Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
Vom Netzwerk:
wundersam aus vielen einsgewordnen Burg,
  Den Herrn erfragend fürstlicher Hochbegrüßung halb.
  Doch sieh, dort oben regt in Menge sich allbereits,
  In Galerien, am Fenster, in Portalen rasch
  Sich hin und her bewegend, viele Dienerschaft;
  Vornehm-willkommnen Gastempfang verkündet es.
      CHOR:
  Aufgeht mir das Herz! o, seht nur dahin,
  Wie so sittig herab mit verweilendem Tritt
  Jungholdeste Schar anständig bewegt
  Den geregelten Zug. Wie! auf wessen Befehl
  Nur erscheinen, gereiht und gebildet so früh,
  Von Jünglingsknaben das herrliche Volk?
  Was bewundr' ich zumeist? Ist es zierlicher Gang,
  Etwa des Haupts Lockhaar um die blendende Stirn,
  Etwa der Wänglein Paar, wie die Pfirsiche rot
  Und eben auch so weichwollig beflaumt?
  Gern biss' ich hinein, doch ich schaudre davor;
  Denn in ähnlichem Fall, da erfüllte der Mund
  Sich, gräßlich zu sagen! mit Asche.
  Aber die schönsten,
  Sie kommen daher;
  Was tragen sie nur?
  Stufen zum Thron,
  Teppich und Sitz,
  Umhang und zelt-+
  Artigen/ Schmuck;
  über überwallt er,
  Wolkenkränze bildend,
  Unsrer Königin Haupt;
  Denn schon bestieg sie
  Eingeladen herrlichen Pfühl.
  Tretet heran,
  Stufe für Stufe
  Reihet euch ernst.
  Würdig, o würdig, dreifach würdig
  Sei gesegnet ein solcher Empfang!
      CHORFÜHRERIN:
  Wenn diesem nicht die Götter, wie sie öfter tun,
  Für wenige Zeit nur wundernswürdige Gestalt,
  Erhabnen Anstand, liebenswerte Gegenwart
  Vorübergänglich liehen, wird ihm jedesmal,
  Was er beginnt, gelingen, sei's in Männerschlacht,
  So auch im kleinen Kriege mit den schönsten Fraun.
  Er ist fürwahr gar vielen andern vorzuziehn,
  Die ich doch auch als hochgeschätzt mit Augen sah.
  Mit langsam-ernstem, ehrfurchtsvoll gehaltnem Schritt
  Seh' ich den Fürsten; wende dich, o Königin!
      FAUST:
  Statt feierlichsten Grußes, wie sich ziemte,
  Statt ehrfurchtsvollem Willkomm bring' ich dir
  In Ketten hart geschlossen solchen Knecht,
  Der, Pflicht verfehlend, mir die Pflicht entwand.
  Hier kniee nieder, dieser höchsten Frau
  Bekenntnis abzulegen deiner Schuld.
  Dies ist, erhabne Herrscherin, der Mann,
  Mit seltnem Augenblitz vom hohen Turm
  Umherzuschaun bestellt, dort Himmelsraum
  Und Erdenbreite scharf zu überspähn,
  Was etwa da und dort sich melden mag,
  Vom Hügelkreis ins Tal zur festen Burg
  Sich regen mag, der Herden Woge sei's,
  Ein Heereszug vielleicht; wir schützen jene,
  Begegnen diesem. Heute, welch Versäumnis!
  Du kommst heran, er meldet's nicht; verfehlt
  Ist ehrenvoller, schuldigster Empfang
  So hohen Gastes. Freventlich verwirkt
  Das Leben hat er, läge schon im Blut
  Verdienten Todes; doch nur du allein
  Bestrafst, begnadigst, wie dir's wohlgefällt.
      HELENA:
  So hohe Würde, wie du sie vergönnst,
  Als Richterin, als Herrscherin, und wär's
  Versuchend nur, wie ich vermuten darf—
  So üb' nun des Richters erste Pflicht,
  Beschuldigte zu hören. Rede denn.
      TURMWÄRTER LYNKEUS:
  Laß mich knieen, laß mich schauen,
  Laß mich sterben, laß mich leben,
  Denn schon bin ich hingegeben
  Dieser gottgegebnen Frauen.
  Harrend auf des Morgens Wonne,
  östlich spähend ihren Lauf,
  Ging auf einmal mir die Sonne
  Wunderbar im Süden auf.
  Zog den Blick nach jener Seite,
  Statt der Schluchten, statt der Höhn,
  Statt der Erd- und Himmelsweite
  Sie, die Einzige, zu spähn.
  Augenstrahl ist mir verliehen
  Wie dem Luchs auf höchstem Baum;
  Doch nun mußt' ich mich bemühen
  Wie aus tiefem, düsterm Traum.
  Wüßt' ich irgend mich zu finden?
  Zinne? Turm? geschloßnes Tor?
  Nebel schwanken, Nebel schwinden,
  Solche Göttin tritt hervor!
  Aug' und Brust ihr zugewendet,
  Sog ich an den milden Glanz;
  Diese Schönheit, wie sie blendet,
  Blendete mich Armen ganz.
  Ich vergaß des Wächters Pflichten,
  Völlig das beschworne Horn;
  Drohe nur, mich zu vernichten—
  Schönheit bändigt allen Zorn.
      HELENA:
  Das übel, das ich brachte, darf ich nicht
  Bestrafen. Wehe mir! Welch streng Geschick
  Verfolgt mich, überall der Männer Busen
  So zu betören, daß sie weder sich
  Noch sonst ein Würdiges verschonten. Raubend jetzt,
  Verführend, fechtend, hin und her entrückend,
  Halbgötter, Helden, Götter, ja

Weitere Kostenlose Bücher