Faust: Der Tragödie zweiter Teil
vernehmlich Ja!
Sogleich umgeb' ich dich mit jener Burg. +
CHOR:
O sprich
Das kurze Wort und rette dich und uns zugleich!
HELENA:
Wie? sollt' ich fürchten, daß der König Menelas
So grausam sich verginge, mich zu schädigen?
PHORKYAS:
Hast du vergessen, wie er deinen Deiphobus,
Des totgekämpften = paris Bruder, unerhört
Verstümmelte, der starrsinnig Witwe dich erstritt
Und glücklich kebste? Nas' und Ohren schnitt er ab
Und stümmelte mehr so: Greuel war es anzuschaun.
HELENA:
Das tat er jenem, meinetwegen tat er das.
PHORKYAS:
Um jenes willen wird er dir das gleiche tun.
Unteilbar ist die Schönheit; der sie ganz besaß,
Zerstört sie lieber, fluchend jedem Teilbesitz.
Wie scharf der Trompete Schmettern Ohr und Eingeweid'
Zerreißend anfaßt, also krallt sich Eifersucht
Im Busen fest des Mannes, der das nie vergißt,
Was einst er besaß und nun verlor, nicht mehr besitzt.
CHOR:
Hörst du nicht die Hörner schallen? siehst der Waffen Blitze nicht?
PHORKYAS:
Sei willkommen, Herr und König, gerne geb' ich Rechenschaft.
CHOR:
Aber wir? +
PHORKYAS:
Ihr wißt es deutlich, seht vor Augen ihren Tod,
Merkt den eurigen da drinne: nein, zu helfen ist euch nicht.
HELENA:
Ich sann mir aus das Nächste, was ich wagen darf.
Ein Widerdämon bist du, das empfind' ich wohl
Und fürchte, Gutes wendest du zum Bösen um.
Vor allem aber folgen will ich dir zur Burg;
Das andre weiß ich; was die Königin dabei
Im tiefen Busen geheimnisvoll verbergen mag,
Sei jedem unzugänglich. Alte, geh voran!
CHOR:
O wie gern gehen wir hin,
Eilenden Fußes;
Hinter uns Tod,
Vor uns abermals
Ragender Feste
Unzugängliche Mauer.
Schütze sie ebenso gut,
Eben wie Ilios' Burg,
Die doch endlich nur
Niederträchtiger List erlag.
Wie? aber wie?
Schwestern, schaut euch um!
Was es nicht heiterer Tag?
Nebel schwanken streifig empor
Aus Eurotas' heil'ger Flut;
Schon entschwand das liebliche
Schilfumkränzte Gestade dem Blick;
Auch die frei, zierlich-stolz
Sanfthingleitenden Schwäne
In gesell'ger Schwimmlust
Seh' ich, ach, nicht mehr!
Doch, aber doch
Tönen hör' ich sie,
Tönen fern heiseren Ton!
Tod verkündenden, sagen sie.
Ach daß uns er nur nicht auch,
Statt verheißener Rettung Heil,
Untergang verkünde zuletzt;
Uns, den Schwangleichen, Lang-+
Schön-Weißhalsigen,/ und ach!
Unsrer Schwanerzeugten.
Weh uns, weh, weh!
Alles deckte sich schon
Rings mit Nebel umher.
Sehen wir doch einander nicht!
Was geschieht? gehen wir?
Schweben wir nur
Trippelnden Schrittes am Boden hin?
Siehst du nichts? Schwebt nicht etwa gar
Hermes voran? Blinkt nicht der goldne Stab
Heischend, gebietend uns wieder zurück
Zu dem unerfreulichen, grautagenden,
Ungreifbarer Gebilde vollen,
überfüllten, ewig leeren Hades?
Ja auf einmal wird es düster, ohne Glanz entschwebt der Nebel
Dunkelgräulich, mauerbräunlich. Mauern stellen sich dem Blicke,
Freiem Blicke starr entgegen. Ist's ein Hof? ist's tiefe Grube?
Schauerlich in jedem Falle! Schwestern, ach! wir sind gefangen,
So gefangen wie nur je.
Innerer Burghof
CHORFÜHRERIN:
Vorschnell und töricht, echt wahrhaftes Weibsgebild!
Vom Augenblick abhängig, Spiel der Witterung,
Des Glücks und Unglücks! Keins von beiden wißt ihr je
Zu bestehn mit Gleichmut. Eine widerspricht ja stets
Der andern heftig, überquer die andern ihr;
In Freud' und Schmerz nur heult und lacht ihr gleichen Tons.
Nun schweigt! und wartet horchend, was die Herrscherin
Hochsinnig hier beschließen mag für sich und uns.
HELENA:
Wo bist du, Pythonissa? heiße, wie du magst;
Aus diesen Gewölben tritt hervor der düstern Burg.
Gingst etwa du, dem wunderbaren Heldenherrn
Mich anzukündigen, Wohlempfang bereitend mir,
So habe Dank und führe schnell mich ein zu ihm;
Beschluß der Irrfahrt wünsch' ich. Ruhe wünsch' ich nur.
CHORFÜHRERIN:
Vergebens blickst du, Königin, allseits um dich her;
Verschwunden ist das leidige Bild, verblieb vielleicht
Im Nebel dort, aus dessen Busen wir hieher,
Ich weiß nicht wie, gekommen, schnell und sonder Schritt.
Vielleicht auch irrt sie zweifelhaft im Labyrinth
Der
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