Fatales Vermächtnis
gerochen«, murmelte Fronwar und verzog das Gesicht. »Sendet einen Unterhändler, und beten wir zu Ulldrael, dass Nech ein Einsehen hat.« Er ritt zur Brücke hinauf, um sich mit Arl und Wanzolef zu treffen. Das Geeinte Heer ging erneut in Stellung.
Paltena stieg ab und besah die Spuren, welche Männer und Pferde im weichen Boden hinterlassen hatten.
Sie versuchte eine Schätzung und kam zu dem Ergebnis, dass es sich dabei um die Gruppe von Soldaten gehandelt hatte, welche sie vom Schloss an bis zum Heer verfolgt hatten.
»Aber weswegen sind sie abgebogen, bevor sie ihr eigenes Heer erreicht haben?«, fragte sie halblaut und schwang sich auf ihr Pferd.
Der Lärm, der zu ihr drang, sagte ihr, dass die Schlacht voll entbrannt war. Nichts würde sie dazu bringen, sich in den Kampf zu stürzen. Als Spionin nutzte sie Ulldart mehr denn als Tote. Paltena folgte den Abdrücken. Sie führten die junge Frau weg vom Fluss, eine Steigung und zwischen zwei Hügel hinauf, die ihr Blickschutz gewährten.
Sie ritt langsamer, weil sie sah, dass die Spuren noch sehr frisch waren. Die Einheit besaß kaum Vorsprung. »Welchen Sinn...«
Im letzten Augenblick wich sie dem her anzischenden Bogenschwert aus, das scheinbar aus dem Nichts nach ihr geworfen worden war; mit einem Knirschen fuhr die Klinge in den Baumstamm hinter ihr. Das kurze Auffunkeln hatte sie gewarnt.
Zwei Angorjaner sprangen aus ihren Verstecken und drangen mit erhobenen Schwertern auf sie ein. Einer von ihnen setzte ein Rufhorn an die Lippen.
Paltena trat ihm die Stiefelspitze unters Kinn, das Rufhorn flog davon. Sie ließ sich aus dem Sattel auf ihn fallen und entging damit dem Angriff des zweiten Mannes. Sie zog ihr Schwert und erstach den unter ihr liegenden Angorjaner, sprang auf und erwartete den nächsten Gegner. Der Mann war mit der dunklen Rüstung und der schwarzen Haut schlecht im Schatten der Bäume zu erkennen, das Monden-und Sternenlicht beleuchtete ihn so gut wie gar nicht. Er wäre ein viel besserer Spion als ich, dachte Paltena und konnte ihn anhand der Geräusche ausfindig machen; er näherte sich von rechts.
Letztlich verriet ihn das Surren des Schwertes. Die junge Frau erinnerte sich zu spät, dass die wuchtigen, schweren Waffen der Angorjaner nicht für sie zu parieren waren, schon gar nicht mit einer Hand.
Ihre Deckung wurde einfach nach hinten gedrückt, und die Schneide verletzte sie an der linken Schulter. Aufschreiend sprang sie zurück und schlug nach dem Mann. Ihre Waffe fuhr durch den ungeschützten Hals des Angorjaners,
der im gleichen Moment hatte nachsetzen wollen. Paltena
hatte ihn nicht einmal gesehen; tot stürzte er zu Boden.
»Wachposten. Dann gibt es wohl bald etwas zu sehen für
mich«, murmelte sie und schlich weiter den Weg entlang.
Unversehens stand sie in einer Mulde, in der sich viertausend weitere Angorjaner versammelt hatten - Angorjaner in den bekannten weißen Rüstungen, und sie warteten offenkundig. Paltena hörte den Schlachtenlärm, der mehr und mehr verebbte. Entweder hatte eine Seite gewonnen, oder man formierte sich neu. Sie rätselte noch immer, was die Truppen vor ihrer Nase taten. Ein lang gezogener Pfiff ertönte, und eine Bewegung lief durch die Krieger. Die Männer stellten sich in einer Zehnerreihe nebeneinander auf, und die ersten Linien wurden von besonders kräftig aussehenden Streitern mit riesigen Lanzen gebildet.
Seid ihr Nechs Elitetruppe?, fragte sie. Waren sie hier verborgen, um den Kampf herumzureißen und den Sieg zu erringen?
Die Angorjaner machten sich weiter bereit.
Aus dem hinteren Teil der Mulde kam eine Abteilung Reiterei, und die Männer auf den Pferderücken trugen — dunkle Rüstungen!
Als Paltena durch ihr Fernrohr beobachtete, wie verschüttetes Wasser aus einer Trinkflasche die Farbe von ihren dunklen Panzerungen wusch und darunter das gleiche Weiß zum Vorschein kam wie bei den Fußtruppen, bekam sie eine schreckliche Ahnung.
Der Unterhändler hob die weiße Fahne hoch in den Himmel und
ließ sie flattern.
Als er sicher war, dass sie im stärker werdenden Morgenlicht vom Feind gesehen wurde, marschierte er los, über Tote und Verwundete hinweg auf die umzingelten Angorjaner zu; neben ihm lief ein Signalist, der mit Fahnen ausgestattet war, um den Verlauf der Verhandlungen unverzüglich mit den Wimpeln weitergeben zu können. Die aufgehenden Sonnen erlaubten ihnen diese Vorgehensweise. Fronwar, Arl und Wanzolef standen nebeneinander auf der
Brücke und
Weitere Kostenlose Bücher