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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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über was. Dann streichelte
Francis ihren Kopf und schüttete eine Portion Trockenfutter in die Schüssel.
Während sie fraß, holte er seine Lose aus der Tasche und nibbelte die
verdeckten Stellen frei. Der spannendste Moment des Tages. Für ein paar
Sekunden konnte er hoffen, eine Million zu gewinnen und hier rauszukommen.
Aber es waren nur Nieten dabei.
    Am Nachmittag steckte Grover seinen Kopf ins Zimmer.
Er meinte, er habe geklingelt und die Trailertür sei offen gewesen. Grover
Chedwick war sein alter Nachbar und inzwischen bester Freund, allerdings war
er auch der größte Nerd, den Francis kannte. Seine dunklen Haare waren zu kurz
geschnitten, er war groß, bleich und dünn, hatte eine Hornbrille und sah immer
nach unten, so dass ihn schon Dreizehnjährige verarschten. Aus unerfindlichen
Gründen lief Grover auch im Sommer in schwarzen Stiefeln herum, dazu trug er
stets viel zu enge Hochwasser-Jeans und Shirts, auf denen vorne Sprüche oder
Slogans standen, etwa „fbi - Female Body Inspector“. Diesmal hatte er ein grellrotes
Spongebob-Shirt an. „Wie geht's dir, Francis?“
    Grover hatte eine erstaunlich lahme Stimme, als ob
er etwas langsam im Kopf wäre. In Wirklichkeit war er jedoch ein
Informatikgenie mit ausgezeichneten Noten und einem überragenden iq . Zwei Software-Unternehmen hatten bereits bei ihm
angefragt, ob er sich vorstellen könne, nach der High School für sie zu
arbeiten.
    Er streichelte die Katze. „Möchtest du über deine
Mom reden, Francis?“, fragte er beiläufig. Grover hatte den Tick, einen immer
mit Namen anzusprechen. Ihm selbst schien das nicht aufzufallen. Er war auch
der Einzige, der ihn Francis nannte, alle anderen nannten ihn Frank oder
Frankie.
    „Lieber nicht. Lass uns anfangen.“
    Grover nickte und klappte seinen mitgebrachten
Laptop auf, danach spielten sie den ganzen Nachmittag übers Internet Unreal Tournament. Francis
wusste zwar, dass das armselig war, aber was wäre die Alternative gewesen? Dass
sie ein befreundeter Millionär auf eine Yachtparty mit hübschen Frauen einlud?
So eine Party wie in den Filmen, bei der man sich etwas zu trinken holte, und
dann stand man plötzlich neben dem süßen Mädchen, mit dem man schon den ganzen
Abend geflirtet hatte, und man unterhielt sich ein bisschen, ehe sie einen am
Ärmel fasste und sagte: „Du bist irgendwie anders“, und dann sah man sie an,
stellte das Glas weg und küsste sie ...
    Bullshit, dachte Francis. Nicht in tausend Jahren
würden sie zu so etwas eingeladen werden, also spielten sie eben Unreal Tournament. Dabei
hatte er früher nie Probleme mit Frauen gehabt. Er war vielleicht nicht der
smarteste Typ von Claymont, außerdem konnte er sich auch keine teuren Klamotten
leisten. Dafür war er vor seiner Knieverletzung in der Schulmannschaft
gewesen, bei den Ringern, und er war auch nicht schüchtern. Im Gegenteil,
früher hatte er viele Freundinnen gehabt, und er hatte sich dafür kaum
anstrengen müssen. Doch bevor es mit dem Sex losgegangen war, hatte seine
Pechsträhne begonnen. An den Wochenenden, wenn die meisten Partys waren, musste
er fast immer arbeiten. Außerdem hieß es, dass Frauen positive Ausstrahlung wichtig
sei. Doch wenn er jetzt vor einer Frau stand, dachte er an die weißgestrichenen
Wände im Klinikzimmer seiner Mutter, an das verblichene Gras vor dem Trailer
oder an dieses Gefühl des sicheren Untergangs, wenn er in der Schule einen Test
schrieb. Ununterbrochen dachte er an dieses Zeugs. So viel also zu seiner
positiven Ausstrahlung.
    „Ich hab heute in der Klinik ein Mädchen kennengelernt“,
sagte er, und schon begann er von Anne-May zu erzählen. In der Zwischenzeit
hatte sein virtuelles Ich in der Arena drei Gegner ins Jenseits befördert.
    Grover drehte sich zu ihm rüber. „Aber... Ist sie
denn auch krank, Francis?“
    „Sie hat wahrscheinlich versucht sich umzubringen.
Doch das ist mir egal. Du hast sie nicht gesehen, sie war...“ In den nächsten
Minuten erzählte Francis von Anne-May, als wäre er kurz davor gewesen, mit ihr
zu schlafen.
    Grover schluckte. Im Gegensatz zu Francis hatte er
gar keine Erfahrung mit Frauen. Wenn man in seiner Gegenwart Wörter wie „Titten“
oder „Möse“ oder „feucht“ fallenließ, errötete er schlagartig. Fehlte nur
noch, dass ihm wie bei einer Comicfigur Dampf zu den Ohren rauskam. Francis
amüsierte das. Auf der einen Seite onanierte Grover sicher fünf Mal am Tag, auf
der anderen Seite hatte er wahrscheinlich Angst vor richtigem

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