Fangjagd
Newman.
„Sie sollten sich beeilen, viel Zeit haben wir nicht.“
„Es geht um Willy Schaub, unseren Hausmeister, von dem ich Ihnen in Thun erzählt habe. Er ist bereit, mit Ihnen zu sprechen. Haben Sie seine Adresse in Bern noch?“ Als Newman nickte, fuhr der Arzt fort: „Schaub hat morgen seinen freien Tag und erwartet Ihren Besuch um fünfzehn Uhr. Er weiß mehr über die Klinik Bern als jeder andere…“
„Warum ist er bereit, mit mir zu sprechen?“
„Aus Geldgier“, antwortete Novak offen. „Für zweitausend Franken packt er aus. Vielleicht auch schon für fünfzehnhundert. Er will natürlich Bargeld und keinen Scheck, der sich zum Aussteller zurückverfolgen ließe. Sie müssen selbst wissen, ob Sie sein Angebot annehmen wollen, Newman. Ich habe mein Bestes getan. Und ich verlasse die Klinik bei nächster Gelegenheit. Was soll ich Schaub sagen?“
„Daß ich ihn besuchen werde. Noch eine Frage, bevor Nancy wieder aufkreuzt: Wie krank sind die Patienten, die hier in der Klinik liegen?“
„Wir haben Leukämie, Multiple Sklerose, Lungenkrebs und alle möglichen anderen Krankheiten. Quer durch die Fachliteratur! Lauter unheilbare Fälle…“
27
Basel.
Als Newman und Nancy ihren zweiten Besuch in der Klinik Bern beendeten, saß Bruno Kobler in seinem Zimmer im Hotel Terminus gegenüber dem Hauptbahnhof in Basel.
Kobler war nach Basel geflogen, dieses Hotel hatte er wegen seiner strategisch günstigen Lage gewählt.
Manfred Seidler war beim Kauf einer Fahrkarte nach Le Pont, einem Nest am Lac de Joux im Jura, beobachtet worden.
Inzwischen hatte man Seidler wieder aus den Augen verloren, was bedauerlich war, aber Kobler besaß nicht weniger Geduld als Lee Foley, wenn es darum ging, auf den rechten Augenblick zu warten. Er sprach mit dem stämmigen, untersetzten Emil Graf, der am Fenster auf ein Signal von Hugo Munz wartete. Munz leitete das Team auf dem Hauptbahnhof.
„Irgendwann muss Seidler wieder auftauchen“, stellte Kobler fest. „Ich bin überzeugt, daß er sich in Le Pont mit jemand treffen will. Und wir lassen das Hotel de la Truite von weiteren Männern überwachen…“
„Ich kenne Le Pont nicht“, antwortete Graf. „Der Karte nach scheint es ein gottverlassenes Nest zu sein.“
„So ist es – ein abgelegener kleiner Ort, an dem Seidler sich sicher glaubt, wenn er sich mit einem Käufer für das uns entwendete Muster trifft. Und das Hotel liegt am Bahnhof, so daß er…“
„Er ist da! Munz hat mir eben das verabredete Zeichen gegeben!“
Und schon stand Kobler an der Zimmertür und schlüpfte in seinen Kamelhaarmantel. Er deutete auf die Reisetasche auf dem Bett, um Graf daran zu erinnern, sie mitzunehmen. Kobler hatte keineswegs die Absicht, diese Reisetasche mit ihrem brisanten Inhalt selbst zu tragen. Dafür hatte man seine Domestiken, die dafür bezahlt wurden, daß sie solche Risiken auf sich nahmen. Kobler würde die Waffe erst in die Hand nehmen, wenn der Zeitpunkt dafür gekommen war. Vielleicht würde er sie gar nicht einsetzen müssen, denn auch für dieses Geschäft hatte er seine Leute…
„Er sitzt in dem Zug, der um vierzehn Uhr eins abfährt“, erklärte Munz ihnen, als sie den riesigen Bahnhof betraten.
„Hier sind eure Fahrkarten. Aber ihr müsst euch beeilen!“ „Wir fahren sicherlich über Lausanne“, vermutete Kobler, während er es sich Munz gegenüber in einem Abteil Erster Klasse bequem machte. Graf war in den Wagen gestiegen, in dem Seidler saß.
Kobler studierte das Kursbuch, das er in seiner Manteltasche mitgebracht hatte, und nickte vor sich hin, während der Zug aus dem Bahnhof glitt. Dann sah er zu Munz hinüber, der steif in seiner Ecke saß.
„Warum so verkrampft? Wir müssen ohnehin warten, bis wir ihn irgendwo allein erwischen. Das kann noch Stunden dauern. Wir erfüllen eine sanitäre Aufgabe – nicht anders als die Müllabfuhr…“
Er blickte aus dem Fenster, während der Zug auf der Fahrt durch die Vororte schneller wurde. Kobler ließ Basel gern wieder hinter sich: Diese Stadt war für ihn feindliches Gebiet, das Territorium Dr. Max Nagels, des Hauptgegners des Goldklubs. Aber Koblers Befürchtungen waren überflüssig. In diesem Augenblick befand Nagel sich mit Chauffeur und Dienstwagen auf der Fahrt nach Bern.
Fünf Wagen weiter vorn war Manfred Seidler ein einziges Nervenbündel. Er riß eine neue Zigarettenpackung auf und zündete sich die 2. Zigarette dieses Tages an, während er über die Abschiedsszene in der
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