Fatales Vermächtnis
später zu Euch stoßen. Ihr werdet Euch selbst einlesen müssen.« Er verneigte sich wieder. »Solltet Ihr diesbezüglich Fragen haben, richtet sie an Alsa. Sie hilft gern.« Mit diesen Worten wandte sich Demön zum Gehen. Brahim betrat das Zimmer, das durchaus herrschaftlich zu nennen und nur mit feinsten Möbeln und Teppichen ausgestattet war. Es hing Kleidung in seiner Größe auf den Bügeln, und seine Koffer standen säuberlich aufgereiht neben dem Bett, in dem zwei Männer von seiner Statur übernachten konnten, ohne sich im Schlaf zu berühren. Es war besser als sein bisheriges Leben im Dienste von Elenja, Raspot und wie die Herrscher Borasgotans alle geheißen hatten. Er räumte seine Sachen ein, wusch sich auf die Schnelle und verlor dabei seine Müdigkeit. Die Neugierde hatte gesiegt, er wollte das ehemalige Theater erkunden. Also tauschte er die staubige Reisekleidung gegen frische und verließ die Unterkunft. Er streifte durch die Korridore, betrat den Vorstellungsraum und erkundete die Bühne, stieß in die Gewölbe darunter vor, fand den wunderschön angelegten Garten auf der Rückseite des Gebäudes,
wo Blumen, Büsche und Bäume in voller Pracht standen.
Die Blüten verströmten einen betörenden Geruch, und ein leises Plätschern führte ihn zu einem Springbrunnen. Brahim legte sich auf eine Bank in die Sonnen, schloss die Augen und genoss die Wärme - bis ein Schatten über ihn fiel.
Blinzelnd öffnete er die Lider und sah eine Frau, die er auf dreißig Jahre schätzte. Die in irdenen Farbtönen gehaltene Kleidung verriet nichts über ihre Herkunft, Brahim unterstellte ihr, dass sie aus Aldoreel kam. Die Haare waren dunkelbraun und reichten bis ans Kinn. »Ich grüße Euch«, sagte er und musste sich räuspern. Die Wärme hatte ihm den Hals ausgetrocknet.
»Ihr seid Brahim«, stellte sie fest, und es klang 1 unfreundlich. »Ich bin Valeria, und auch wenn Ihr nichts dafürkönnt, stelle ich fest, dass ich Euch nicht leiden kann.« Sie sah ihn aus dunkelgelben Augen an und schien auf eine Erwiderung zu warten.
»Das tut mir leid«, entgegnete er freundlich und richtete sich auf. »Gibt es einen Grund dafür? Habe ich Euren Platz am Teich besetzt, oder ist es einfach nur ein Gefühl?«
»Es ist ein Gefühl.« Valeria machte nicht den Eindruck, als wäre es ihr unangenehm, darüber zu sprechen; eher wirkte es, als sei es für sie eine Selbstverständlichkeit. »Mag sein, dass es sich wieder legt und wir die besten Freunde werden, doch ich zweifle daran.« Die gelben Augen schweiften über ihn. »Man sieht Euch an, dass Ihr ein Mann aus dem Norden seid: kräftig, ein langer Bart und die Hitze nicht gewohnt.«
Er wischte sich den frischen Schweiß unter den Augen weg. »Und Ihr verkriecht Euch gern in die Gewölbe, habe ich vernommen«, hielt er dagegen.
Valeria legte die rechte Hand an ihre schlanke Hüfte. »Nur Narren und Bauern halten sich in den prallen Sonnen auf.« Sie wandte sich um. »Es gibt Essen, soll ich ausrichten. Ihr seht zwar so aus, als würde Euch etwas weniger auf dem Teller nicht schaden, aber dennoch rufe ich Euch. Ich bete zu den Göttern, dass Ihr nicht schmatzt wie Ormut oder plappert wie Alsa. Bisher ist mir Wort ging sie davon. Ihr Kleid bestand auf dem Rücken au» ein
paar dünnen Schnüren, die den Stoff vorne festhielten. Es sah verlockend aus.
»Eine nette Dame«, murmelte er in seinen Bart und machte sich
auf ins Haus.
Er lief sehr lange, bis er im großen Speisesaal angelangt war
und auf die Bewohner der Universität traf.
Demön hatte ihnen wunderbar duftende Köstlichkeiten aufgetischt, die Brahim nicht kannte. Etwas anderes als borasgotanische Küche hatte sein Gaumen bislang nicht gekostet. Er setzte sich auf den freien Platz und sah sich in dem Saal um. Zahlreiche alte Gemälde hingen an den Wänden und zeigten Landschaften, Szenen aus Schaustücken und Künstler bei der Arbeit.
»Dieser Raum war einst als Foyer gedacht, in dem sich die Besucher der Vorstellungen in den Pausen aufhalten sollten«, erklärte Demön, während er das Essen verteilte. »Da es gleich neben der Küche liegt, haben wir es zu unserem Speisezimmer gemacht.«
Valeria setzte sich und goss sich Rotwein ein, Alsa hatte Wasser vor sich stehen, und Ormut bevorzugte es, Saft zu trinken. Brahim hatte man Bier kredenzt.
Das gemeinsame Mahl begann, bei dem Ormut wirklich laut schlürfte und Alsa unentwegt redete, ganz gleich ob es Wolken waren, die sie gesehen oder Dinge, welche sie
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