Faulspiel (German Edition)
Uhr haben wir Freizeit.“
„Das hört sich gut an, ich hole dich dann um 20.30 Uhr an eurem Hotel ab. Ist es bei dem Hotel Seeblick geblieben?“
„Ja, natürlich“, antwortete Max, „es liegt direkt am Bieler See.“
„Ich weiß, ich kenne das Hotel, es ist ein sehr schönes Haus, mit einer ausgesprochen guten Küche!“
Runge hatte vor Mias Tod einmal ein Wochenende mit ihr in diesem Hotel verbracht. Der Gedanke daran ließ bei ihm alte Wunden wieder aufbrechen, von denen er glaubte, dass sie längst verheilt wären!
„Okay, wir sehen uns dann morgen Abend. Fahr bitte vorsichtig!“
Max legte auf und ließ Marcel Runge allein mit seinen Gedanken an Mia und an die Vergangenheit. Runge hatte Mias Warnungen immer vom Tisch gewischt. Nicht, dass er sie nicht ernst genommen hätte, eher lag es daran, dass er die Gefahr nicht so deutlich gespürt hatte, wie Mia sie wahrgenommen hatte.
Sie hatte ihn immer in seiner Arbeit unterstützt und ihm geholfen, so gut sie konnte; sie hatte ihn sogar immer wieder ermutigt, wenn seine Nachforschungen nicht ausreichten, um einen Fall, an dem er arbeitete, aufzudecken. Als dann die ersten massiven Bedrohungen kamen, bat sie ihn darum, einen sicheren Platz für sie und den kleinen Robert zu finden. Er dachte immer, Cluny sei sicher genug. Aber da hatte er sich offensichtlich gewaltig geirrt!
Bis zu dem Tag, an dem der Unfall geschah, hatte er immer felsenfest daran geglaubt, dass man seine Familie in Ruhe lassen würde. Aber dem war dann leider nicht so, und Mia musste bitter für seine Fehleinschätzung bezahlen!
Lange Zeit nach ihrem Tod war er zerfressen von Selbstmitleid und Schuldgefühlen. Er hätte sie schon früher in Sicherheit bringen müssen! Jean Pierre hatte ihn wieder aufgerichtet und auf den richtigen Weg gebracht. Er schwor sich damals, die Mörder Mias und deren Hintermänner zur Strecke zu bringen! Seitdem wurde er unaufhaltsam von diesem Gedanken getrieben, der wie ein schmerzender Stachelin seinem Fleisch saß, und ihn manchmal Nächte lang nicht schlafen und zur Ruhe kommen ließ.
Nun näherte er sich der Lösung der Aufgabe, die bislang sein Leben bestimmt hatte!
Jean Pierre hatte diesen gesamten Machenschaften einen Namen gegeben: panem et circenses, Brot und Spiele. Ein Phänomen, das die alten Römer entwickelt und erdacht hatten, um die Volksmassen zu manipulieren. Die römischen Cäsaren und Senatoren hatten schon eine feine Nase dafür entwickelt, was für die Bevölkerung des alten Rom am wichtigsten war. Brot und Spiele! Essen und Zerstreuung! Gib dem Volk Idole und mache ihre Bäuche voll, das lenkt sie ab von ihren alltäglichen Problemen und macht sie gefügig und folgsam! Kein römisches Staatsoberhaupt, kein Kaiser konnte es sich leisten, die Plebejer in Aufruhr geraten zu lassen. Erstmals wurden diese Worte von dem römischen Dichter Juvenal geprägt: „Populum romanum duabus praecipue rebus, annona et spectaculis, teneri!“ Das bedeutet ungefähr, dass sich das römische Volk nur durch zwei Dinge im Bann halten ließ: Getreide und Schauspiele.
Jean Pierre hatte alles auf diese einfache Formel, Brot und Spiele‘ gebracht! Lass sie nur lange genug um das Goldene Kalb tanzen, dann verlieren sie den Blick für die Realität und das Wesentliche! Panem et circenses, aber so einfach, wie sein Freund Jean Pierre aus Cluny es sah, war es für Marcel Runge schon lange nicht mehr. Dieser alte Gedanke der Römer war nach seiner Meinung mutiert zu einem abartigen Virus, der nur getrieben wurde von Geldgier, Machtbesessenheit und dem Ziel, die moralischen Grundfesten der Menschen zu erschüttern.
Einstige Ziele des fairen sportlichen Wettkampfes, wie er in der Antike von den Griechen vor knapp 2800 Jahren manifestiert wurde, wurden missbraucht für korrupte Machenschaftenvon kranken und kriminellen Charakteren, die unsere Gesellschaft hervorgebracht hatte.
Oder sie wurden benutzt von Politikern, die unpopuläre Entscheidungen treffen wollten oder mussten. So zum Beispiel während des so genannten Sommermärchens! Während der WM 2006 in Deutschland nutzte die deutsche Bundesregierung das Fußballspektakel, um die umfangreichste Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik auf den Weg zu bringen. Bei der Gelegenheit wurden nicht nur die Mehrwertsteuer und Versicherungssteuer erhöht, sondern es gab auch noch eine Fülle von Einschränkungen und Kürzungen in den unterschiedlichsten Bereichen!
Und welchen menschenverachtenden
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