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Fast ein bisschen Frühling - Capus, A: Fast ein bisschen Frühling

Fast ein bisschen Frühling - Capus, A: Fast ein bisschen Frühling

Titel: Fast ein bisschen Frühling - Capus, A: Fast ein bisschen Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Capus
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ihr?«
    »Ganz nah. Im großen Park hinter dem Bahnhof.«
    »Was? Hier in Basel?«
    »Ja.«
    »Seid ihr wahnsinnig? In welchem Park?«
    »Na, der hinter dem Bahnhof.«
    »Der mit der Kunsteisbahn?«
    »Ja, genau.«
    »Ist Waldemar auch da?«
    »Nicht direkt, aber in der Nähe. Hier im Park. Hören Sie zu, Fräulein Dorly. Würden Sie uns bitte etwas zu essen bringen?«
    »Was?«
    »Wir haben schrecklichen Hunger.«
    »Das ist doch … na gut. Wo soll ich euch treffen?«
    »Am Höhenweg, beim Astronomischen Institut. Ich werde dann pfeifen.«
    »Was soll ich bringen?«
    »Irgendwas. Egal. Ein Brot.«
    »Also gut.«
    »Fräulein Dorly?«
    »Ja?«
    »Wie lange wird es dauern?«
    »Na, eine ganze Weile. Ich wollte grad zu Bett gehen. Erst muss ich mich anziehen, und für den Weg brauche ich auch meine Zeit. Ihr müsst halt warten, bis ich komme.«
    »Verstehe. Es tut mir leid, dass wir Ihnen Umstände bereiten. Sie werden es wohl wissen, wir werden verfolgt.«
    »Ja. Dann werde ich mich jetzt bereitmachen.«
    »Ja. Vielen Dank, Fräulein Dorly.«
    »Bis gleich.«
    »Bis gleich.«
     
    »Ich hatte gerade genug Zeit, mich anzuziehen, als schon ein Polizeiwagen vor dem Haus hielt, um mich abzuholen. Nachdem ich verschiedentlich gefragt worden war, ob ich mich zu den beiden in den Park begeben wolle, bejahte ich, nicht etwa deshalb, weil ich die beiden nochmals sehen wollte, sondern weil ich damit rechnete, auf diese Weise der Polizei behilflich zu sein, der Mörder habhaft zu werden. Ich verließ in der Margarethenstraße den Wagen, begab mich via Gundeldingerstraße zum Batterieweg, und als ich zur südlichen Eingangstür des Parks kam, die neben dem Höhenweg liegt, hörte ich einen leisen Pfiff und die Worte: ›Fräulein Dorly, kommen Sie in den Park.‹ Die Zugangstür war offen. Ich stieg die hölzerne Treppe, die von der Eingangstür in den Park hineinführt, hinab und sah dann die beiden auf dem Fußweg direkt unterhalb der Treppe nebeneinanderstehen. Beide hielten ihre Pistolen in der Hand und starrten mich an. Sie waren durchaus verwahrlost und hatten die Mäntel gewechselt, Sandweg trug den dunklen Mantel, Velte den graugesprenkelten. Velte glotzte mich nur an und blieb vollständig stumm. Ich übergab dann mein mitgebrachtes Päcklein, das ein Pfundlaibli Schwarzbrot darstellte, dem Velte. Dieser nahm es stillschweigend an sich. Es trifft zu, dass ich das Brot ins Extrablatt der ›National-Zeitung‹ eingewickelt hatte, in dem ausgiebig über den Mord an der Sperrstraße berichtet wurde. Ich wollte ihnen damit vor Augen führen, was sie getan hatten. Ich machte sie auf die Zeitung aufmerksam, jedoch nahmen sie keine Notiz davon.
    Ob sich die beiden überworfen hatten, kann ich nicht sagen. Velte schnitt eine düstere Miene, Sandweg war freundlich, ich konnte bei ihm sogar ein Lächeln bemerken. Im allgemeinen herrschte eine düstere Stimmung, und sie schienen seelisch stark mitgenommen. Ich bekam den Eindruck, insbesondere von Velte, dass sie sich für verloren hielten. Rückblickend bin ich mir sicher, dass sie zu jenem Zeitpunkt jede Hoffnung aufgegeben hatten, den Margarethenpark lebend zu verlassen.
    Ich redete sie nun in leisem Ton an mit den Worten: ›Aber, aber, was habt ihr getan!‹, worauf Velte erwiderte: ›Seien Sie ruhig, Fräulein Dorly. Haben Sie keine Polizei gesehen?‹ ›Nein‹, entgegnete ich, ›ich bin von hinten herauf gekommen und habe niemanden gesehen.‹ Sandweg sagte zu mir, indem er mir mit der Hand, in der er die Pistole hielt, auf die Schulter klopfte: ›Das ist lieb von Ihnen, dass Sie gekommen sind.‹
    Ich frug Sandweg, wieso sie die Mäntel getauscht hätten. Darauf antwortete er, Velte habe in seinem durchnässten Mantel so sehr gefroren, da habe er ihm seinen gegeben, da dieser noch ein bisschen trockener gewesen sei. Dabei hatte Sandweg seine Blicke Richtung Binningen inne, also zum Rand des Parkes hin. Plötzlich muckte er auf und rief ziemlich laut: ›Auh, die Polizei!‹ Er fasste Velte am Arm, und sie rannten zusammen den Fußweg hinunter in den Park. Der Umstand, dass sie sich beim Flüchten am Arm hielten, ließ den Schluss zu, es herrsche zwischen den beiden noch der vorherige Frieden.
    Ich blieb stehen, bis ich sie nicht mehr sehen und ihre Schritte nicht mehr hören konnte. Dann stieg ich wieder die hölzerne Treppe hoch und trat hinaus auf den Höhenweg. Dortselbst wurde ich von mehreren Polizeimännern in Empfang genommen. Da ich erschöpft war, legte ich

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