auf den Fluß zu werfen, in dem Mason den Tod gefunden hatte. Für diese Idee hätte Mason nur ein verächtliches Schnauben übrig gehabt.
    Nein, Tweed versuchte festzustellen, wie er umgebracht worden war. Das war natürlich das Werk eines Profis gewesen.
    Ein ausgebildeter Killer, ein Soldat mit Einzelkämpferausbildung oder ein Polizeibeamter. Keinem anderen wäre es gelungen, nahe genug an Mason heranzukommen, um ihn zu ermorden. Seine Augen suchten den Fluß zwischen Dalmazi- und Kirchenfeldbrücke ab.
    Von Wiley, dem „Handelsattache“ der englischen Botschaft, hatte Tweed am Telefon genügend Einzelheiten gehört, um den Tathergang rekonstruieren zu können. Er versuchte, sich vorzustellen, wie
er
diesen Mord geplant hätte.
    Nach Tweeds Überzeugung war die Leiche absichtlich an einer Stelle in den Fluß geworfen worden, wo sie gegen eine der Schleusen getrieben und übel zugerichtet werden würde. Dazu genügte es nicht, Mason nur von der Aarstraße unterhalb der Münsterplattform in den Fluß zu stoßen. Der Tote hätte zu leicht ins ruhige Wasser des Nebenarms bei der Primärschule treiben können.
    Auch die Kirchenfeldbrücke kam nicht in Frage dort herrschte zu starker Verkehr. Folglich musste die kleinere und viel niedrigere Dalmazibrücke der Tatort gewesen sein. Ein Toter

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