FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
mussten zusammenarbeiten.
Diese Zwangsheirat durchzusetzen fiel einem der Verfasser der Präsidialdirektive anheim, dem Zigarre schmauchenden, zielstrebigen zweiundvierzigjährigen George J. Tenet, als Direktor der Central Intelligence Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat. Am 3. Juli 1995, zwölf Tage nach Erlass der Direktive, trat Tenet seinen Posten als stellvertretender Direktor der Central Intelligence an. Er leitete das Tagesgeschäft der CIA und sollte das die folgenden neun Jahre tun. Bald wurde er geschäftsführender Direktor, dann Direktor, und Louis Freeh nahm ihm bei seiner Beförderung den Amtseid ab.
Engere Bande mit dem FBI zu knüpfen war eine der vielen scheinbar unlösbaren Aufgaben, vor denen Tenet stand. Er fühlte sich den Anforderungen gewachsen. Zunächst freundete er sich mit Freeh an. Tenets Eltern führten ein griechisches Schnellrestaurant in Queens, Freehs Vater war Fahrdienstleiter bei einer Spedition in Brooklyn gewesen. Die beiden verstanden sich, sie vertrauten einander. Vielleicht würden sich das FBI und die CIA gleichfalls vertragen.
Sie beschlossen, Terrorabwehrchefs auszutauschen. Vier leitende FBI-Agenten wurden in die CIA versetzt, vier CIA-Leute sprangen beim FBI ein. Die Maßnahme wurde als Geiselaustauschprogramm bekannt. Praktisch niemand meldete sich freiwillig.
Dale Watson, beim FBI zuständig für Kansas City, wurde als erste Geisel ausgewählt. Man bestimmte ihn zur Nummer zwei im neuen Terrorabwehrzentrum der CIA. Er war hinlänglich qualifiziert: Er hatte bei den Ermittlungen zum Bombenanschlag von Oklahoma City mitgearbeitet und bei der Spionageabwehr des FBI mit iranischen Spionen zu tun gehabt. Watson wog seine Erfolgsaussichten ab und entschied, in Kansas City zu bleiben. Auch ein zweites Angebot lehnte er ab. Das dritte Mal erhielt er einen Befehl. Innerhalb von zwei Jahren stieg er zum leitenden Terrorabwehrexperten des FBI auf.
Auf seinem neuen Posten merkte Watson bald, dass FBI und CIA gemeinsam erstaunliche Ermittlungsarbeit leisten konnten. Was sie mit den gesammelten Informationen anstellten, war eine andere Frage.
Das FBI hatte von der philippinischen Polizei Ramzi Yousefs Adressbuch erhalten. Bei der Überprüfung der darin enthaltenen Namen und Telefonnummern hatte das FBI festgestellt, dass ein gewisser Chalid Scheich aus dem Emirat Katar einem der Attentäter des World-Trade-Center-Anschlags wenige Tage vor der Tat 660 Dollar überwiesen hatte. Die CIA fand fünf Dinge über den Mann in Katar heraus: Er arbeitete als Ingenieur für die Regierung. Er war Ramzi Yousefs Onkel. Er war in das Komplott zur Sprengung der Boeing 747 verwickelt. Er stand seit sieben Jahren mit Al-Qaida und den ihr nahestehenden Organisationen in Verbindung. Sein vollständiger Name lautete Chalid Scheich Mohammed.
Unter dem Siegel der Verschwiegenheit kam eine Anklage gegen ihn Anfang 1996 vor ein Bundesgeschworenengericht. CIA und FBI spürten ihn in Doha auf, der Hauptstadt von Katar, ein Land, das neuerdings enge Verbindungen zum US-Militär pflegte. Insgeheim trafen sie sich mit dem amerikanischen Botschafter Patrick Theros, der zuvor im Außenministerium Staatssekretär für Terrorabwehr gewesen war. Gemeinsam beschloss man, den Emir von Katar um Unterstützung bei der Jagd nach Chalid Scheich Mohammed zu bitten. Der Emir spielte auf Zeit. Einer seiner Minister warnte den Verdächtigen, die Amerikaner seien hinter ihm her. In einer entlegenen Provinz Pakistans entzog sich Chalid Scheich dem Zugriff der amerikanischen Strafverfolgung und Geheimdienstbehörde. Dann überquerte er die Grenze nach Afghanistan und begann mit Al-Qaida an einem Plan zu arbeiten, der zu Ende bringen sollte, was mit dem Anschlag auf das World Trade Center begonnen hatte.
Watson begriff, dass Terroristen aus den entlegensten Ländern der Welt nach Belieben gegen die Vereinigten Staaten vorgehen, Botschaften, Militärbasen und andere Symbole der amerikanischen Macht angreifen konnten. So wie es beschaffen war, konnte das FBI sie weder demontieren noch vernichten. Für diese Aufgabe musste es völlig umgestaltet werden.
Das Bureau hatte vom Kongress dreistellige Millionenbeträge erhalten, um für den Krieg gegen den Terror Hunderte neuer Agenten und Nachrichtendienstanalysten einzustellen. Freeh verdoppelte die Zahl seiner Rechtsattachés in Übersee, so dass das FBI künftig auch in Ländern wie Saudi-Arabien und Pakistan vertreten war. In seinem Bemühen, einen weltumspannenden
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