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Farben der Sehnsucht

Titel: Farben der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaugth
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eine besondere Bedeutung für mich. Du bist lange Zeit aus dieser Familie ausgeschlossen worden, und zwar nicht durch deine eigene Schuld. Ich bin normalerweise nicht sentimental, aber ich hielt es für eine gute Idee, mit diesen Juwelen sozusagen eine Brücke über die letzten dreißig Jahre zu schlagen. Ich habe diese Brosche heute zum letzten Mal angelegt; und ich freue mich darauf, sie schon bald an dir zu sehen - allerdings solltest du dann etwas Anständigeres anziehen als diese lächerlichen Männerhosen.«
    »An mir?« wiederholte Sloan ungläubig; dann fiel ihr das Dinner ein, das Noah später veranstalten wollte, und sie glaubte zu begreifen. »Oh, es ist sehr nett von dir, daß du sie mir borgen...«
    »Du dummes Kind! Ich habe nicht vor, dir diese Juwelen zu borgen. Ich will sie dir schenken. Der Rubin ist dein Geburtsstein. Er wird dich an mich erinnern, wenn ich nicht mehr dasein werde, und er wird dich auch mit den anderen Vorfahren verbinden, die du nie kennenlernen konntest.«
    Der Schock ließ Sloan so plötzlich hochfahren, daß das Samtkästchen beinahe auf den Boden fiel. Nun erst begriff sie, wieso all dem ein Gespräch über den Tod vorangegangen war. »Ich hoffe, daß du noch lange leben und noch viele Gelegenheiten haben wirst, diesen Schmuck zu tragen. Ich brauche ihn nicht, um mich an dich zu erinnern, wenn du... wenn du...«
    »Wenn ich tot bin«, sagte Edith freimütig.
    »Ich will einfach nicht daran denken; nicht, da ich dich doch gerade erst kennengelernt habe.«
    »Ich bestehe aber darauf, daß du den Schmuck jetzt schon an dich nimmst.«
    »Das werde ich nicht tun«, versetzte Sloan stur und stellte das Kästchen wieder auf den Tisch.
    »Aber eines Tages wird er dir sowieso gehören.«
    »Ich will aber jetzt nicht an die Zukunft denken.«
    »Ich hoffe, daß du dich nicht genauso hartnäckig sträubst, über mein Testament zu sprechen. Ich habe nämlich beschlossen, es zu ändern, damit du deinen rechtmäßigen Anteil...«
    »O doch, auch dagegen werde ich mich sträuben!« unterbrach sie Sloan.
    Zu ihrer Überraschung stieß Edith Reynolds ein lautes Lachen aus, das sich zwar eher nach einem harschen, unmelodischen Meckern anhörte, das aber dennoch herzerwärmend war.
    »Was für ein starrköpfiges Wesen du doch bist«, sagte Edith schließlich anklagend und wischte sich dabei mit dem Zipfel ihres Taschentuchs die Lachtränen aus den Augen. »Ich kann mich nicht erinnern, daß irgend jemand einmal geglaubt hat, er könne mich von meinen Absichten abbringen. Selbst Carter weiß genau, daß es völlig überflüssig ist, mir zu widersprechen.«
    Sloan wollte nicht undankbar oder rücksichtslos klingen und versuchte daher, ihren Ton zu mäßigen. »Ich will aber nicht über deinen Tod oder irgend etwas, das damit zusammenhängt, sprechen. Es ist... deprimierend.«
    »Nun, ich finde den Gedanken an den Tod auch nicht immer sehr erheiternd«, sagte Edith rauh, und Sloan verstand nicht sofort, daß es ein Scherz sein sollte.
    Schließlich ging Sloan zu der alten Frau hinüber, beugte sich zu ihr herunter und küßte sie schnell auf ihre Wange, die sich wie Pergament anfühlte. »Dafür werde ich dir heute einen aufheiternden Schal kaufen«, versprach sie, bevor sie sie verließ.
    »Aber gib nicht zuviel Geld dafür aus!« rief Edith hinter ihr her.

30
    Da sie beide hungrig waren, schlug Paris vor, erst irgendwo essen zu gehen. Sloan willigte ein. Sie konnte es kaum erwarten, Paris die Grüße ihrer Mutter auszurichten, aber sie war sich auch bewußt, daß jeder Schritt, den Paris auf Kimberly zuging, sie von ihrem Vater entfernen würde.
    Als eine Kellnerin ihre Gläser mit Wasser gefüllt hatte und ihnen dann die ledergebundenen Speisekarten überreichte, ergriff Sloan die ihre mit einer automatischen Geste. Ihre Gedanken waren noch immer bei dem bevorstehenden Gespräch, und sie konnte sich kaum auf das Gelesene konzentrieren. Trotz ihrer nicht sonderlich guten persönlichen Meinung über Carter mußte sie zugeben, daß er Paris ein aufmerksamer - wenn auch in seiner Herrschsucht erstickender - Vater war, und verständlicherweise würde Paris ihn nicht verletzen wollen. Es war für ihre Schwester noch relativ einfach und ungefährlich gewesen, Sloan liebzugewinnen, da sie dafür nicht der Tatsache ins Auge sehen mußte, daß ihr Vater ein Feigling und Lügner war. Die Sache sah allerdings ganz anders aus, sobald Kimberly in ihr Leben treten würde.
    Carter und seine Mutter hatten Paris

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