Fatal Error
Ich dachte nach. »Am Morgen, bevor Mrs. Jourdan umgebracht wurde.«
»Und seitdem nicht mehr?«
»Nein. Seitdem nicht mehr.«
»Ist er Ihnen irgendwie verdächtig vorgekommen?«
Ich dachte an das Lächeln, das er Guy zugeworfen hatte, erwähnte es aber nicht. Es hatte wahrscheinlich nichts zu bedeuten, und selbst wenn, machte es ihn schwerlich verdächtig. »Nein«, sagte ich. »Er hat sich nur um den Garten gekümmert.«
»Wir haben versucht, ihn zu finden. Er scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Seit dem Morgen, nachdem Madame Jourdan getötet wurde, hat man ihn nicht mehr gesehen.« Sauville stand auf. Die Vernehmung war beendet. »Nochmals vielen Dank für Ihre Zusammenarbeit, Mr. Lane. Mein Kollege bringt Sie nach Hause.«
Während das Polizeiauto die Steigung hinaufkletterte, sah ich die Sonne tief im Westen stehen. Zum ersten Mal, seit Dominique tot war, war ich zufrieden mit mir. Ich hatte Guy enttäuscht, weil ich mit Dominique geschlafen hatte. Seine Verachtung für mich war schmerzlich, da sie berechtigt war. Doch jetzt hatte ich ihm geholfen.
Ich hatte keine Ahnung, wie Guys Fußabdruck an die Stelle gelangt war, wo die Polizei ihn entdeckt hatte, aber ich wusste, dass er sich dort nicht befand, weil Guy in die Büsche gegangen war, um auf dem Weg ins Bett zu pinkeln. Doch die Polizei wusste es nicht. Ich sah ehrlich aus, ich wirkte verängstigt und war sicher, dass Sauville mir glaubte.
Zu diesem Zeitpunkt ging es mir darum, meinen Freund zu decken und meinen Verrat wieder gutzumachen. An die Möglichkeit, Guy könnte in irgendeiner Weise etwas mit Dominiques Tod zu tun haben, dachte ich überhaupt nicht. Ich machte mir keine Gedanken darüber, wie oder wann Guys Fußabdruck unter Dominiques Fenster gelangt war, wenn die Polizei ihn denn tatsächlich dort gefunden hatte.
Vielleicht hätte ich es tun sollen.
Es war merkwürdig, ohne Guy in Les Sarrasins zu wohnen. Keiner von uns hatte das Gefühl, dorthin zu gehören. Wir waren wie Gäste, die zu lange geblieben und schon längst nicht mehr willkommen waren. Aber Sauville dachte noch lange nicht daran, uns gehen zu lassen. Ich konnte Guys Aufforderung, wieder unter meinen Stein zurückzukriechen, nicht vergessen. Natürlich hatte er Recht. Ich hatte hier nichts zu suchen. Ich hätte mit meinen Eltern im Wohnwagen in Devon sein sollen. Ich hätte nie hierher kommen dürfen.
Wir versammelten uns zu einem unerfreulichen Abendessen. Es wurde wenig gesprochen: Wir waren alle mit unseren eigenen Gedanken beschäftigt. Tony machte einen halbherzigen Versuch, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, fand damit aber wenig Anklang bei uns. Allerdings hatte er eine Neuigkeit. Die Suche nach Abdulatif hatte sich zu einer richtigen Fahndung ausgewachsen. Von dem arabischen Gärtner eines Nachbarbesitzes hatte Miguel gehört, die Polizei hätte Abdulatifs Wohnung auf den Kopf gestellt und in allen arabischen Cafes der Umgebung nach ihm gefragt, allerdings ohne Erfolg.
Zum ersten Mal seit drei Tagen zeigte sich so etwas wie ein Hoffnungsschimmer in Mels Augen.
Am folgenden Morgen schwamm ich im Pool, als ich Gelächter auf der Terrasse hörte. Ein vertrautes Lachen. Ich hob den Kopf aus dem Wasser und sah Tony, Guy und Hoyle, ein breites Grinsen auf ihren Gesichtern. Miguel öffnete eine Flasche Champagner.
Ich kletterte aus dem Wasser und griff nach einem Handtuch. Ingrid und Mel kamen aus dem Haus.
Der Korken knallte. Tony goss ein.
»Ich habe euch doch gesagt, dass Patrick ihn raushauen würde«, sagte Tony und klopfte Hoyle auf die Schulter. »He, wo ist Owen? Sei doch so nett, Guy, und hol ihn. Er soll dabei sein.«
Guy ging seinen Bruder holen.
»Natürlich war es hilfreich, dass sie jetzt wissen, wer den Mord begangen hat«, sagte Hoyle.
»Wer war es?«, fragte ich.
»Der Gärtner«, erwiderte er. »Die Polizei sucht ihn überall. Aber an der Riviera ist ein Araberjunge schwer zu finden. Es gibt einfach zu viele Verstecke.«
»Woher weiß man, dass er es war?«, fragte ich.
»Er ist abgehauen«, sagte Tony. »Und sie haben Dominiques leere Schmuckkassette in seinem Zimmer gefunden. Ich hoffe, sie schnappen den Mistkerl.«
»Aber einen eindeutigen Beweis haben sie noch nicht?«, wollte ich wissen.
Tony musterte mich verdrießlich, genervt von meiner Hartnäckigkeit. »Für mich ist das eindeutig genug. Ah, da ist er ja!«, sagte er, als er Owen hinter seinem Bruder herkommen sah. Sein Gang hatte fast etwas Beschwingtes. Offenbar
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