Faulspiel (German Edition)
kannten, polarisiert. Entweder mochte man ihn oder man hasste ihn! Dazwischen gab es nichts.
Solange ich ihn kannte, habe ich ihn nur ein einziges Mal weinen sehen. Das war damals am Grab deiner Mutter. Davor und danach nie wieder. An Mias Tod wäre er bald zerbrochen. Es war eine unglaubliche Tragödie.“
„Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?“
„Wir studierten damals gemeinsam an der Universität in Heidelberg. Dein Vater hatte sich für ein Journalistik- und Publizistik-Studium entschieden. Ich hatte Betriebswirtschaftslehre und Jura belegt. Der Studienplan sah vor, dass die beiden Fakultäten bestimmte Vorlesungen gemeinsam abhielten, bei denen wir uns dann auch begegnet sind.
Ich erinnere mich nicht mehr genau daran, bei welcher Gelegenheit wir uns kennen gelernt haben. Vermutlich bei irgendeiner Veranstaltung, die vom AStA ausgerichtet wurde. Damals ging es bei diesen Partys immer hoch her.
Irgendwann haben wir uns angefreundet, was auch daran lag, dass wir jede Menge gleicher Interessen hatten. Dein Vater war als junger Mann sehr sportlich, und wir spielten gemeinsam in einer Fußballmannschaft.
Einige Jahre später, ich hatte gerade mein Studium abgebrochen, haben wir uns etwas aus den Augen verloren. Als mich jedoch die Legion nach Südfrankreich versetzt hatte, lebte der Kontakt wieder auf.“
„Warum hast du damals dein Studium eigentlich abgebrochen, und was hat dich zur Legion geführt?“
Robert betrachtete ihn interessiert. Er konnte sich wohl denken, dass sich etwas Außergewöhnliches ereignet haben musste, jedoch hatte er keine Ahnung, was wirklich geschehen war.
„Das ist eine lange Geschichte, und die gehört jetzt gerade auch nicht hierher. Ich werde sie dir einmal bei einer anderen Gelegenheit erzählen.
Ende der achtziger Jahre erfuhr ich das erste Mal, womit sich Marcel neben seiner täglichen journalistischen Arbeit beschäftigte. Gemeinsam mit einem französischen Journalisten recherchierte er wegen eines Betrugs- und Bestechungsskandals im französischen Fußball. Damals berichtete er mir ausführlich, was seiner Meinung nach im internationalen Profifußball an der Tagesordnung war.
Er sprach von Spiel- und Wettspielmanipulation und Bestechung. Dein Vater war der festen Überzeugung, dass es sich dabei um organisierte Kriminalität handeln müsse, in die auch hochrangige Personen involviert wären.
Anfangs hatte ich immer gedacht, dass er Gespenster sehe und sich da in eine Sache verrenne.
Doch einige Jahre später musste ich ihm zumindest zum Teil Recht geben.
Einer dieser Skandale wurde tatsächlich von ihm aufgedeckt, und es kam auch zur Verurteilung. Der damalige Präsident von Olympique Marseilles wurde, wenn ich mich richtig erinnere, zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Man konnte ihm beweisen, dass er Spiele gekauft und Spieler bestochen hatte.
Das schlug in den Medien ein wie eine Bombe. Die meisten Leute hielten derartige Manipulationen für unmöglich. Doch dein Vater hat sie alle eines Besseren belehrt.
Zu der Zeit bekam er auch seine ersten handfesten Drohungen.
Du warst gerade geboren, als er uns zusammen mit deiner Mutter hier in Cluny besuchte. Wir hatten herrliche Tage verlebt, bis es dann zu dem unglücklichen Unfall kam. Mia wollte eines Morgens für das gemeinsame Frühstück einkaufen und fuhr mit dem Wagen in den Ort. Auf dem Rückweg wurde ihr von einem LKW die Vorfahrt genommen. Der Wagen deiner Mutter war völlig zerquetscht. Ein paar Tage später verstarb sie dann im Krankenhaus. Der Fahrer des LKW war einfach weitergefahren, als wenn nichts geschehen wäre. Er wurde bis heute nicht gefasst.
Dein Vater war sich absolut sicher, dass es ein Auftragsmord war, konnte es aber nie beweisen.
Wir dachten alle, er würde daran zerbrechen. Es hat auch viele Jahre gedauert, bis er – zumindest teilweise – darüber hinwegkam. Er hat sich immer die Schuld an Mias Tod gegeben. Ihm selbst konnte niemand Angst machen, deshalb nahm er die Drohungen auch nicht sonderlich Ernst. Doch deine Mutter und du waren seine schwache Stelle. Deshalb hat er dich damals auch in unsere Obhut gegeben. Immer, wenn er Zeit hatte, kam er uns besuchen, natürlich um dich zu sehen und um zu erfahren, wie es dir ging. Er allein hat deine komplette Ausbildung bezahlt.
Kurz vor der Fußball-Europameisterschaft war er an einer großen Sache dran. Soweit er mir erzählt hat, stand er kurz davor, einen großen Skandal im europäischen Profifußball
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