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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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freute er sich genauso wie wir alle über Guys Rückkehr. »Champagner, Owen?« »Ich nehm eine Cola.«
    »Du trinkst Champagner«, sagte sein Vater und drückte ihm ein Glas in die Hand. »Auf die Freiheit!«
    Wir tranken alle. Alle bis auf Dominique, dachte ich. Sie konnte an der Feier, die der wieder gefundenen Freiheit ihres Stiefsohns galt, nicht teilnehmen.
    Mel, Ingrid und ich fuhren ab, sobald es möglich war. Weder Guy noch sein Vater schienen darüber besonders traurig zu sein, obwohl Tony höflich und freundlich zu uns war, sogar zu mir. Doch dieses Mal ließ er uns mit einem Taxi zum Flughafen bringen.
    Ich packte meine Sachen und ging Guy suchen. Er saß unter dem Wachturm und blickte aufs Meer. Ich setzte mich neben ihn.
    »Ich weiß, es war eine schreckliche Woche. Trotzdem vielen Dank für die Einladung«, sagte ich.
    Keine Antwort. Ich wartete. Offenbar wollte er nicht antworten.
    »Okay«, sagte ich und stand auf. »Auf Wiedersehen, Guy.«
    Als ich mich zum Gehen wandte, sagte er: »Davo?«
    »Ja?«
    »Danke. Für das, was du Sauville gesagt hast.«
    »Keine Ursache.« Ich überlegte, ob ich noch etwas anfügen sollte, aber Guy blickte noch immer in die Ferne und wandte mir seinen gebeugten Rücken zu. Ich war entlassen. Ich durfte gehen.
    Ingrid, Mel und ich bestiegen das Taxi und fuhren ab.
    »Gott sei Dank, dass es vorbei ist«, sagte Ingrid, als der Wagen das Grundstück verlassen hatte, die elektrisch betriebenen Eisentore passierte und die Corniche hinabfuhr.
    »Ja, und Gott sei Dank, dass Guy aus dem Gefängnis heraus ist.«
    »Das passt den Jourdans alles wunderbar in den Kram, nicht wahr?«, sagte Ingrid.
    »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    »Du weißt genau, wie ich das meine.« Sie sah mich viel sagend an.
    Natürlich wusste ich es. Es war in der Tat ein Glück, dass der Gärtner verschwunden war. Ich erinnerte mich, das Hoyle den Namen gegenüber Guy erwähnt hatte. Auch an den rätselhaften Fußabdruck von Guys Schuh musste ich denken. Und an Owens Reaktion, als er hörte, dass sein Bruder verhaftet worden war. Fast, als hätte er etwas gewusst.
    Dann verbannte ich diese Gedanken aus meinem Bewusstsein.
    »Weißt du was?«, sagte ich. »Es ist mir vollkommen egal. Ich bin einfach froh, dass ich draußen bin.«
    »Hört, hört!«, sagte Mel, und ihre Stimme klang lebendiger als in den letzten vier Tagen.
    Leider hatte Tony sein Versprechen nicht gehalten, mir das Geld für den Rückflug zu geben. Meine bescheidenen Mittel reichten nicht für ein Flugticket, aber Ingrid lieh mir zweihundert Francs für eine Busfahrkarte. Das Taxi setzte mich am Busbahnhof ab. Ich war traurig, von Ingrid und Mel Abschied nehmen zu müssen, aber sehr froh, als ich in den Bus stieg, um die lange Rückfahrt nach England anzutreten.
    Als der Bus auf der Autobahn Kurs auf die tiefen Wolken nahm, die über Nordfrankreich hingen, dachte ich über die Lektion nach, die ich in der vergangenen Woche gelernt hatte. Ich hatte endlich mal einen Blick in das glamouröse Leben von Menschen wie Guy werfen können und gesehen, wie es wirklich war. Das hatte mir eine wichtige Erkenntnis gebracht.
    Es war bei weitem nicht so erstrebenswert, wie es erschien.
Mai 1999, Clerkenwell, London
    Es war Montagmorgen, und wir hatten die Schlüssel zum neuen Büro. Das ganze Team war gekommen: Guy, ich, Owen, Gaz, Neil, Sanjay, Amy und Michelle. Für die meisten war es der erste Arbeitstag. Alle trugen Jeans und hatten sich auf harte körperliche Arbeit eingestellt.
    Die Britton Street war auf ihre Weise ganz malerisch, eine enge Gasse zwischen bescheidenen Häusern vom Anfang des 20. Jahrhunderts und umgebauten Metallfabriken wie der unseren, das alles überragt von den weißen Türmen und der goldenen Wetterfahne der St. James Church, Clerkenwell. Überall sah man die Anzeichen für die Dot-Com-Invasion: junge, hagere Typen in Fleecejacken mit schütterem Barthaar, gestyltere Männer und Frauen in Schwarz mit dem Handy am Ohr, Nobelimbisse und Schilder - »Büroräume zu vermieten« -an Läden, in denen einst Juweliere und Uhrmacher ihrem Gewerbe nachgegangen waren und die jetzt aufwändig saniert wurden. Doch unser Büro war ganz schlicht: eine Seite im vierten Stock eines Ziegelgebäudes mit weißen Wänden, blau gestrichenen Rohren, einem hellgrauen Teppich und ohne Möbel.
    Arbeiter trugen gebrauchte Schreibtische, Stühle, Trennwände und Computerausrüstungen herein, die wir begeistert hin und her schoben. An die meisten

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