FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Weisungen entgegennehmen – und konnte nicht über dessen Kopf hinweg entscheiden.« [339]
Aber Hoover dachte nicht daran, sich von einem überheblichen jungen Mann, der außer beim Präsidentschaftswahlkampf seines Bruders noch nie eine verantwortliche Position innegehabt hatte, Vorschriften machen zu lassen.
Nach Hoovers Ansicht »versuchte Bobby, das FBI zu übernehmen, die Führung an sich zu reißen und es zu verwässern«, so Deke De- Loach, ein enger Berater des FBI-Direktors. »Er versuchte, den ganzen Apparat nach seinen Vorstellungen umzugestalten, aber er hatte weder die Erfahrung noch den nötigen Respekt, um über solche Dinge zu verfügen.« [340]
Der fünfunddreißigjährige Robert F. Kennedy war 1925 geboren, nur Wochen nachdem Hoover beim FBI das Kommando übernommen hatte. Er hatte weder um das Amt des Justizministers ersucht, noch war er die erste Wahl seines Bruders gewesen. Aber seine Ernennung folgte einer Logik. Bereits die beiden Vorgänger John F. Kennedys hatten ihren Wahlkampfmanager zum Justizminister befördert. Das Amt hatte sich zu einem politischen Posten entwickelt, der vor allem Loyalität erforderte. Und diese Voraussetzung brachte Robert Kennedy mit. Außerdem entsprach es dem Wunsch ihres Vaters, dessen Millionen den Wahlsieg ermöglicht hatten. Hoover hatte seinem alten Freund Joe Kennedy gesagt, er befürworte Roberts Ernennung, was er im Nachhinein bereute. [341]
Der Präsident und der Justizminister bemühten sich zu Anfang, Hoover respektvoll und höflich zu begegnen, was ihnen nicht leichtfiel. John F. Kennedy hatte gedacht, es würde reichen, Hoover gelegentlich zu einem privaten Mittagessen ins Weiße Haus einzuladen. »Wir taten es nur, um ihn bei Laune zu halten«, sagte Robert F. Kennedy. »Für uns zählte, dass er zufrieden war und auf seinem Posten blieb, denn er war ein Symbol – und der Präsident hatte doch so knapp gewonnen.« [342]
Aber ein paarmal im Jahr im Weißen Haus zu essen genügte nicht. Nichts war je genug. Fast alles, war Robert Kennedy tat, erzürnte Hoover. Sein Vergehen war gravierend. »Er beleidigte das FBI«, so Robert F. Kennedys Stellvertreter im Justizministerium, Nicholas Katzenbach. [343]
»Wir wissen nicht, was zu tun ist«
Die ungelösten Probleme mit Fidel Castro und Rafael Trujillo führten zur ersten Konfrontation zwischen Hoover und Robert Kennedy.
Am 16. Februar 1961, in der vierten Amtswoche der neuen Regierung, unterzeichnete Justizminister Kennedy Weisungen, die zur Aufdeckung der politischen Korruption dienten, die das Regime zur Machterhaltung betrieben hatte. Die ersten von insgesamt 582 Telefonüberwachungen und fast 800 Wanzen, zu denen das FBI während Kennedys Präsidentschaft ermächtigt wurde, kamen zum Einsatz.
Das FBI hörte das Kongressbüro von Harold Cooley ab, dem Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses des Repräsentantenhauses, die Wohnung des Ausschusssekretärs, die Botschaft und die Konsulate der Dominikanischen Republik sowie die Anwaltskanzleien von Trujillos Lobbyisten. Soweit aus den Akten ersichtlich, war dies das erste Mal seit der Regierung Harding, dass ein Justizminister die Telefonüberwachung eines Kongressabgeordneten angeordnet hatte.
Dann aber stoppte Robert F. Kennedy die Ermittlungen, weil sie seine eigenen Interessen gefährdeten. Kongressabgeordnete, Senatoren und Kennedy politisch nahestehende Lobbyisten konnten davon betroffen sein, der Großteil von ihnen konservative Demokraten – politische Strippenzieher, die die Kennedys brauchten, um den Kongress auf Kurs zu halten. Der Einzige, gegen den in diesem Zusammenhang je eine Anklage erhoben wurde, war der Klatschkolumnist Igor Cassini, ein Freund der Kennedy-Familie und Bruder von Jackie Kennedys Lieblingsmodeschöpfer, ein Partylöwe und bezahlter Lockvogel Trujillos. Und die Fakten für diesen Fall lieferte nicht das FBI, sondern ein Enthüllungsjournalist. Robert Kennedy nannte die Trujillo-Untersuchung später den »unangenehmsten« Fall, mit dem er sich je zu befassen hatte, und ordnete ihn damit ganz oben ein. Sie sei »die einzige Untersuchung, die ich abgebrochen habe, seit ich Justizminister bin«. [344]
Nachdem der Generalissimus in der Nacht zum 30. Mai 1961 außerhalb seiner Hauptstadt in einem Hinterhalt von seinen Gegnern ermordet worden war, blies Kennedy das Ganze ab. Die moralische Unterstützung durch die Vereinigten Staaten reichte nicht aus, um zwölf der insgesamt 14
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