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Fauler Zauber

Fauler Zauber

Titel: Fauler Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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versetzen?
    Ich inspizierte das Anwesen mehr oder weniger gründlich, untersuchte Karls Gefängnis aber besonders sorgfältig. In dem Raum fand sich die wackelige Einrichtung, die zersprungene Waschschüssel, das schmierige Bettzeug und der überstrapazierte Pißpott, genau wie er berichtet hatte. Der Pißpott war besonders wichtig. Seine Existenz allein bedeutete vermutlich, daß ich entweder meinen Verdacht Junior gegenüber aufgeben oder mein Urteil über seine Intelligenz und schauspielerischen Fähigkeiten revidieren mußte. Sollte er diese Entführung wirklich vorgetäuscht haben, hatte er einen bemerkenswerten Sinn fürs Detail. Dies bedeutete, er hatte eine gründliche Inspektion erwartet, obwohl er gesund und munter nach Hause gekommen war. Was wiederum bedeutete …
    Verdammt, ich hatte keine Ahnung, was es bedeutete. Außer, daß ich vielleicht auf dem Holzweg war.
    Aber warum hatte Amiranda sterben müssen?
    Die Antwort darauf würde vermutlich den Grauschleier von der ganzen Sache wegziehen.
    Ich war mir der Tatsache bewußt, daß ich Amber gegenüber eine Verpflichtung hatte, und unterzog das Haus einer weiteren gründlichen Untersuchung. Diesmal ließ ich alle berufliche Sorgfalt walten, um ja nichts zu übersehen, ob das nun Spuren von einem vierhundert Pfund schweren Riesen mit Holzbein waren oder zweihunderttausend Goldtaler, die vielleicht im Brunnen versteckt waren. Tja. Ich zog mich aus, ließ mich in den Schacht runter und planschte im eiskalten Wasser herum, bis ich sicher war, daß ich dort keinen Goldschatz finden würde. Meine Flüche hätten das Wasser eigentlich zum Sieden bringen müssen, taten es aber nicht. Ich hab den Bogen wohl nicht raus.
    Nach vier Stunden hatte ich nur eine einzige Sache ausgegraben, die das Risiko einer Lungenentzündung wert gewesen wäre: Ein silbernes Zehntalerstück, das sich zwischen den Staubnocken an der Wand versteckt hatte, wo Juniors Decken auf einem Haufen lagen. Es sah neu aus, aber da es eine Tempelmünze war, hatte es keinen königlichen Datumsstempel. Ich würde schon den Tempel aufsuchen müssen, um herauszufinden, wann sie geprägt worden war.
    Aber die Münze brachte mich auf eine Idee. Und sie bereitete mir Magenschmerzen, weil ich nicht daran gedacht hatte, Junior einige Fragen mehr zu stellen, solange ich ihn noch auf dem Feuer gehabt hatte. Jetzt würde ich mir die Antworten auf die harte Tour holen müssen – auf dem Nachhauseweg. Das war zwar hart, aber die Auskünfte, die ich bekommen würde, standen dem wahrscheinlich in nichts nach.
    Die Sonne tauchte langsam zum westlichen Horizont ab. Sie würde sich wohl kaum an den Bergen festhaken. Ich hatte noch ein Gespräch vor mir, und wenn ich es hinter mir haben wollte, bevor die Werwölfe aus ihren Löchern kamen, um das listige Waldbison zu verfolgen, sollte ich allmählich in die Hufe kommen.
    Die Pferde hielten den Waffenstillstand ein. Sie spielten nicht mal Fangen mit mir, als ich ihnen das Geschirr wieder anlegte.
     
     

 
19. Kapitel
     
    Bei seiner Wegbeschreibung zur Hütte der Hexenfreundin hatte Eierkopf leider zu erwähnen versäumt, daß es keine Straße in der Nähe des Hexenhäuschens gab. Selbst einen Trampelpfad hätte ich nur gefunden, wenn ich durch bloßen Zufall darüber gestolpert wäre. Die Gegend hier stank fast nach der Warnung: ›Achtung, verwunschenes Waldhexenterritorium!‹ Jeder, der es schaffte, alle Hindernisse zu überwinden und bis zu ihr vorzudringen, hatte es verdient, was ihm dann blühte.
    Ich mußte den größten Teil des Weges zu Fuß bewältigen und führte das Gespann am Zügel. Sie hielten sich nur deshalb an den Waffenstillstand, weil sie genau wußten, daß sie meine Fähigkeiten als Fährtensucher für den Rückweg brauchten. Hatten wir erst wieder die Straße erreicht, waren alle Abmachungen null und nichtig.
    Die letzten hundert Meter waren gar nicht so schwierig. Der Boden wurde allmählich eben, und das Unterholz lichtete sich, als würde jemand jeden Tag den Wald maniküren. Die Wipfel der alten, hohen Bäume bildeten einen Baldachin, der den größten Teil der untergehenden Sonne schluckte. Eine Lampe in einer geöffneten Tür wies mir den Weg.
    Eine alte Dame mit rosigen Wangen und der Figur eines Apfels im Schlafrock wartete auf mich. Sie war ungefähr einsvierzig groß und gekleidet wie eine Bauernoma zu Weihnachten, bis hin zur bestickten Schürze. Unverhohlen sah sie zu mir herüber. Ich konnte ihrer Miene nicht entnehmen, was sie

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