FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Nachrichtendienst aufzubauen, traf er mit dutzenden Königen, Prinzen, Emiren und anderen Staatschefs zusammen. Das FBI konnte jetzt die uneingeschränkte Führungsrolle übernehmen, wenn Amerikaner im Ausland von Terroristen getötet wurden. Freeh persönlich übernahm das Kommando bei den Ermittlungen zu dem Bombenanschlag vom 25. Juni 1996 auf die Khobar Towers im saudischen Dhahran am Persischen Golf.
Neunzehn amerikanische Soldaten waren getötet, 372 verwundet worden, als ein mit Sprengstoff gefüllter Tanklaster vor den Khobar Towers, einem siebenstöckigen Wohnkomplex, explodierte. Die Bombe war etwas größer als die des Anschlags in Oklahoma City. Die Toten waren Angehörige des 4404th Fighter Wing, der von der King Abdul Aziz Airbase aus den Himmel über dem Irak überwachte, um eine Flugverbotszone durchzusetzen.
Freeh schickte hunderte Agenten und Gerichtsmediziner nach Dhahran und begleitete sie persönlich. Er erinnerte sich, dass sie in der sengenden Hitze tonnenweise Schutt durchsuchten, »erschöpft, teilweise krank und dehydriert, und arbeiteten, bis sie buchstäblich umkippten. Manche gruben kniend mit den Fingern« nach Fetzen von menschlichem Fleisch und nach Knochen. [601]
Freeh verfolgte den Fall geradezu zwanghaft. Dreizehn Saudis waren in die Sache verwickelt, aber Freeh vermutete aufgrund von Indizien, die iranische Regierung stecke hinter dem Anschlag. Er glaubte, die Anklage gegen Iran könne vor Gericht verhandelt werden. Auch versuchte er, saudische Prinzen durch gutes Zureden zu bewegen, ihm Beweismittel zu überlassen und die Verdächtigen auszuliefern. Als die Charmeoffensive scheiterte, schlug er um sich – erst gegen die königliche Familie, dann gegen den Präsidenten. Freeh gelangte zu der Überzeugung, Clinton fehle der politische Wille und die moralische Kraft, die bei dem Anschlag getöteten Amerikaner zu rächen. Er fand, die Vereinigten Staaten sollten einen Vergeltungsakt für eine Kriegshandlung des Iran durchführen. Fünf Jahre lang verfolgte er seine Sache mit leidenschaftlicher Hingabe. Aber er stand mit seiner Einschätzung weitgehend allein da. Weder das Weiße Haus noch das Außenministerium, weder das Pentagon noch das Justizministerium konnte er dazu bewegen, die iranischen Mullahs oder das iranische Militär zu bestrafen. Freeh kam notgedrungen zu dem Schluss, dass »Khobar eine Bedrohung der nationalen Sicherheit jenseits der Möglichkeiten und Befugnisse des FBI darstellte«. [602]
Während sich Freeh mit saudischen Prinzen zankte, eröffnete das FBI im September 1996 ein Verfahren gegen den saudischen Paria Osama bin Laden. In den CIA-Akten war er bis dahin als reicher Finanzier des Terrorismus geführt worden. Aber wenige Tage zuvor hatte bin Laden erstmals den Vereinigten Staaten den Krieg erklärt. In einer Botschaft aus Afghanistan, die in einer arabischsprachigen Zeitung in London erschien, lobte er den Anschlag auf die Khobar Towers und forderte den Rückzug amerikanischer Truppen aus Saudi-Arabien.
»Zwischen uns muss nichts erklärt werden«, schrieb bin Laden. »Es gibt nur das Töten.«
»Was für einen Krieg?«
Bei seinen Ermittlungen gegen bin Laden war das FBI nicht auf Indizien angewiesen. Man hatte einen Zeugen.
Der Al-Qaida-Deserteur Jamal al-Fadl, ein Sudanese, der in Khartum 110000 Dollar aus bin Ladens Kasse geklaut hatte, war im Frühsommer im Nachbarstaat Eritrea am Horn von Afrika aufgetaucht und hatte der US-Botschaft einen Besuch abgestattet. »Ich habe Informationen über Leute, die etwas gegen Ihre Regierung unternehmen wollen«, erklärte er einer Beamtin des US-Außenministeriums. »Ich sagte ihr, dass ich in Afghanistan war und mit einer Gruppe arbeite und diese Leute wirklich kenne. Sie versuchen, Krieg gegen Ihr Land zu führen und trainieren sehr hart. Sie tun ihr Bestes, um Krieg gegen Ihr Land zu führen.«
»Was für einen Krieg?«, fragte die Beamtin al-Fadl.
»Vielleicht versuchen sie, etwas in den Vereinigten Staaten zu machen und die US-Armee außerhalb zu bekämpfen, und außerdem versuchen sie, eine Bombe gegen eine Botschaft draußen zu bauen«, erwiderte er. »Ich arbeite seit über neun Jahren mit ihnen.« [603]
Al-Fadl wurde drei Wochen lang von drei CIA-Beamten befragt. Dann reichten sie ihn, im neuentdeckten Geist der Antiterrorkooperation, an das FBI weiter.
Daniel Coleman, ein in seinen 23 Jahren beim FBI ergrauter Veteran, der der Joint Terrorism Task Force in New York und dem
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