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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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kennengelernt. Hoover zeigte auf, was sie über die amerikanische Führungsriege dachten und wie sie die Fähigkeiten der aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten für die Wahl von 1960 bewerteten. Moskau schätzte Eisenhower: Er wusste, was Krieg bedeutet, und war bereit, Wagnisse einzugehen, wenn die Aussicht auf Frieden bestand. Für die Demokraten hatten sie weniger übrig: Senator John F. Kennedy wurde als »unerfahren« und Senator Lyndon B. Johnson als »Reaktionär« bezeichnet. Und was Nixon betraf – die Kommunisten hielten ihn für das Präsidentenamt geeignet, wenn er auch »durchtrieben« und »ehrgeizig« sei. Die Nachbesprechungen der Operation Solo zeigten Nixon, dass ein vernünftiger Diskurs mit Moskau möglich war; ein Jahrzehnt später als Präsident war ihm dieses Wissen sehr nützlich, als er ein harmonisches Verhältnis zu den Sowjets anstrebte.
    Bei einem Staatsbankett am 15. September 1959, zu dem Präsident Eisenhower ins Weiße Haus geladen hatte, machte Nixon Hoover persönlich mit Chruschtschow bekannt. Der mit einem Orden dekorierte Chruschtschow litt noch unter dem Jetlag. Nixon, der sich schon auf seine Präsidentschaftskandidatur vorbereitete, gab sich formell und salbungsvoll; Hoover spitzte die Ohren, als der Dolmetscher übersetzte.
    »Als ich ihm Hoover vorstellte, horchte er sofort auf und sagte: ›Ich glaube, wir haben gemeinsame Bekannte‹«, erinnerte sich Nixon. »Ich denke, das war eine sehr scharfsinnige Bemerkung Chruschtschows: ›Wir haben gemeinsame Bekannte, also vertrauen Sie niemandem.‹« [320]  
    Einer ihrer gemeinsamen Bekannten war Morris Childs. Childs kehrte in der Woche nach dem Staatsbankett im Weißen Haus mit Chruschtschow nach Moskau zurück.
    Hoover hielt sich an den weisen Ratschlag des mächtigsten Kommunisten der Welt – »Vertrauen Sie niemandem« –, als er sich auf das Ende der Eisenhower-Ära und die Wahl des nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten einstellte.

26
    Unmoralisches Verhalten
    Hoover gab eine umfassende Überprüfung der FBI-Akten über John F. Kennedy in Auftrag, als sich abzeichnete, dass der Senator die Nominierung bei den Demokraten gewinnen würde. Den Sieg verdankte er dem aufwendigen und kostspieligen Wahlkampf seines Bruders Robert, finanziert von seinem Vater Joseph.
    Joe Kennedy war ein alter Kumpel Hoovers: Der mehrere hundert Millionen Dollar schwere, rücksichtslose Geschäftsmann war ein notorischer Schürzenjäger und erbitterter Kämpfer gegen den Kommunismus. Ihre Freundschaft hatte gehalten – trotz Hoovers Weigerung, gegen ein Jahresgehalt von 100000 Dollar die Sicherheitsinteressen der Familie Kennedy zu vertreten.
    Auch Robert Kennedy hatte Hoover bereits kennengelernt. Die beiden waren sich mindestens drei Mal im Zusammenhang mit Kennedys Funktion als leitender Vernehmungsbeamter im Rackets Committee des Senats von 1957 bis 1959 begegnet. Während der Anhörungen dieses Ausschusses über das organisierte Verbrechen kam es zu einer dramatischen Auseinandersetzung zwischen Kennedy und dem Boss der Mafia von Chicago, Sam Giancana. Der Mafioso berief sich mit einem Kichern in Richtung Kennedy auf den Fünften Verfassungszusatz. Kennedy schoss zurück: »Ich dachte eigentlich, nur kleine Mädchen kichern, Mr Giancana.«
    Hoover empfand das Rackets Committee als Konkurrenz und genoss die Momente, in denen Kennedy aus Unerfahrenheit und Übereifer ins Schleudern kam. Im März 1959 erhob Kennedy einen Vorwurf, den er nicht beweisen konnte: dass nämlich ein Hauptzeuge Geld für Senator Kennedys Präsidentschaftswahlkampf angeboten habe, wenn er dafür im Ausschuss geschont würde. »Das kommt davon, wenn sich der verlorene Sohn zu weit von zu Hause und von Papa fortwagt«, höhnte Hoover in einer Anmerkung zu einem internen FBI-Bericht über Robert Kennedy und das Rackets Committee. [321]  
    Hoover hatte sich eigentlich nicht mit der Mafia befassen wollen, obwohl es mittlerweile ein offenes Geheimnis war, dass sie im politischen und wirtschaftlichen Leben des Landes eine Rolle spielte. 1959 waren in New York über 400 FBI-Agenten für die kommunistische Bedrohung zuständig, aber nur vier für die Mafia. Hoover hatte argumentiert, für die Strafverfolgung von organisierter Kriminalität und räuberischer Erpressung seien einzelstaatliche und lokale Polizeibehörden zuständig. Er war der Meinung, Ermittlungen gegen die Mafia könnten das Risiko in sich bergen, dass Agenten bestochen und

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