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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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seine Agenten, neue Informanten anzuheuern und Berichte über subversive Prominente zu schreiben. Er begann im politischen und wirtschaftlichen Leben Amerikas »subversive Aktivitäten« im weitesten Sinne auszuspähen.
    »Übereifrige«
    Dank der neuen Befugnisse, mit denen der Präsident seinen FBI-Chef ausgestattet hatte, belebte Hoover eine bewährte Spionagetechnik neu: die Telefonüberwachung.
    Regierungen hatten Leitungen abgehört, seit es Leitungen abzuhören gab. Der militärische Nachrichtendienst beider Seiten hatte im Amerikanischen Bürgerkrieg die Telegraphenleitungen angezapft. Polizei und Privatdetektive hatten jahrzehntelang heimlich Gespräche aufgezeichnet. Mit Genehmigung Präsident Wilsons hatte die Regierung im Ersten Weltkrieg das öffentliche Telefonnetz vorübergehend verstaatlicht. Das Bureau hatte in den gesetzlosen Nachkriegsjahren unzählige Bürger belauscht – nicht nur Kommunisten, sondern auch Senatoren, Kongressabgeordnete und Richter.
    Jetzt war das Abhören legal – solange es geheim blieb.
    Das war jedenfalls die feine Unterscheidung, die der Oberste Gerichtshof im Jahr 1928 im Fall Olmstead v. U.S . gemacht hatte. Bei einem Stimmenverhältnis von 5 zu 4 war der Oberste Bundesrichter William Howard Taft, ehemals US-Präsident, das Zünglein an der Waage gewesen. Roy Olmstead war ein Alkoholschmuggler aus Seattle, dessen Telefon während der Prohibition von Mitarbeitern des Finanzministeriums angezapft worden war. Seine Anwälte hatten argumentiert, die heimliche Installation von Abhörgeräten, um strafrechtlich verwertbare Beweise zu sammeln, verstoße gegen den Vierten Verfassungszusatz, der die Bürger gegen Hausfriedensbruch, unrechtmäßige Hausdurchsuchungen und Festnahmen schützt.
    Die Mehrheit hatte im Fall Olmstead entschieden, die Regierung befinde sich im Recht: »Eine Norm, die die Zulassung von Beweisen verbieten würde, falls sie nicht durch ethisch einwandfreies Verhalten von Regierungsbeamten erlangt wurden, würde der Gesellschaft schaden und Kriminellen größere Straffreiheit als je zuvor gewähren.«
    Die Minderheit unter Führung von Richter Louis Brandeis und Hoovers früherem Vorgesetzten, Richter Harlan Fiske Stone, hatte ihre Gegenmeinung in kraftvolle Worte gekleidet. »Die größte Gefahr für die Freiheit«, warnte Brandeis, »liegt in heimtückischen Übergriffen durch Übereifrige, die es zwar gut meinen, denen es aber an Einsicht mangelt.« [120]  
    »Verbrechen ist ansteckend«, schrieb Brandeis. »Wenn die Regierung zum Gesetzesbrecher wird, leistet sie der Missachtung des Gesetzes Vorschub, lädt jeden dazu ein, sich seine eigenen Maßstäbe zu setzen, und provoziert Anarchie. Zu erklären, dass bei der Anwendung des Strafrechts der Zweck die Mittel heilige – dass also die Regierung Verbrechen begehen dürfe, um einen einzelnen Kriminellen zu überführen –, hätte schreckliche Folgen.«
    Brandeis verglich das Anzapfen von Telefonleitungen und das Verwanzen von Räumen mit den Generalbevollmächtigungen ( writs of assistance und general warrants ), mit denen die Briten vor dem Unabhängigkeitskrieg, aus dem die Vereinigten Staaten hervorgingen, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen amerikanischer Siedler jederzeit und auch ohne ein konkretes Verdachtsmoment zugelassen hatten: »Als Mittel der Spionage sind richterliche Anordnungen und Generalbevollmächtigungen, verglichen mit der Telefonüberwachung, nur kümmerliche Instrumente der Tyrannei und Unterdrückung.« Und er wies darauf hin, dass das Abhören einer einzigen Telefonleitung praktisch nicht einzugrenzen war: »Die Telefonleitung eines Einzelnen anzuzapfen bedeutet, das Telefon all derjenigen anzuzapfen, die diese Person anruft und von denen diese Person angerufen wird.« Das wussten Hoovers Leute sehr wohl.
    1934, sechs Jahre nach Olmstead , verabschiedete der Kongress den Communications Act, ein Gesetz, das das Abhören von Telefonaten und die Offenlegung ihres Inhalts untersagte. Die Abgeordneten beabsichtigten damit, die Telefonüberwachung zu einem Straftatbestand zu erklären. Aber sie hatten für Hoover ein Schlupfloch offen gelassen. Er interpretierte »Offenlegung« in juristisch spitzfindiger Weise: Die Telefonüberwachung sei nicht illegal, solange ihr Ergebnis nicht als Beweismittel vor Gericht eingesetzt werde.
    Folglich war der Lauschangriff, solange er geheim blieb, legal.
    Von nun an hörte das FBI mit, wann immer Hoover es genehmigte. Telefonüberwachung, das

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