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Fangjagd

Fangjagd

Titel: Fangjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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und die Wände waren weiß gekachelt. In hellem Neonlicht wirkte der Raum so gemütlich wie ein Bahnhofsklo – ein makellos sauberes Bahnhofsklo.
    Die dritte Anwesende war Dr. Anna Kleist, die Pathologin der Bundespolizei. Die Ärztin, eine große, attraktive Schwarzhaarige Ende Dreißig in einem weißen Kittel, betrachtete Newman interessiert und mitfühlend. Er war ihr offenbar auf den ersten Blick sympathisch gewesen, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte.
    Newman blickte auf den Toten in dem großen Metallschubfach herab, das die Pathologin herausgezogen hatte, damit er die Leiche sehen konnte. Das weiße Laken war zurückgeschlagen, so daß Kopf und Schultern sichtbar waren. Das Gesicht des Toten war erschreckend entstellt, aber noch erkennbar – vor allem wegen des Schnurrbärtchens. Newman fühlte Zorn in sich aufsteigen. Er wandte sich an Beck.
    „Bin ich der erste, den Sie zur Identifizierung hierher gebracht haben?“
    „Ja.“
    „Hören Sie, Beck, das widert mich allmählich an! Warum immer ich? Jetzt führen Sie mir zum zweitenmal eine gräßlich entstellte Leiche vor…“
    „Beantworten Sie einfach meine Frage. Kennen Sie diesen Toten?“
    „Er hat sich mir als Tommy Mason vorgestellt. In der Marktforschung tätig. Irgendwas mit Kliniken – mit Schweizer Privatkliniken …“
    „Sie haben ihn also näher gekannt? Hat er vielleicht sogar für Sie gearbeitet?“
    „Lassen Sie doch den Unsinn, Beck! Sie haben mich hierher geschleppt, ohne auch nur anzudeuten, was mich erwartet. Ich habe Ihre Frage beantwortet. Falls Sie weitere Fragen stellen wollen, schlage ich vor, daß wir in die Taubenhalde zurückfahren.“
    „Gut, wie Sie wollen!“
    Beck wandte sich ab, um zu gehen, aber Newman zögerte noch. Dr. Kleist hatte das Schubfach aus rostfreiem Stahl rücksichtsvoll wieder geschlossen. Am Griff hing ein Schildchen mit einer Nummer. Tommy Mason war kein Mensch mehr, bloß noch eine Nummer.
    „Können Sie schon sagen, woran er gestorben ist?“ fragte Newman die Pathologin. „Oder ist es dazu noch zu früh?“
    „Er ist in der Aare treibend …“
    „Anna!“ unterbrach Beck sie warnend. „Keine Informationen an Außenstehende!“
    „Und warum nicht, Arthur?“ Sie nahm ihre leicht getönte Brille ab, und Newman sah, daß sie große, hellblaue Augen hatte, die jetzt kampflustig blitzten. „Mr. Newman hat deine Frage beantwortet. Hier habe ich zu bestimmen, falls du das vergessen haben solltest, und ich habe die Absicht, seine Frage zu beantworten.“
    „Unabhängig wie der Teufel!“ knurrte Beck.
    „Genau deshalb hast du dafür gesorgt, daß ich diesen Posten bekomme.“
    Dr. Kleist wandte sich an Newman. „Der Tote ist aus der Aare gefischt worden. Seine Verletzungen sind hauptsächlich dadurch entstanden, daß er sich an einer der Schleusen unterhalb des Münsters verfangen hatte.“
    „Danke, Frau Doktor“, sagte Newman.
    Beck gegenüber schwieg er sich auf der Rückfahrt zur Taubenhalde aus. Im Dienstgebäude der Bundespolizei verlief alles nach dem vertrauten Schema, die Fahrt mit dem Aufzug, nach der Beck seinen Schlüssel benützen musste, damit die Kabinentür sich für sie öffnete. Im Korridor zeigte Newman auf die Stechuhr an der Wand.
    „Müssen Sie noch immer morgens und abends Ihre Karte stempeln?“ fragte er ungläubig. „Ein Beamter Ihres Ranges?“
    „Jedesmal. Die Vorschrift gilt für alle. Ich bin keineswegs davon ausgenommen…“
    Beck wirkte. noch immer steif und unnahbar, aber sobald sie in seinem Dienstzimmer saßen, bat er Gisela, ihnen Kaffee zu kochen und sie dann alleinzulassen. Newman, der in Gedanken noch immer bei seinem Gespräch mit Hauptmann Lachenal war, bemühte sich, nicht mehr an diese Unterhaltung zu denken. Er musste sich auf die neueste Entwicklung konzentrieren. Beck stand mit auf dem Rücken zusammengelegten Händen am Fenster und starrte schweigend hinaus, bis Gisela den Kaffee hereinbrachte und dann den Raum verließ.
    „Tut mir leid, Bob“, sagte Beck, ging müde um den Schreibtisch herum und ließ sich in seinen Dienstsessel fallen, bevor er den Kaffee einschenkte. „Aber das ist schon der zweite Tote, der sich direkt mit Ihnen in Verbindung bringen läßt. Zuerst Julius Nagt’…“
    „Sie haben gesagt, in seinem Fall habe Pauli einen anonymen Anruf erhalten“, warf Newman ein.
    „Richtig – und diesmal hat Gisela einen anonymen Anruf bekommen. Von einem Mann, der nur gebrochen Deutsch gesprochen hat – oder vorgegeben

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