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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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habe? Bei Denny's in der Johnson Road, an der Kasse. Er wird
nie aus diesem scheiß Nest rauskommen!“
    Francis musste an Anthonys leere, ernste Augen
denken und was für eine Ausstrahlung er früher gehabt hatte. Man hatte ihn
immer mit einem Lächeln gesehen, umgeben von ein paar hübschen Mädchen. Doch er
hatte den Absprung verpasst, und jetzt war davon nichts mehr übriggeblieben. Er
stieß Grover an. „Hey, was glaubst du? Kommen wir irgendwann von hier weg?“
    Grover zuckte mit den Achseln. Dann begann er von einem
Fantasy-Rollenspiel zu erzählen, das er entwickeln wollte, und von Kriegern,
Fechtmeistern und Kraft- oder Empathiepunkten. Er hatte vor, das Spiel The Tales of Ashkalan zu nennen. Wahrscheinlich wusste er selbst, wie bescheuert
das alles war, aber es schien ihm eine Menge Spaß zu machen, davon zu erzählen,
also hörte Francis sich alles an.
    Als beide sich schlafen legten, dauerte es nicht
lange, bis Grover gleichmäßig schnarchte. Francis dagegen wälzte sich auf der
Matratze und lauschte dem Wind, der draußen ums Haus wirbelte. Früher war er
nie der Typ gewesen, der sich über alles den Kopf zerbrach, aber in letzter
Zeit lag er nachts oft wach. Es war, als könnte er fühlen, wie sein Leben
langsam feste Formen annahm. Jahrelang war alles so biegsam gewesen, so offen,
jetzt schien alles auszuhärten, kalt und fest zu werden. Er musste an seine
Mutter denken. Wie sie wohl als Kind gewesen war, welche Träume und Erwartungen
sie gehabt hatte. Und wie sie jetzt in einem Klinikzimmer lag, krank und
einsam in ihrer Verwirrung. Und dann stellte sich Francis vor, dass er einfach
anfing zu rennen. Er rannte aus dem Trailerpark hinaus und aus Claymont, er
ließ New Jersey hinter sich, er rannte einfach immer weiter, durch Wälder und
Täler, durch Meere und durch Berge hindurch. Nichts konnte ihn aufhalten. Er
rannte, bis er frei war und alles vergessen hatte, was hinter ihm lag. Und
während er sich vorstellte, wie das sein würde, schlief er ein.
     
    Als Francis am nächsten Tag in der Pause an seinem
Spind stand, hörte er, wie sich ein paar Mitschüler über das bevorstehende
Wochenende unterhielten. Einmal schnappte er das Wort „Party“ auf. Ein paar
Sekunden schaute er zu ihnen rüber, dann holte er sein Geschichtsbuch aus dem
Spind und wendete sich ab.
     
    Vor dem Chemieraum sah er Grover. Der ließ die Schultern
hängen und wurde mal wieder von Brad Jennings dumm angemacht, einem großen
Typen mit Locken und Sommersprossen. Früher war Brad ein netter Kerl gewesen,
bis er als Junior gegen die Franklin High reingekommen war und sofort neunzehn
Punkte gemacht hatte. In den Spielen darauf sogar noch mehr. Danach hatte man
ihm ein paarmal zu oft gesagt, er sei der Größte, und inzwischen war er
ekelhaft und arrogant. Dabei wusste jeder, dass Brad in Wirklichkeit ein Nerd
und World-of-Warcraft-süchtig war. Eigentlich hätten er und Grover also die besten
Freunde sein sollen, aber sie hassten sich seit der Neunten.
    „Hey, Chedwick“, sagte Brad. Um ihn herum standen
seine Kumpels und ein paar Mädchen. „Ich hab gehört, du treibst es mit Katzen.“
    Alle lachten. Grover überlegte sich eine witzige Antwort,
aber ihm fiel nichts ein. Francis sah, dass er ein Shirt trug, auf dem „Sex
God“ stand. Er fragte sich, in welch abartiger Stimmung Grover sein musste,
wenn er sich diese Shirts kaufte, wie er sich damit im Spiegel betrachtete und
zufrieden zur Kasse ging.
    Brad Jennings machte das
qualvolle Miauen einer Katze nach, alle lachten noch immer. Grover hingegen
hatte längst aufgegeben. Wieso sich wehren, es war doch alles unvermeidlich,
er hatte keine Waffen, er hatte gar nichts. Machte aber nichts, seine Würde und
seinen Stolz hatte er eh bereits irgendwann in seinem ersten High-School-Jahr
verloren und seitdem nicht mehr wiedergesehen. Er blickte hilfesuchend umher.
    Eigentlich wollte sich Francis raushalten. Weil er
groß und athletisch war, dachten die Leute bestimmt, er hätte kein Problem
damit, sich überall einzumischen. Aber das stimmte nicht. Doch dann fiel ihm
ein, wie sie Grover vor Jahren fertiggemacht und seinen Kopf in die Kloschüssel
gesteckt hatten. Danach war er mit tropfenden Haaren auf den Hof gelaufen und
hatte heulend seine Mutter angerufen. Sie hatte ihn kurz darauf abgeholt.
Francis war abseitsgestanden und hatte die Szene beobachtet. Mrs. Chedwick
hatte seltsam traurig und machtlos gewirkt, und das hatte ihm leidgetan.
    Er beschloss, Grover zu helfen,

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