Fatales Vermächtnis
Seitentrakt des Ulldrael-Tempels und wartete, dass sich der Obere des Ordens mit ihm traf. Um ihn herum verbrannten Kräuter in Kohlebecken, und er
grinste.
Für die meisten Menschen wirkte der Qualm wie ein Rauschmittel, welches die Sinne vernebelte und die Zunge lockerte. Er kannte die Kniffe der Priester, um sich die Menschen gefügig zu machen und sie an Wunder glauben zu lassen. Heträls Verstand
war dagegen immun, und er mochte den Geruch sehr.
Die Tür hinter dem großen, orangefarbenen Brokatvorhang
wurde geöffnet, wie er an den Geräuschen vernahm, dann traten zwei Männer herein und hielten den Stoff zur Seite, damit ein dritter hindurch humpeln konnte.
Es war Matuc. Er trug eine dunkelgelbe Robe, die ihn als Oberer des Ulldrael-Ordens auswies. Heträl vermutete, dass es sich bei den anderen beiden um persönliche Schüler handelte, denn nach Mitgliedern des Geheimen Rates sahen sie nicht aus, dafür waren sie zu jung.
»Ich grüße Euch, Meister Heträl«, sagte Matuc und lächelte, dann wechselte er in die Zeichensprache über. »Ich habe sie in der Zwischenzeit gelernt.«
»Eigens für mich? Das würde mich ehren«, erwiderte er. »Ulldrael möge Euch in Eurem Leben beistehen, Oberer.«
Matuc lachte. »Nein, nicht eigens für Euch. Es ergab sich.« Er bat ihn durch einen zweiten Vorhang, hinter dem ein kleiner Tisch und bequem aussehende Sessel standen. Es gab Tee, Wasser und kleine Kuchenstücke, die saftig und goldgelb aussahen. »Nehmt Platz.« Er setzte sich, die Mönche stellten sich neben ihn.
»Die neue Bescheidenheit gefällt mir«, sagte Heträl, während er sich Wasser eingoss. »Das hat Euren Orden weit vorangebracht. Die Menschen sehen, dass es dem Oberen ernst mit seinen Reformen 10t.«
Matuc bedankte sich. »Wir erzielen Fortschritte. Die Menschen sehnen sich auf ganz Ulldart nach Halt und Beistand unseres Schöpfers, und wir können ihnen diesen Beistand endlich offen geben. Keine Repressalien und keine Verfolgung mehr. Protz und Prunk sind Vergangenheit, der Verschwendung wurde Ein?* halt geboten. Wenn wir Waslec ausgeben, dann für die Menschen.«
»Die Entwicklung des Ordens wird aber nicht der Grund sein, warum ich hier sitze.«
»Nein, Meister Heträl, das ist er nicht.« Matuc lehnte sich auf
seinem Sessel nach links, sein Gesicht verzog sich vor Schmerzen. »Mein Alter und die Gebrechen machen mir mehr und mehr zu
schaffen. Es wird nicht mehr lange dauern, und Vintera wird bei mir anklopfen, um mir ihre Sichel zu weisen«, scherzte er. »Bevor
ich abtrete, möchte ich Gewissheit in einer Sache.«
»Leider muss ich Eure Nachfolgeschaft ablehnen, Oberer. Es
würde sich nicht gut machen, wenn ein Meisterschütze an die Spitze eines friedlichen Ordens träte«, meinte Hetral und grinste.
Matuc musste laut auflachen. »Nein, darum würde ich Euch niemals bitten. Aber es gibt eine Sache. Eine gemeinsame Sache zwischen uns: Lodrik Bardric.« Er sah einen Augenblick ins Leere.
»Angenommen es hätte eine weitere Vision gegeben, in der er eine unrühmliche Rolle spielte...«
Heträl hob unterbrechend den Arm. »Ihr redet mit einem seiner schärfsten Gegner, Matuc, und das wisst Ihr ganz genau. Er brachte das Übel nach Ulldart, sein Vermächtnis hat sich als ebenso fatal für uns erwiesen, und er wird ein weiteres Mal Gefahr über uns bringen. Davon bin ich überzeugt.« Er zwang sich, die Buchstaben sauber mit den Fingern zu formulieren, trotz seiner Aufregung. »Kabcara Norina sieht es anders, und ich denke, dass auch Perdor weniger Bedenken ihm gegenüber hegt.« Er musterte Matuc. »Es freut mich, dass wir zwei unsere Vernunft behalten haben und für das Wohl aller einstehen. Oder habe ich Eure Andeutung missverstanden?«
Matuc strahlte. »Und ich hatte Angst gehabt, bei Euch auf Ablehnung zu stoßen, Meister Hetral«, rief er erleichtert. »Dann sage ich es offen: Ich möchte Euch anheuern, Lodrik ßardrit zu vernichten.«
»Das wird nicht einfach. Mit herkömmlichen Pfeilen ist er nicht mehr zu töten, und seine Macht als Nekromant ist gewaltig.« Hetrals Gesicht verdunkelte sich. »Ich habe es bereits versucht, Oberer, aber das stärkste Gift vermag nichts gegen ihn auszurichten.«
Matuc schnaufte. »Das hätte ich mir denken können. Welche
Mittel bleiben dann noch?«
»Es könnte sein, dass ihn eine Enthauptung ein für alle Mal
auslöscht.« Heträl konnte nur raten, was einen lebenden Toten
tilgte.
»Natürlich!« Matuc klatschte in die Hände.
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