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Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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erbarmst.
      PHORKYAS:
  Habt ihr Geduld, des Vortrags langgedehnten Zug
  Still anzuhören? Mancherlei Geschichten sind's.
      CHOR:
  Geduld genug! Zuhörend leben wir indes.
      PHORKYAS:
  Dem, der zu Hause verharrend edlen Schatz bewahrt
  Und hoher Wohnung Mauern auszukitten weiß,
  Wie auch das Dach zu sichern vor des Regens Drang,
  Dem wird es wohlgehn lange Lebenstage durch;
  Wer aber seiner Schwelle heilige Richte leicht
  Mit flüchtigen Sohlen überschreitet freventlich,
  Der findet wiederkehrend wohl den alten Platz,
  Doch umgeändert alles, wo nicht gar zerstört.
      HELENA:
  Wozu dergleichen wohlbekannte Sprüche hier?
  Du willst erzählen; rege nicht an Verdrießliches.
      PHORKYAS:
  Geschichtlich ist es, ist ein Vorwurf keineswegs.
  Raubschiffend ruderte Menelas von Bucht zu Bucht,
  Gestad' und Inseln, alles streift' er feindlich an,
  Mit Beute wiederkehrend, wie sie drinnen starrt.
  Vor Ilios verbracht' er langer Jahre zehn;
  Zur Heimfahrt aber weiß ich nicht wie viel es war.
  Allein wie steht es hier am Platz um Tyndareos'
  Erhabnes Haus? wie stehet es mit dem Reich umher?
      HELENA:
  Ist dir denn so das Schelten gänzlich einverleibt,
  Daß ohne Tadeln du keine Lippe regen kannst?
      PHORKYAS:
  So viele Jahre stand verlassen das Talgebrig,
  Das hinter Sparta nordwärts in die Höhe steigt,
  Taygetos im Rücken, wo als muntrer Bach
  Herab Eurotas rollt und dann, durch unser Tal
  An Rohren breit hinfließend, eure sChwäne nährt.
  Dort hinten still im Gebirgtal hat ein kühn Geschlecht
  Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht,
  Und unersteiglich feste Burg sich aufgetürmt,
  Von da sie Land und Leute placken, wie's behagt.
      HELENA:
  Das konnten sie vollführen? Ganz unmöglich scheint's.
      PHORKYAS:
  Sie hatten Zeit, vielleicht an zwanzig Jahre sind's.
      HELENA:
  Ist einer Herr? sind's Räuber viel, verbündete?
      PHORKYAS:
  Nicht Räuber sind es, einer aber ist der Herr.
  Ich schelt' ihn nicht, und wenn er schon mich heimgesucht.
  Wohl konnt' er alles nehmen, doch begnügt' er sich
  Mit wenigen Freigeschenken, nannt' er's, nicht Tribut.
      HELENA:
  Wie sieht er aus? +
      PHORKYAS:
  Nicht übel! mir gefällt er schon.
  Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter,
  Wie unter Griechen wenig', ein verständ'ger Mann.
  Man schilt das Volk Barbaren, doch ich dächte nicht,
  Daß grausam einer wäre, wie vor Ilios
  Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies.
  Ich acht' auf seine Großheit, ihm vertraut' ich mich.
  Und seine Burg! die solltet ihr mit Augen sehn!
  Das ist was anderes gegen plumpes Mauerwerk,
  Das eure Väter, mir nichts dir nichts, aufgewälzt,
  Zyklopisch wie Zyklopen, rohen Stein sogleich
  Auf rohe Steine stürzend; dort hingegen, dort
  Ist alles senk- und waagerecht und regelhaft.
  Von außen schaut sie! himmelan sie strebt empor,
  So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl.
  Zu klettern hier—ja selbst der Gedanke gleitet ab.
  Und innen großer Höfe Raumgelasse, rings
  Mit Baulichkeit umgeben, aller Art und Zweck.
  Da seht ihr Säulen, Säulchen, Bogen, Bögelchen,
  Altane, Galerien, zu schauen aus und ein,
  Und Wappen. +
      CHOR:
  Was sind Wappen? +
      PHORKYAS:
  Ajax führte ja
  Geschlungene Schlang' im Schilde, wie ihr selbst gesehn.
  Die Sieben dort vor Theben trugen Bildnerein
  Ein jeder auf seinem Schilde, reich bedeutungsvoll.
  Da sah man Mond und Stern' am nächtigen Himmelsraum,
  Auch Göttin, Held und Leiter, Schwerter, Fackeln auch,
  Und was Bedrängliches guten Städten grimmig droht.
  Ein solch Gebilde führt auch unsre Heldenschar
  Von seinen Ur-Urahnen her in Farbenglanz.
  Da seht ihr Löwen, Adler, Klau' und Schnabel auch,
  Dann Büffelhörner, Flügel, Rosen, Pfauenschweif,
  Auch Streifen, gold und schwarz und silbern, blau und rot.
  Dergleichen hängt in Sälen Reih' an Reihe fort.
  In Sälen, grenzenlosen, wie die Welt so weit;
  Da könnt ihr tanzen! +
      CHOR:
  Sage, gibt's auch Tänzer da?
      PHORKYAS:
  Die besten! goldgelockte, frische Bubenschar.
  Die duften Jugend! Paris duftete einzig so,
  Als er der Königin zu nahe kam. +
      HELENA:
  Du fällst
  Ganz aus der Rolle; sage mir das letzte Wort!
      PHORKYAS:
  Du sprichst das letzte, sagst mit Ernst

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