Faulspiel (German Edition)

anschließend noch die ganze Nacht miteinander unterhalten. Val hatte ihm ihre komplette Lebensgeschichte erzählt. Davon, dass sie nachdem Selbstmord ihrer Mutter von ihrem Vater als Teenager auf die Straße gesetzt worden war, von diesem Igor, von ihrer Tätigkeit als Call-Girl und ihrer Flucht nach Venezuela. Von ihrer Suche nach einem neuen Leben und vor allen Dingen von Marcel Runge.
    Eigentlich hätte er jetzt eine Art von Triumph spüren müssen, doch er war weit entfernt davon.
    Der kluge Venezolaner hatte niemals auch nur einen Hauch von Eifersucht oder Missgunst verspürt. Ganz im Gegenteil gönnte er Valerie, nach all dem, was sie durchgemacht hatte, ihr Glück.
    Tage später erfuhr er von der Verhaftung des Deutschen. Dieser Burro hatte den Bogen überspannt und sich an ein junges Zimmermädchen herangemacht. Das Mädchen hatte Anzeige erstattet, und die Nachricht von seiner Verhaftung verbreitete sich wie ein Lauffeuer auf der Insel.
    Madras erinnerte sich noch gut an Valeries glücklichen Gesichtsausdruck, als er ihr die Nachricht überbracht hatte. Ihr Schicksal schien sich zum Guten zu wenden.
    Manche Dinge im Leben regelten sich halt von selbst!
    Und jetzt diese Katastrophe! Er fragte sich, wie er Val wieder aufbauen und ins Leben zurückholen könnte. Irgendwie musste er ihr ihren Lebensmut wieder zurückgeben. Keinesfalls durfte er sie jetzt allein lassen!
    Nachdem sie in Valeries kleinem Bungalow angekommen waren, gab er ihr nochmals zwei der Beruhigungspillen und legte sie auf ihr Bett. Sie starrte nur teilnahmslos an die Decke des gemütlichen Schlafzimmers. Immer noch rannen ihr Tränen über das hübsche Gesicht.
    Madras fluchte vor sich hin, als er das Leid sah, das diese Frau durchmachen musste, für die er so viel empfand. Er selbst spürte den Schmerz, den Valerie in ihrer Seele empfand, körperlich.
    Das Leben spielte manchmal ein verrücktes Spiel und war in vielerlei Hinsicht unverständlich und ungerecht. Doch er glaubte fest daran, was auch immer passierte und welches Schicksal die Menschen auch zu erleiden hatten, dass alles seinen tieferen Sinn haben würde.
    Madras war ein sehr gläubiger Mann und davon überzeugt, dass Gott alles steuerte und am Ende seine Gerechtigkeit siegte, auch wenn das für den Menschen meistens zunächst nicht nachvollziehbar und nicht zu begreifen war.
    Er hockte sich auf den Rand des Bettes und fing leise an zu beten. Er betete nicht für sich selbst, sondern für die Frau, die neben ihm lag und dieses entsetzliche Leid erfahren musste. Er betete zu dem Gott, an den er so fest glaubte und dafür, dass Valerie das Glück finden sollte, das ihr nach seiner Überzeugung zustand.

    Der Seminarraum befand sich in einem Seitentrakt des BKA-Gebäudes in Wiesbaden, und die dort hinter verschlossenen Türen geführte Besprechung dauerte nun schon seit Stunden an.
    Hans Wolf hatte die Leitung des Meetings übernommen.
    Ziel war, eine Sonderkommission zu bilden, um Vladimir Bako über Zielfahndungsaktionen ausfindig zu machen und zu verhaften. Die letzten Informationen, die Wolf vorlagen, waren, dass Bako von Lissabon aus nach Dubai geflüchtet war. Seine letzte Spur, die er hinterlassen hatte, fanden die Fahnder, die ihm folgten, über die Videoaufnahme einer Überwachungskamera beim Einreise-Zoll in Dubai.
    Ab hier verlor sich seine Fährte. Bako war wie vom Erdboden verschwunden.
    Die Beamten waren sich sicher, dass das kleine Emirat nur eine Durchgangsstation war. Hans Wolf hatte zuvor alle beteiligtenBeamten akribisch ausgewählt. Noch solch eine Hiobsbotschaft von einem korrupten Fahnder wie im Fall Lahme wollte er kein zweites Mal hinnehmen.
    Die Sonderkommission „Albaner“ bestand aus zwanzig Beamten, die Leitung der Gruppe hatte Hans Wolf persönlich übernommen. Er wollte damit auch erreichen, dass alle Informationen und Fahndungsergebnisse über seinen Schreibtisch liefen. Nichts durfte übersehen werden, selbst der kleinste Hinweis konnte sie wieder auf Bakos Spur führen.
    Die Aktionen der Fahnder waren verankert in der Polizeidienstvorschrift 384, die die gezielte, besonders intensive, operative Suche nach Kapitalverbrechern beinhaltete. Anfangs glich die Fahndung einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Zunächst wurden Persönlichkeitsprofile von den gesuchten Personen erstellt. Dabei fanden besonders die Vorlieben der Straftäter Berücksichtigung. Alles war wichtig, Urlaube, Kontaktpersonen, eventuelle Spielsucht oder sonstige