Fatales Vermächtnis
verschont
sein.«
Doch der bleiche Mann gab nicht auf. »Majestät, der Angorjaner...«
»... hat seinen Lohn für den Mord am Unterhändler erhalten.« Arl sah den Mann verwundert an. »Jetzt zügele dich und erinnere dich, mit wem du sprichst, Soldat.« Er preschte davon, und König Fronwar folgte ihm.
»Aber es sind Farkons Soldaten!«, schrie der Signalist verzweifelt und rannte hinter ihnen her.
»Farkons Soldaten, versteht Ihr nicht?«
Fronwar riss sein Pferd herum. »Was sagst du da?«
Der Mann zeigte in das Flussbett. »Da unten, das sind die Krieger des Bruders! Der Angorjaner hat gesagt, dass er uns für Verbündete von Nech hält, weil wir sie angegriffen haben!«
»Ulldrael, wir sind doch in eine Falle gegangen.« Fronwar schluckte und sah zu dem kleinen Scharmützel am Fuße des Hügels. »Das da drüben, das sind Nechs Leute!«, kam es heiser aus seiner Kehle. »Gebt den Befehl aus ...«
Seine Worte gingen in dem gewaltigen Brüllen unter, mit denen die Angorjaner einen Ausfall nach beiden Seiten des Flussbettes
Rannen. Arl von Breitstein hatte recht behalten: Sie wollten in
ihrer letzten Schlacht entweder siegen oder ruhmreich untergehen. Paltena verfolgte, wie die Reiterei mit den dunkel gefärbten Rüstungen über die Kuppe hetzte. Sie hatte gefolgert, dass es sich um Nechs Leute handelte - welchen Grund gab es sonst, ein solches Versteckspiel zu betreiben ? Zumal sie einige der Gesichter in den Reihen der Lanzenträger erkannt hatte. Sie war in den letzten Wochen oft genug in Ilfaris und in der Nähe von Nechs Einheiten gewesen.
Wenn die Soldaten in der Mulde die Feinde waren, schlug sich Ulldart dann mit Freunden, ohne es zu wissen ?
Sie rannte den Abhang hinauf, um sich für die Späher des Geeinten Heeres sichtbar zu machen. Sie wollte das Hauen und Stechen verhindern.
Paltena erreichte den flachen Gipfel zu spät: Nechs Reiter hatten die ulldartischen Fußtruppen am Fuß
des Hügels überrumpelt und richteten ein Massaker an.
Dann erklang ein fernes Hornsignal von der Brücke herab, das ein Gewitter auszulösen schien. Der Wald raubte ihr die Sicht, aber sie vermutete, dass es sich um die hustrabanische Kavallerie handelte, die einen Angriff unternahm.
Gleich darauf brandete ein vielstimmiger Schrei auf, der nicht mehr verstummen wollte, bis lautes Waffenklirren erschallte; nicht lange danach sah Paltena, dass angolanische Truppen durch das Flussbett gerannt kamen und sich gegen die wartenden Soldaten des Geeinten Heeres warfen. Ein letztes Aufbäumen. Sie vermutete, dass das Gefecht in wenigen Augenblicken entschieden sein würde. Sie stand regungslos und überlegte, was sie ausrichten konnte. Sie hatte die Falle von Kaiser Nech zu spät erkannt, aber noch war es möglich, seinen zweiten Schlag mit den Fußsoldaten zu vereiteln. Paltena rannte den Hügel hinab, dorthin, wo sie einige herrenlose Pferde entdeckt hatte. König Fronwar musste von der lauernden zweiten Streitmacht erfahren, die in aller Ruhe wartete, um
den Sieger des Kampfes zu überfallen.
Paltena fing einen Rappen ein und preschte flach an den Pferdeleib geduckt mitten durch die Reihen der Kämpfenden, am Hügel vorbei und auf den Pfad zu, der auf die Brücke führte. Ein Schwerthieb traf sie aus dem Getümmel heraus am Unterschenkel; der Schmerz fuhr ihr heiß
durch den Körper, und sie schrie auf. Hätten die Riemen des Steigbügels einen Großteil der Wucht nicht abgefangen, hätte sie womöglich ihren linken Fuß eingebüßt. Der Rappe trug sie in gestrecktem Galopp auf den Pfad zu, vor dem das Geeinte Heer eine Linie aus Schilden gebildet hatte. Dahinter erkannte sie das Banner des Königs von Serusien, und sie glaubte, ihn an der Seite des Grafen von Breitstein zwischen
den Reitern auszumachen.
Paltena wagte es, sich aufzurichten und zu zeigen. »Majestät!«, rief sie aus Leibeskräften und hob beide Hände, damit die Soldaten sahen, dass sie unbewaffnet war. »Majestät, eine Falle!«
Die Linie öffnete sich für sie, und sie brachte ihr schnaubendes Pferd vor Fronwar zum Stehen, der sie verwundert und erleichtert
zugleich ansah. Er hatte ihre Wunde sofort bemerkt. »Paltena! Was...«
»Nechs Soldaten warten hinter dem Hügel«, keuchte sie. »Ein Hinterhalt. Die Soldaten, gegen die Ihr kämpft...«
»Wir wissen es. Es sind Farkons Leute«, sprach er grimmig. Er erteilte den Meldereitern das Geheiß, allen Einheiten den geordneten Rückzug zu befehlen und sich unter der Brücke zu versammeln.
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