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Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf dem Zeitstrom
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auch nicht war, denn wenn die Chancisten weiterhin ihrer Missionierungstätigkeit nachgingen, würde das Schiff niemals fertig werden. Die Möglichkeit, daß jene Staaten, die die Missionare weniger aufgeweicht hatten, die Möglichkeit nutzten und Parolando überfielen, bestand immer.
    Und er, Sam Clemens, würde nach dieser Feststellung als nächstes akzeptieren müssen, daß es deswegen nur rechtens sei, wenn Johns Anhänger damit anfingen, ihnen mißliebige Personen zu foltern. Schließlich erlitten sie dabei ja lediglich Schmerzen und außerdem konnte man jeden, der diese nicht ertrug, dadurch erlösen, daß man ihn umbrachte. Und anschließend würde man dann Vergewaltigungen legalisieren, nach denen man die Frauen tötete, um sie nicht zu schwängern. Wenn ihnen dabei weh getan wurde, war das eben Pech. Bringt sie einfach um, immerhin konnte niemand abstreiten, daß sie am nächsten Tag wieder lebten. Und die geistigen Schäden, die sie dabei davontrugen? – Denen konnte man mit einer Dosis Traumgummi zu Leibe rücken.
    Trotzdem, würde Sam daraufhin sagen, geht es hier nicht nur um die Frage des Mordes, sondern auch um die der Menschenrechte: Wenn man einen Menschen tötet, versetzt man ihn gleichzeitig auch gegen seinen Willen an einen Ort, der Jahrzehnte von seinem Zuhause entfernt ist, und bewirkt, daß vor ihm eine Strecke liegt, die er nie wieder überbrücken kann. Man nimmt ihm damit seine Frau, seine Freunde und seine Heimat. Gewalt sei Gewalt und deswegen…
    Oho! Er würde auf sich Acht geben müssen!
    »Sam«, sagte plötzlich eine Stimme, die in ihm eine Saite zum Erklingen brachte.
    Sam wandte sich um. Livy war zwar immer noch blaß, aber ihr Blick sagte, daß sie sich soweit wieder gefangen hatte.
    »Sam! Was wird aus den Frauen, die er in seinen Palast gebracht hat?«
    »Wo steht mir nur der Kopf?« stöhnte Sam. »Komm her, Lothar«, sagte er dann und winkte Joe Miller zu, der in einiger Entfernung von ihnen über die Ebene herankam. Lothar übernahm das Kommando über hundert Bogenschützen, die gerade ankamen, um sich ihnen anzuschließen.
    In der Nähe des Rathauses verlangsamte Sam seinen Schritt. John hatte in der Zwischenzeit sicher auch bemerkt, daß sein Mitkonsul vergessen hatte, nach den entführten Frauen zu fragen, und konnte sich denken, daß Sam bald bei ihm auftauchen würde, um dies nachzuholen. Möglicherweise war der Ex-König deswegen bereit gewesen, sich der Ratsversammlung zu stellen, weil er damit rechnete, mit einem blauen Auge davonzukommen. Aber wenn er den Frauen etwas antat, konnten sich seine Vorausberechnungen leicht als Irrtum erweisen. Wenn seine Gemeinheit und sein Temperament mit ihm durchgingen, konnte er sich auf einen Bürgerkrieg gefaßt machen, der Parolando in Stücke riß.

21
    Als etwa dreißig Frauen die Palisadenumzäunung von Johns Palast durch die geöffneten Tore verließen, wurde Sam klar, daß sein Gegenspieler beschlossen hatte, ihm keinen Vorwand zu liefern. Freiheitsberaubung war in dieser Welt ein noch schlimmeres Verbrechen als Mord. Wenn sich herausstellte, daß den Frauen nichts geschehen war, würde es allerdings schwierig werden, ihren Entführer festzunageln.
    Sam blieb plötzlich stehen. Er glaubte, sein Herzschlag müsse aussetzen, als er feststellte, daß Gwenafra sich unter den Frauen befand!
    Laut ihren Namen rufend, rannte Lothar von Richthofen auf das Mädchen zu. Gwenafra breitete die Arme aus, lief ihm entgegen und fiel ihm um den Hals.
    Sie umarmten und küßten sich. Gwenafra weinte, aber schließlich löste sie sich aus Lothars Griff und umarmte Sam, der sich in diesem Augenblick den größten Narren schalt, der je über die Oberfläche dieses Planeten gewandelt war. Hatte er ihr in dem Moment, in dem sie ihm zu verstehen gegeben hatte, daß er sie haben konnte, nicht sagen können, wie sehr er sie begehrte? Nun gehörte sie Lothar. Warum hatte er es ihr nicht gesagt? Wieso hatte er sich überhaupt in die schwachsinnige Idee verrannt, Livy würde eines Tages zu ihm zurückkehren, wenn er darauf verzichtete, sich mit einer anderen Frau zusammenzutun?
    Sein Denken war eine einzige Fehleinschätzung der Lage gewesen. Aber was immer die Philosophen auch behaupteten, er war sicher nicht der einzige, der die Logik nur dann anwandte, wenn es darum ging, die eigenen Emotionen zu analysieren.
    Gwenafra küßte ihn ebenfalls, und dabei liefen ihr die Tränen über das Gesicht. Als sie ihn losließ und zu Lothar zurückkehrte, ließ

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