Fast geschenkt
-
Mann, ich würde viel lieber ein Buch über Klamotten schreiben. Oder über Makeup. Becky Bloomwoods Leitfaden Lippenstifte.
Tu ich aber nicht. Also, los. Konzentration.
»Geld ist etwas, das«. Also, mein Stuhl ist ja wirklich unglaublich unbequem. Das kann doch nicht gesund sein, stundenlang auf so einem ollen Ding herumzusitzen. Da kriege ich doch in null Komma nichts einen Bandscheibenvorfall oder so was. Nein, wirklich, wenn ich eine ernsthafte Autorin werden möchte, sollte ich in einen dieser ergonomisch geformten und höhenverstellbaren Drehstühle investieren.
»Geld ist sehr« Vielleicht gibt es solche Stühle ja im Internet zu kaufen. Vielleicht sollte ich mal eben kurz gucken. Wo der Computer doch sowieso schon an ist.
Es wäre im Grunde sogar ganz schön verantwortungslos von mir, wenn ich das nicht täte. Ich meine, man soll ja mit seinem Körper kein Schindluder treiben, oder? »Mens sana in gesund sana« oder so.
Ich schnappe mir die Maus, klicke auf Internet und suche nach »Bürostühlen«. Schwupps, bekomme ich eine ganze Liste von Online-Bürobedarfshops. Ich schreibe mir fröhlich ein paar davon auf, und auf einmal lande ich auf dieser absolut geilen Website, die ich noch nie vorher gesehen habe, und auf der es alles, aber auch alles gibt, was man für sein Büro braucht. Nicht nur langweilige weiße Umschläge, sondern richtig fantasievollen Kram. Zum Beispiel schicke Aktenschränke aus Chrom oder smarte Federhalter oder total individuelle Namensschilder für die Bürotür.
Ich sehe mir sämtliche Fotos an und bin wie gelähmt. Ich meine, ich weiß, dass ich zurzeit kein Geld ausgeben soll -aber das hier ist was anderes. Das hier ist eine Investition in meine berufliche Zukunft. Und das hier ist schließlich mein Büro, oder? Und ein Büro sollte vernünftig eingerichtet sein. Es muss vernünftig eingerichtet sein. Mein Gott, wie kurzsichtig ich war. Wie wollte ich denn ein Buch schreiben, ohne entsprechend eingerichtet zu sein? Ohne die passende Ausrüstung zu haben? Das ist doch, als wollte man den Everest ohne Zelt besteigen!
Das Angebot ist so umfangreich, dass ich wie benommen bin und mich nicht entscheiden kann. Aber es gibt da ein paar essenzielle Dinge, die ich unbedingt haben muss.
Und schon klicke ich auf einen ergonomisch geformten Drehstuhl mit lila Bezug (passend zu meinem iMac) und ein Diktaphon, das den diktierten Text in schriftlichen auf den Computer überträgt. Und dann klicke ich auch noch auf einen richtig tollen Dokumentenhalter in Form einer Stahlklemme, eine Zehnerpackung laminierte Präsentationsmappen - kann ich bestimmt mal gebrauchen - und einen Mini-Papierschredder. Der ist absolut unabdingbar, da ich natürlich nicht will, dass irgend jemand meine ersten Entwürfe liest. Ich spiele mit dem Gedanken, mir auch intelligente Modulmöbel für den Empfangsbereich anzuschaffen -das Einzige, was mich zögern lässt, ist die Tatsache, dass es in meinem Zimmer nicht wirklich einen Empfangsbereich gibt -, als Suze wieder hereinkommt.
»Hi!. Wie läuft‘s?«
Ich zucke schuldbewusst zusammen, klicke hastig auf SENDEN, ohne den Endbetrag überprüft zu haben, logge mich aus - und schon erscheinen auf dem Bildschirm die Worte »Erstes Kapitel«.
»Mann, du gibst dir ja wirklich Mühe.« Suze schüttelt den Kopf. »Mach doch mal eine Pause. Wie viel hast du schon?«
»Ach... schon ganz schön viel.«
»Darf ich‘s lesen?« Und zu meinem Entsetzen kommt sie auf mich zu.
»Nein!«, rufe ich. »Ich meine - das sind meine ersten Gehversuche als Autorin. Ich möchte noch nicht, dass jemand das sieht.« Ich schließe das Dokument und stehe auf. »Du siehst toll aus, Suze! Fantastisch!«
»Danke!« Sie strahlt mich an, und als sie in meinem Kleid um die eigene Achse „wirbelt, klingelt es an der Tür. »Ah! Das ist bestimmt Fenny.«
Fenella ist eine von Suzes durchgeknallten, stinkreichen Cousinen aus Schottland. Na gut, ich will mal nicht so unfair sein: Sie ist nicht mehr ganz so durchgeknallt. Früher war sie genauso eigenartig wie ihr Bruder Tarquin und hat die ganze Zeit nichts anderes gemacht als zu reiten und Fische zu schießen oder was auch immer. Aber jetzt ist sie vor kurzem nach London gezogen, arbeitet in einer Kunstgalerie und geht stattdessen auf Partys. Suze macht die Tür auf und sofort vernehme ich nicht nur Fenellas quietschige Stimme, sondern eine ganze Horde schnatternder Mädels. Fenny kann keine drei Schritte ohne einen Pulk kreischender
Weitere Kostenlose Bücher