Farben der Sehnsucht
Bett ging. Ansonsten hättest du ein Inferno ausgelöst, als du nach Hause gekommen bist.«
Sloans Augen weiteten sich vor Schreck. An diese Möglichkeit hatte sie in der Nacht nicht einmal ansatzweise gedacht! Tatsächlich hatte sie nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, wie sie eigentlich ins Haus gelangen sollte, bis sie an der Hintertür ankam und sie glücklicherweise unverschlossen fand. Sie wagte gar nicht, sich Carters Reaktion vorzustellen, wenn plötzlich die Sirenen aufgeheult und alle Lichter angegangen wären und er so entdeckt hätte, daß sie mit Noah zusammengewesen war.
»Ich werde dir heute morgen einen Hausschlüssel und einen Toröffner besorgen. Außerdem kannst du am Eingangstor einen bestimmten Sicherheitscode eingeben, der das Alarmsystem außer Funktion setzt. Das Anwesen ist von allen Seiten von Infrarotstrahlern umgeben, und du müßtest sonst ständig aufpassen, daß du nicht irgendwann doch noch ins Fettnäpfchen trittst.«
Sloan dankte ihr für alles. Sie wollte aber Paris auf keinen Fall in dem Glauben lassen, daß sie sich von nun an immer so wie letzte Nacht benehmen würde. Daher setzte sie sich im Bett auf und sagte verlegen: »Ich habe nicht vor, das zu einer Gewohnheit werden zu lassen...«
»Wirklich nicht?« fragte Paris in neckischem Ton. »Nun, er hat übrigens heute morgen schon angerufen, um uns für den heutigen Abend einzuladen.«
»Oh, hat er das?« fragte Sloan und konnte ihr glückliches Lächeln nicht verbergen.
»Ja, wir vier werden heute abend zusammen essen«, erwiderte Paris mit kindlicher Vorfreude. »Wir sollen uns elegant kleiden, und auch die Männer kommen im Smoking, aber den Bestimmungsort wollte Noah mir nicht verraten. Noahs Fahrer wird uns kurz vor Sonnenuntergang abholen. Das ist alles, was ich weiß.«
Sloan zog ihre Knie an die Brust und schlang ihre Arme um sie. »Ich habe gesehen, daß du gestern abend viel mit Paul zusammen warst.«
Paris nickte. »Paul bringt mich zum Lachen, ich bin sehr gern mit ihm zusammen. Aber gestern abend beim Tanzen hat er etwas sehr Seltsames zu mir gesagt.«
»Was denn?« fragte Sloan gespannt, die es sehr genoß, mit ihrer Schwester über Männer zu plauschen.
»Er sagte, ich fasziniere ihn sehr, weil ich so viele verschiedene Seiten habe. Ich... bin nicht sicher, ob er das als Kompliment gemeint hat.«
»Wie hätte er es denn sonst meinen sollen?« sagte Sloan so ehrlich begeistert, daß sie beide lachen mußten. Als Paris nun weitersprach, wurde sie jedoch sofort wieder ernst.
»Das Interessante dabei ist«, fuhr Paris fort, »daß eigentlich eher Paul der Undurchschaubare von uns beiden ist, meinst du nicht?«
»Ich... weiß nicht.«
»Ich habe das Gefühl, daß irgend etwas mit ihm nicht stimmt. Und ich glaube nicht, daß mich dieses Gefühl täuscht, da mir immer wieder kleine Dinge an Menschen auffallen, die die anderen meist übersehen. Vater sagt immer, ich erkenne auf Anhieb, wenn jemand sich für etwas anderes verkauft als für das, was er ist.«
»Bei Henry hat das aber nicht funktioniert«, stellte Sloan hastig fest und spielte damit auf den Betrug von ihrem ehemaligen Verlobten an.
»Stimmt«, erwiderte Paris mit einem melancholischen Lächeln. »Und ich will damit auch nicht sagen, daß Paul nicht der ist, der er zu sein vorgibt. Natürlich nicht.«
Sloan war nicht so ganz überzeugt, daß Paris die Wahrheit sagte. Sie war unentschlossen, ob sie das Thema wechseln oder es weiterverfolgen sollte, entschied sich schließlich aber für letzteres. »Was ist es denn, das dir an Paul so ungewöhnlich vorkommt?«
»Zum einen reden Männer normalerweise immer gern über sich selbst, und Paul tut das nicht. Außerdem stellt er seine Fragen so geschickt und ist ein so aufmerksamer Zuhörer, daß man immer erst nachher merkt, was man ihm alles erzählt hat, ohne dabei etwas über ihn selbst erfahren zu haben. Falls er scheu wäre, würde ich das ja noch verstehen, aber er ist alles andere als scheu. Und dann ist da noch etwas, das ich ungewöhnlich finde...«
»Was denn?« fragte Sloan mit ängstlicher Erwartung.
»Er scheint sich von niemandem einschüchtern zu lassen, nicht einmal von Vater, der jüngere Männer eigentlich immer einschüchtert, die nicht so... nun, nicht so erfolgreich sind wie er.«
»Mich schüchtert er doch auch nicht ein«, sagte Sloan bestimmt.
»Nein, aber du bist auch kein Mann. Das Selbstvertrauen von Männern beruht großteils auf ihrem beruflichen Erfolg und
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