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Fata Morgana

Fata Morgana

Titel: Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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es doch nicht weiter, nicht wahr?«
    »Aber nein.« Doch er wartete ihre Bestätigung gar nicht erst ab.
    »Mein Vater – also mein Vater ist ein sehr bedeutender Mann.«
    Dazu brauchte sie nichts zu sagen. Sie musste nur zuhören.
    »Das weiß niemand, außer Mr Serrocold. Wissen Sie, es könnte meinen Vater kompromittieren, wenn es sich herumspräche.« Er wandte sich ihr zu. Er lächelte. Ein trauriges, ernstes Lächeln. »Sie müssen nämlich wissen: Ich bin der Sohn von Winston Churchill.«
    »Aha«, sagte Miss Marple. »Ich verstehe.«
    Und sie verstand wirklich. Sie erinnerte sich an eine ziemlich traurige Geschichte in St. Mary Mead – und daran, wie sie ausgegangen war.
    Edgar Lawson sprach weiter, und was er sagte, erinnerte an eine Theaterszene.
    »Es gab Gründe. Meine Mutter war nicht frei. Ihr Mann war in der Nervenheilanstalt – Scheidung kam nicht in Frage – an eine Heirat war nicht zu denken. Ich nehme es ihnen eigentlich nicht übel. Jedenfalls glaube ich das. Er hat immer getan, was ihm möglich war. Diskret natürlich. Und damit hat der Ärger angefangen. Er hat Feinde, und die sind auch gegen mich. Sie haben es geschafft, uns voneinander fern zu halten. Sie beobachten mich. Wohin ich auch gehe, überall bespitzeln sie mich. Und sie sorgen dafür, dass bei mir alles schief geht.«
    Miss Marple schüttelte den Kopf. »Du meine Güte.«
    »Ich hab in London Medizin studiert. Sie haben sich an meinen Examensarbeiten vergriffen – die Antworten verändert. Sie wollten, dass ich durchfalle. Sie sind mir auf der Straße nachgegangen. Sie haben mich bei meiner Vermieterin verleumdet. Überall sind sie mir auf den Fersen.«
    »Ach, das bilden Sie sich vielleicht nur ein«, sagte Miss Marple beschwichtigend.
    »Wenn ich's Ihnen doch sage! Die gehen äußerst schlau vor. Ich kriege nie einen von ihnen zu sehen, komme nie dahinter, wer sie sind. Aber die kauf ich mir noch – Mr Serrocold hat mich aus London rausgeholt und hierher gebracht. Er war nett, sehr nett. Aber nicht mal hier bin ich vor denen sicher, wissen Sie. Die sind hier auch. Arbeiten gegen mich. Sorgen dafür, dass die anderen mich nicht leiden können. Mr Serrocold sagt, das stimmt nicht, aber Mr Serrocold hat keine Ahnung. Oder aber – ich frage mich – manchmal denke ich –«
    Er brach ab und stand auf. »Das muss unter uns bleiben«, sagte er. »Das ist Ihnen doch klar, oder? Aber wenn Sie mal sehen, dass mich irgendjemand verfolgt, mich bespitzelt, meine ich, dann könnten Sie mir sagen, wer es ist!«
    Dann ging er weg – adrett, bedauernswert, unbedeutend. Miss Marple sah ihm nach und überlegte...
    »Plemplem«, sagte eine Stimme. »Einfach plemplem.«
    Walter Hudd stand neben ihr. Er hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben und blickte stirnrunzelnd der sich entfernenden Gestalt Edgars nach.
    »Was ist das eigentlich für ein Laden hier?«, sagte er. »Die sind doch alle nicht ganz richtig im Kopf, der ganze Haufen.«
    Miss Marple sagte nichts, und Walter fuhr fort:
    »Dieser Edgar – was halten Sie von ihm? Behauptet, sein Vater ist Lord Montgomery. Für mich nicht sehr wahrscheinlich. Monty doch nicht! Nach allem, was man so von ihm hört.«
    »Nein«, sagte Miss Marple. »Das ist nicht sehr wahrscheinlich.«
    »Gina hat er was anderes erzählt – irgendwelchen Quatsch, dass er der rechtmäßige russische Thronfolger ist, der Sohn von irgendeinem Großfürsten oder so. Verdammt noch mal, weiß der Knabe nicht, wer sein Vater war?«
    »Schon möglich. Genau das ist wahrscheinlich sein Problem.«
    Walter ließ sich neben ihr schlaff auf die Bank fallen. Er wiederholte seine Bemerkung: »Die sind doch alle nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Ihnen gefällt es nicht in Stonygates?«
    Der junge Mann zog die Stirn in Falten. »Ich kapier das einfach nicht – das ist alles! Ich kapier's nicht. Schon allein die Umgebung – das Haus, der ganze Laden. Die sind doch reich. Die brauchen keine Piepen, die haben sie. Und schauen Sie sich an, wie sie leben. Angeschlagenes echtes altes Porzellan und dazwischen Kaufhausramsch. Kein richtiges Personal, wie sich's für feine Leute gehört, bloß die eine oder andere Aushilfe. Gobelins und Vorhänge und Sesselbezüge aus Satin und Brokat und solchem Zeug, aber alles alt und verschlissen! Große silberne Teekannen und was weiß ich – alles gelb angelaufen, weil's nie geputzt wird. Mrs Serrocold ist das alles egal. Denken Sie bloß an das Kleid, das sie gestern Abend anhatte.

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