FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Staaten zu Beginn von Roosevelts Amtszeit die Sowjetunion offiziell anerkannt. Dies ermöglichte Stalin, in den Vereinigten Staaten eine Botschaft und Konsulate zu eröffnen; und wo es Diplomaten gab, waren die Spione nicht weit. Der Kongress hatte den National Labor Relations Act verabschiedet, ein Gesetz, das es den Arbeitern erlaubte, sich zu organisieren; und wo es Gewerkschaften gab, waren Kommunisten nicht weit. Die Zahl der Parteimitglieder hatte sich zwischen 1930 und 1936 auf 30000 vervierfacht. Jetzt strömten linksorientierte Amerikaner als Freiwillige nach Spanien, um dort gegen die Faschisten zu kämpfen.
Hoover beobachtete diese Entwicklungen mit äußerstem Unbehagen. Er bat um ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Präsidenten.
Am 24. August 1936 lud Roosevelt Hoover ins Weiße Haus ein. Während seiner gesamten Amtszeit weigerte sich der Präsident kategorisch, wichtige Besprechungen, vor allem zu Nachrichtendienstfragen, schriftlich festzuhalten. Daher gibt es nur ein Protokoll dieses Gesprächs, und das stammt von Hoover.
Roosevelt wollte über »subversive Aktivitäten in den Vereinigten Staaten, insbesondere Faschismus und Kommunismus«, sprechen, und er wünschte »ein umfassendes Bild« ihres Einflusses auf Politik und Wirtschaft des Landes, heißt es in Hoovers Aufzeichnungen. Hoover aber lenkte die Aufmerksamkeit auf die fortlaufenden FBI-Ermittlungen zum Kommunismus. Er warnte den Präsidenten, die Kommunisten seien im Begriff, die Gewerkschaft der Hafenarbeiter an der Westküste zu übernehmen, sie hätten es auf die Bergarbeitergewerkschaft, die United Mine Workers, ebenso abgesehen wie auf die Kohleversorgung des Landes, und sie besäßen über die Newspaper Guild, in der sich die Journalisten organisiert hatten, großen Einfluss auf die Presse. »Ich sagte ihm«, hielt Hoover fest, »dass die Kommunisten vorhätten, diese drei Gruppen unter ihre Kontrolle zu bekommen, und damit imstande seien, das Land lahmzulegen […] den gesamten Schiffsverkehr zu stoppen […] die Industrie zu blockieren […] das Erscheinen sämtlicher Zeitungen zu verhindern.« Die Kommunisten seien sogar dabei, über den National Labor Relations Board (eine Bundesbehörde zur Regelung der Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern) die Regierung zu infiltrieren.
Hoover teilte dem Präsidenten außerdem mit, das FBI brauche neue Befugnisse für Geheimdienstoperationen. Dabei berief er sich auf ein Gesetz aus dem Jahr 1916, mit dem das Außenministerium dem FBI Geheimermittlungen genehmigt hatte.
Roosevelt zog Außenminister Cordell Hull hinzu, und die drei trafen sich am folgenden Tag, dem 25. August 1936, im Weißen Haus. Der Präsident sagte, da die Bedrohung global sei und »besonders der Kommunismus von Moskau gesteuert« werde, solle der Außenminister Hoover sein Plazet für die Verfolgung sowjetischer Spione in Amerika geben.
Weder der Präsident noch der Außenminister erteilten eine schriftliche Anweisung. Hoover notierte auch nicht den präzisen Wortlaut des Gesprächs. Im FBI kursiert jedoch die Legende, Hull habe zu Hoover gesagt: »Nur zu, ermitteln Sie gegen die Schwanzlutscher.«
Hoover besaß jetzt eine zeitlich unbefristete Anweisung des Präsidenten, Geheimdienstoperationen gegen Amerikas Feinde vorzunehmen. Auf die Befugnis, die ihm an jenem Tag erteilt wurde, berief er sich für den Rest seines Lebens. [119]
Er wies umgehend sämtliche Außendienststellen an: »Beschaffen Sie aus allen verfügbaren Quellen Informationen über subversive Aktivitäten von Kommunisten, Faschisten und Vertretern oder Befürwortern anderer Organisationen oder Gruppen in den Vereinigten Staaten, die den Sturz oder die Ablösung der Regierung der Vereinigten Staaten durch illegale Methoden befürworten.« Hoover versuchte, seine nachrichtendienstliche Tätigkeit mit dem Heer, der Marine und dem Außenministerium abzustimmen, wie er es in der hitzigen Zeit der Kommunistenjagd getan hatte.
Das FBI stellte Nachforschungen zu allen Mitgliedern der Kommunistischen Partei und ihren Suborganisationen an sowie zu den Führern der faschistischen und antifaschistischen Bewegungen in Amerika. Linksgerichtete Arbeiterführer im Kohlebergbau, in der Frachtschifffahrt, der Stahlindustrie, dem Zeitungswesen und der Bekleidungsbranche wurden ins Visier genommen. Die Agenten suchten nach Kommunisten und Umstürzlern an Schulen und Universitäten, in der Bundesregierung und bei den Streitkräften. Hoover beauftragte
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