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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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erwiderte der Präsident das Feuer. Der unabhängige Staatsanwalt, der gemeinsam mit dem FBI an diesen Fällen arbeitete und 30 Millionen Dollar ausgegeben hatte, war mit seinem Latein am Ende, bis er hörte, dass Monica Lewinsky, eine vierundzwanzigjährige Expraktikantin im Weißen Haus, Clinton sexuelle Gefälligkeiten erwiesen hatte. Das FBI überwachte den Arzt des Weißen Hauses, als er auf höhere Weisung dem Präsidenten Blut entnahm, um seine DNA zu analysieren. Mit Hilfe der Blutprobe wurde nachgewiesen, dass der Präsident unter Eid gelogen hatte, als er die Affäre bestritt. Es folgten viele Monate unterhaltsamer Quälerei, die mit der Befürwortung eines Amtsenthebungsverfahrens im Repräsentantenhaus endete, das daraufhin vom Senat abgelehnt wurde, weil die erforderliche Zweidrittelmehrheit fehlte.
    Für Freeh waren die Ermittlungen eine Frage des Prinzips: Clinton hatte sein politisches Leben und seine unsterbliche Seele für ein paar Augenblicke der Lust verwirkt. Für den Präsidenten waren sie »ein stalinistischer Schauprozess«, eine politische Vernichtungsmission, »eine gewissenlose Verschwendung von FBI-Ressourcen« – hunderte Agenten, »die sich mit Verbrechen, Drogen, Terror, Dingen, auf die es wirklich ankommt, hätten befassen können« – und somit eine Gefahr für die Vereinigten Staaten. Der Direktor des Secret Service, Lew Merletti, der das Leben des Präsidenten schützen musste, war verständlicherweise derselben Meinung. Während das FBI »die Schwächen des Präsidenten und Monicas untersuchte«, so Merletti, »reisten mehrere führende Al-Qaida-Agenten durch die Vereinigten Staaten«. [609]  
    Freeh hatte unterdessen Skandale im eigenen Haus zu bearbeiten. Zehn Jahre zuvor hatten die Probleme bei Spionageoperationen in New York angefangen. Jetzt glaubte das FBI zu wissen, wo es haperte. Ein Mitglied der Spionageabwehreinheit hatte seit dem Sommer 1987 immer wieder Geheimdokumente gestohlen und an die Russen verkauft. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges spionierte er weiter für Moskau.
    Earl Pitts wirkte wie der Archetyp eines Agenten: Er sah gut aus, mit kantigem Kinn und seriöser Kleidung. Bei der Armee war er Stabshauptmann gewesen, nach seinem Jurastudium Assistent eines konservativen Bundesrichters. Aber kaum war er drei Monate beim FBI, arbeitete er schon für Moskau. Und seine Arbeitgeber brauchten ein Jahrzehnt, um ihm auf die Schliche zu kommen.
    »Ich wollte dem Bureau schaden«, gestand er im Gefängnis, nachdem er am 27. Juni 1997 zu 27 Jahren Haft verurteilt worden war. Zwar behauptete er, Patriot zu sein und sein Land zu lieben, doch er war von einem glühenden Hass auf das FBI erfüllt, für das er 14 Jahre lang gearbeitet hatte. »Das Bureau bildet sich etwas darauf ein, Geheimnisse zu hüten«, sagte er. »Dagegen wollte ich angehen.« Die verblüfften Verhörbeamten konnten nur zu dem Schluss kommen, dass er ein Verrückter mit guten Manieren war. »Pitts war nichts heilig«, erklärte der mit dem Fall befasste Bundesstaatsanwalt. [610]  
    Die wahren Kosten des Verrats, den Mitarbeiter der amerikanischen Spionageabwehr in den 1980er und 1990er Jahren begingen, bemessen sich in Blut und Geld. Über ein Dutzend ausländische Agenten, die für FBI und CIA arbeiteten, wurden hingerichtet. Die Wahrnehmung wichtiger politischer und militärischer Entwicklungen im Ausland wurde durch Desinformation seitens Moskau manipuliert. Viele hundert Millionen Dollar, aufgewendet für die Geheimentwicklung amerikanischer Waffen, wurden verbrannt. Russen, Chinesen und Kubaner führten das FBI an der Nase herum und schickten Jahr für Jahr hunderte Agenten in Sackgassen.
    Spionageabwehr ist ein wesentlicher Bestandteil der Terrorabwehr. Sie war eines der Gebiete, auf denen CIA und FBI um jeden Preis zusammenarbeiten mussten. Wenn sie versagten, waren die Vereinigten Staaten in Gefahr. Terroristen und Spione attackierten die Schwachstellen in Amerikas Deckung, um in sein Innerstes vorzudringen.

43
    Ein einfaches Ziel
    Am 21. August 1997 trat FBI-Agent Dan Coleman aus der US-Botschaft in Nairobi, Kenia, auf die Straße hinaus und machte sich auf die Suche nach Al-Qaida.
    Marinesoldaten bewachten den Eingang zu dem hässlichen braunen Gebäude, wenige Schritte entfernt drängten sich auf dem Gehweg Straßenprediger und obdachlose Kinder. Einheimische Polizisten dirigierten Coleman und seine beiden CIA-Kollegen durch graue Straßen im Zentrum der größten Stadt

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