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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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achtbar und ein wenig langweilig. Sie war eine unscheinbare Frau mit einem großen, ausdruckslosen Gesicht und stumpfen Augen. Aber sie war, überlegte Miss Marple, auch als kleines Mädchen schon äußerst unscheinbar gewesen..
    »Und das ist Wally Hudd – Ginas Mann.«
    Wally war ein hoch gewachsener junger Mann mit nach hinten gekämmtem Haar und mürrischem Gesichtsausdruck. Er nickte verlegen und fuhr fort, sich Kuchen in den Mund zu stopfen.
    In diesem Moment kam Gina mit Stephen Restarick herein. Sie wirkten beide sehr angeregt.
    »Gina hat eine wunderbare Idee für den Bühnenhintergrund«, sagte Stephen. »Sag, was du willst, Gina, du hast eindeutig eine Begabung für Bühnenbildnerei.«
    Gina lachte geschmeichelt. Edgar Lawson kam herein und setzte sich zu Lewis Serrocold. Als Gina ihn ansprach, würdigte er sie ostentativ keiner Antwort.
    Miss Marple fand das alles ein wenig verwirrend und war froh, als sie nach dem Tee auf ihr Zimmer gehen und sich hinlegen konnte.
    Beim Abendessen waren noch mehr Leute da: der junge Dr. Maverick, der entweder Psychiater oder Psychologe war – der Unterschied war Miss Marple schleierhaft – und von dessen Konversation, die er fast vollständig im Jargon seiner Zunft führte, sie kaum ein Wort verstand. Außerdem zwei bebrillte junge Männer, die als Lehrkräfte eingestellt waren, ein Mr Baumgarten, bei dem es sich um einen Beschäftigungstherapeuten handelte, sowie drei extrem schüchterne junge Männer, die für eine Woche »Hausgäste« waren. Einer von ihnen, ein blonder Knabe mit sehr blauen Augen, war, wie Gina ihr zuflüsterte, der Experte fürs Schädeleinschlagen.
    Das Essen war nicht besonders appetitanregend. Es war lustlos zubereitet und wurde lustlos serviert. Was die Kleidung betraf, herrschte buntes Durcheinander. Miss Bellever trug ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid, Mildred Strete ein Abendkleid und darüber eine Strickweste. Carrie Louise hatte ein kurzes graues Wollkleid an, und Gina prunkte mit einer Art Bauerntracht. Wally hatte sich nicht umgezogen, Stephen Restarick ebenso wenig. Edgar Lawson trug einen adretten dunkelblauen Anzug, Lewis Serrocold den konventionellen Smoking. Er aß wenig und schien kaum wahrzunehmen, was sich auf seinem Teller befand.
    Nach dem Essen begaben sich Lewis Serrocold und Dr. Maverick in dessen Büro. Der Beschäftigungstherapeut und die Lehrer zogen sich in ihre eigenen Schlupfwinkel, die drei »Gäste« ins College zurück. Gina und Stephen gingen in den Theaterraum, um Ginas Idee für das Bühnenbild zu besprechen. Mildred strickte an einem undefinierbaren Kleidungsstück, und Miss Bellever stopfte Strümpfe. Wally saß auf einem leicht nach hinten gekippten Stuhl und starrte ins Leere. Carrie Louise und Miss Marple unterhielten sich über die alten Zeiten. Das Gespräch hatte etwas seltsam Unwirkliches.
    Nur Edgar Lawson fand offenbar keine Nische. Er setzte sich und stand dann unruhig wieder auf. »Vielleicht sollte ich zu Mr Serrocold gehen«, sagte er ziemlich laut. »Könnte ja sein, dass er mich braucht.«
    Carrie Louise beruhigte ihn: »Ach, das glaube ich nicht. Er wollte heute Abend ein paar Dinge mit Dr. Maverick besprechen.«
    »Dann werde ich mich natürlich nicht aufdrängen! Würde mir nicht im Traum einfallen, irgendwohin zu gehen, wo ich nicht erwünscht bin. Ich habe heute schon genug Zeit verloren, als ich zum Bahnhof gefahren bin, obwohl Mrs Hudd auch kam.«
    »Sie hätte Ihnen Bescheid sagen müssen«, sagte Carrie Louise. »Aber ich glaube, sie hat sich erst im letzten Moment entschieden.«
    »Ist Ihnen klar, Mrs Serrocold, dass sie mich völlig lächerlich gemacht hat? Völlig lächerlich!«
    »Aber nein«, sagte Carrie Louise lächelnd, »was reden Sie denn da!«
    »Ich weiß schon, dass ich nicht gebraucht werde, dass mich keiner haben will, da mache ich mir keine Illusionen. Wenn ich den Platz im Leben hätte, der mir zusteht, dann wäre alles anders. Ganz anders. Es ist nicht meine Schuld, dass ich den mir gebührenden Platz im Leben nicht habe.«
    »Aber Edgar«, sagte Carrie Louise. »Nun regen Sie sich doch nicht so auf wegen einer Lappalie. Jane findet es sehr nett von Ihnen, dass Sie sie abgeholt haben. Gina hat doch immer solche spontanen Einfälle. Sie wollte Sie nicht ärgern.«
    »Doch, eben schon. Sie hat es absichtlich getan, um mich zu demütigen –«
    »Ach, Edgar –«
    »Sie haben ja keine Ahnung, was hier abläuft, Mrs Serrocold. Aber ich sage jetzt nichts mehr außer

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