Fangjagd
eines Hauptmanns.
Aber Newmans Interesse galt weniger den Schulterstücken, als vielmehr den Hosen mit den breiten schwarzen Streifen.
Lachenal war also kein einfacher Hauptmann mehr, sondern zum Generalstabsoffizier aufgestiegen. Der andere hatte den Blick des Engländers beobachtet.
„Seitdem wir uns zuletzt gesehen haben, hat’s eine kleine Beförderung gegeben…“
„Und wem unterstehen Sie jetzt?“ wollte Newman wissen.
„Wieder eine direkte Frage! Nach wie vor dem UNA-Chef, der ein Ihnen bekannter General ist. Ich habe jederzeit Zugang zu ihm.“
„Arbeiten Sie im Augenblick an einem speziellen Projekt?“
„Sie erwarten doch wohl nicht im Ernst, daß ich Geheiminformationen ausplaudere?“ lautete die Gegenfrage des Schweizers.
„Weshalb bin ich zu einem interessanten Zeitpunkt gekommen?“
„Oh, das ist ganz einfach…“ Lachenal breitete die schlanken Hände aus. „Im Augenblick finden bestimmte Manöver statt.“
„Irgendwo finden immer Manöver statt“, wehrte Newman ab.
„Und weshalb haben Sie aufgehorcht, als ich die Klinik Bern erwähnt habe? Wird sie übrigens von Schweizer Militär bewacht, Rene?“
Lachenal schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. „Sie wissen genau, daß ich weder dementieren noch bestätigen kann, welche Schweizer Einrichtungen unter militärischem Schutz stehen.
Was für eine Frage, Bob!“
„Eine verdammt gute Frage“, stellte Newman aggressiv fest.
„Schließlich habe ich auf dem Klinikgebäude einen Mann in Armeeuniform gesehen…“
Er beobachtete Lachenal scharf, weil er auf eine verräterische Reaktion hoffte. Aber der Nachrichtendienstoffizier ließ sich nicht anmerken, was er dachte. Lediglich eine uncharakteristische Geste ließ auf unterdrückte Erregung schließen. Der Schweizer nahm eine Zigarette aus der Packung auf seinem Schreibtisch, zündete sie sich an und merkte erst dann, daß er unhöflich gewesen war.
„Entschuldigung!“
Er bot Newman die Packung an und gab ihm Feuer. „Können wir für ein paar Minuten das Thema wechseln?“ schlug Lachenal vor. Er saß jetzt aufrecht in seinem Drehsessel. „Wie Sie wissen, verfolgt die Schweiz das Prinzip einer bewaffneten Neutralität. Alle als tauglich gemusterten Männer müssen bis zum fünfundvierzigsten Lebensjahr jedes Jahr zu Übungen einrücken. Sollte ein Angriff aus dem Osten kommen, sind wir verteidigungsbereit. Der massierte Hubschraubereinsatz des Gegners macht uns noch Sorgen, aber auch dieses Problem wird vielleicht bald gelöst sein. Wir sind dabei, neuentwickelte Flugabwehrraketen am Berninapaß zu erproben – unter härtesten Einsatzbedingungen im Winter, Bob.“
Newman wußte nicht recht, was er davon halten sollte.
Anfangs hatte er geglaubt, Lachenal wolle geschickt das Thema wechseln, um von der Klinik Bern abzulenken. Jetzt spürte er, daß der Generalstabsoffizier ihm etwas ganz anderes erzählte, das er nicht offen aussprechen, sondern nur andeuten durfte.
„Ja, ich kenne die Schweizer Einstellung“, bestätigte Newman.
„Und ich habe mir schon oft gewünscht, das englische Verteidigungsministerium würde eine Kommission hierher entsenden, um prüfen zu lassen, welche Ihrer Methoden wir für uns übernehmen könnten…“
„Bitte!“ Lachenal hob seine schlanke Hand. „Lassen Sie mich ausreden, damit Sie einen Überblick bekommen. Danach können Sie Fragen stellen.“ Er zog an seiner Zigarette, bevor er weitersprach. „Was wir hier diskutieren, ist streng vertraulich – und auf keinen Fall zur Veröffentlichung bestimmt. Sehen Sie, bei uns gibt es zwei miteinander konkurrierende Militärrichtungen, sozusagen zwei Philosophien. Die Anhänger der einen bilden – vorerst noch – die Mehrheit der aktiven Schweizer Offiziere. Sie vertreten die Ansicht, wir sollten bei unserer orthodoxen Verteidigungsstrategie bleiben. Aber es gibt auch eine zweite Richtung, die hauptsächlich von Reserveoffizieren vertreten wird. Wie die Berufsoffiziere gehen sie von der Notwendigkeit einer Rundumverteidigung aus.“
Lachenal machte eine Pause, um seine Zigarette auszudrücken und sich sofort wieder eine neue anzuzünden. Newman hatte den Eindruck, diese Kunstpause habe lediglich den Zweck, die Aussage des letzten Satzes zu unterstreichen, als sei dies der Schlüssel zu seinen Ausführungen.
„Im Gegensatz zu den Berufsoffizieren“, fuhr der Schweizer fort, „vertritt diese Gruppierung, die übrigens sehr einflußreich ist, eine erheblich härtere Linie. Wir sind
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