Fangjagd
Spiegelreflexkamera klickte, während sie eine Aufnahme nach der anderen machte.
In Jesse Kennedys Zimmer blieb Newman, der sehr scharfe Ohren hatte, über das Krankenbett gebeugt stehen, während er festzustellen versuchte, woher das leise Surren kam.
Dann sah er ein dicht über dem Fußboden in die Wand eingelassenes Metallgitter, das den Luftauslaß der Klimaanlage zu verdecken schien.
Newman kniete davor nieder und preßte sein Ohr gegen die Lamellen. Nun war das Geräusch erheblich lauter: ein Surren, das in regelmäßigen Abständen durch ein Klicken unterbrochen wurde. Der Engländer legte erneut den Zeigefinger auf die Lippen, um die beiden anderen zum Schweigen zu ermahnen, und richtete sich auf. Er wandte sich an Nancy und Novak, deutete auf das Metallgitter und bildete mit übertrieben deutlichen Lippenbewegungen die Worte:
„Vorsicht! Tonband!“
Newman trat einige Schritte von der Wand zurück und begann mit erhobener Stimme zu sprechen. Die Zielscheibe seiner aggressiven Äußerungen war Novak.
„Hören Sie mir zu, Dr. Novak – hören Sie mir gut zu! Wir verlassen uns darauf, daß die Klinik Bern alles nur Menschenmögliche für Jesse Kennedys Wohlbefinden tut.
Haben Sie das verstanden? Los, antworten Sie schon!“
Der Arzt spielte bereitwillig mit. „Das haben wir schon immer getan“, antwortete er ebenso laut. „Daran ändert auch Ihr Besuch nichts – und Sie können sich darauf verlassen, daß Mr. Kennedy wie bisher aufmerksam gepflegt und behandelt wird…“
„Das will ich hoffen!“ Newmans Zeigefinger schien die Brust des Amerikaners durchbohren zu wollen. „Ich weiß nicht, ob Sie davon gehört haben, aber in ein paar Tagen findet in Bern ein internationaler Ärztekongreß statt – mit einem Empfang im Hotel Bellevue Palace. Sollte Jesse irgendwas zustoßen, wäre das mein Forum für eine Enthüllungsgeschichte. Wir sind hier nicht gerade freundlich empfangen worden…“
„Ich versichere Ihnen, daß…“ begann Novak.
„Am besten reden Sie auch mit Kobler und Grange darüber, damit es keine Missverständnisse gibt. Ich habe den Fall Krüger gelöst und bin ein Mann, der sich auch jetzt nicht scheut, richtig Krach zu schlagen. Wir gehen jetzt. Komm, Nancy!“
„Wir kommen bald wieder, Dr. Novak – schon sehr bald!“
sagte Nancy mit fester Stimme, während der Arzt seine Computerkarte zückte, um die Tür zu öffnen.
Newman stand in der Nähe der Schiebetür, als sie sich öffnete, und blickte in den Korridor hinaus. Zwei Männer in weißen Kitteln schoben eine Bahre an der Türöffnung vorbei. Auf dem Wagen lag etwas, das mit einem weißen Tuch bedeckt war, das hinten, wo der Kopf eines Patienten gelegen hätte, etwas anstieg. Die Silhouette war auffällig groß und käfigförmig. Unter dem Tuch ragte eine Hand heraus, deren Finger sich krampfartig schlossen und öffneten.
„Entschuldigung!“
Newman drängte sich an dem Arzt vorbei und wandte sich nicht nach links – zum Ausgang, sondern nach rechts. Der Mann hinter dem Wagen sah sich um und bewegte sich schneller. Auch Newman lief rascher. Als er an dem Raum mit dem Beobachtungsspiegel vorbei kam, öffnete sich die Tür, und er hörte Astrid hinter ihm seinen Namen rufen. Er ignorierte sie und ging noch schneller. Die beiden Männer, die den Wagen schoben, rannten nun beinahe und hatten den Punkt erreicht, wo der Korridor sich in eine sanft abfallende Rampe verwandelte. Der Wagen wurde noch schneller, und Newman begann zu rennen.
Als er die Ecke erreichte, hinter der die beiden Männer verschwunden waren, sah er eine Stahltür vor sich, die nur noch einen Spalt weit geöffnet war. Im nächsten Augenblick schloss sie sich surrend, Newman konnte gerade noch sehen, daß die Rampe dahinter steil nach unten führte.
Rechts neben ihm war ein weiterer dieser verdammten Schlitze für Computerkarten in die Wand eingelassen.
Newman hörte jemand heranschlurfen, drehte sich um und stand Astrid gegenüber.
„Sie haben hier nichts verloren, Mr. Newman. Ich werde Ihr eigenmächtiges Verhalten melden müssen…“
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können! Was haben Sie hier zu verbergen? Diese Frage können Sie auch melden.“
Er ging an ihr vorbei und kehrte zu Novak und Nancy zurück, die ihn vor Kennedys Zimmer erwarteten. Der Amerikaner machte ein besorgtes Gesicht und flüsterte Newman eine Warnung zu, bevor Astrid wieder bei ihnen war.
„An Ihrer Stelle würde ich so schnell wie möglich verschwinden
Weitere Kostenlose Bücher