FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
kannte sein Gesicht aus der Wochenschau und seinen Namen aus den Schlagzeilen, eine Ikone auf der politischen Bühne Amerikas. Seine öffentlichen Auftritte, seine Reden und die Zahlen, die er dem Kongress vorlegte, wurden ebenfalls immer dramatischer. Er verkündete, 4,3 Millionen Amerikaner hätten sich dem »stehenden Heer von Kriminellen« angeschlossen, von dem das Land bedroht werde – »Mörder, Diebe, Brandstifter, Attentäter, Räuber und Banditen«. Nach dieser Rechnung war einer von 30 Männern, Frauen und Kindern in den Vereinigten Staaten bewaffnet, gefährlich und lief frei im Land herum. Damals zweifelte niemand den Wahrheitsgehalt diese düsteren Behauptungen über den Krieg gegen das Verbrechen an. Bei näherer Überprüfung stellten sich viele Aussagen als reine Erfindung heraus. Aber sie brachten Hoover und dem FBI Publicity und Macht ein. [117]
Mit den breiten neuen Befugnissen und dem zunehmenden Ansehen erhielt seine Institution nun einen neuen Namen: Federal Bureau of Investigation.
Es gab noch einen anderen Krieg – den Krieg gegen den inneren Feind –, der nicht in der Öffentlichkeit geführt werden konnte. Roosevelt schickte Hoover im Frühjahr 1934 in die Schlacht.
Jenseits des Atlantiks arbeitete Adolf Hitler am Aufbau seiner Diktatur, und Roosevelt erkannte rasch, dass es eines Tages zu einer direkten Konfrontation mit den Nazis kommen könnte. Im Kreml forderte Josef Stalin von Roosevelt und dem Senat die diplomatische Anerkennung der Sowjetunion, und Roosevelt gelangte zu der Einsicht, dass diese vielleicht eines Tages als Bollwerk gegen Hitler und seine Sturmtruppen fungieren könnte. J. Edgar Hoover war bereit, für seinen neuen Oberbefehlshaber alles zu tun, was er verlangte, um gegen sämtliche Feinde im In- oder Ausland vorzugehen.
II
Weltkrieg
J.Edgar Hoover und Präsident Roosevelt am Beginn des Kriegs gegen den inneren Feind, 1934.
9
Das Geschäft der Spionage
Am 8. Mai 1934 erteilte Franklin D. Roosevelt Hoover den ersten Gefechtsbefehl. Der Präsident wünschte »eine sehr sorgfältige und gründliche Untersuchung« [118] des amerikanischen Faschismus.
Der Präsident wollte Hitlers Agenten und Bewunderer an allen Fronten in den USA auskundschaften. Wer waren sie? Wie stark waren sie? Wie groß war die Bedrohung, die von ihnen ausging? Waren Nazis in den diplomatischen Vertretungen der Deutschen in Amerika aktiv? Versuchte Deutschland mit Geld die Wall Street zu beeinflussen? Kontrollierte Hitler Geheimagenten und Geheimfonds in den Vereinigten Staaten?
Hitler stellte für Amerikas Verbündete in Europa bereits eine Bedrohung dar. Roosevelt wusste so gut wie Hoover, welche Unterwanderungs- und Sabotageversuche deutsche Geheimagenten im Ersten Weltkrieg gegen die Vereinigten Staaten unternommen hatten.
In Hoovers Behörde sollten alle Hinweise geprüft werden, über die die amerikanische Regierung verfügte. Aber im Mittelpunkt stand nicht die Strafverfolgung. Der Präsident wollte Informationen.
Im Bereich des Antifaschismus ging Hoover langsam und behutsam vor. Er legte nicht denselben grenzenlosen Enthusiasmus an den Tag wie beim Kampf gegen den Kommunismus. Sämtliche Außenstellen erhielten sorgfältige Instruktionen, »sogenannte nachrichtendienstliche Ermittlungen« über die faschistische Bewegung der Vereinigten Staaten durchzuführen. Der Direktor hatte seine Worte treffend gewählt. In den nächsten zwei Jahren beschränkte sich die Tätigkeit des Bureau weitgehend darauf, Akten der staatlichen und der örtlichen Polizeidienststellen abzugleichen, Demonstrationen zu beobachten und Zeitungsausschnitte zu sammeln. Man behielt Hakenkreuzfahnen schwingende Organisationen im Auge wie den Amerikadeutschen Bund (der mit Unterstützung des Automobilherstellers Henry Ford gegründet worden war) und einheimische faschistische Gruppen wie die Silver Shirts. Das FBI beobachtete die vielfach propagierte rechtslastige Rhetorik von Gruppen wie der Liberty Lobby und den antisemitischen Rundfunkprediger Father Charles Coughlin, der sich wachsender Beliebtheit erfreute. Die Agenten befassten sich sogar mit einer Organisation, die sich National Committee against Communism nannte. Aber die Akte »Adolf Hitler« beim FBI war hauptsächlich mit irren Morddrohungen gegen den Diktator gefüllt.
Hoover bemühte sich nach Kräften, Roosevelts Aufmerksamkeit wieder auf den Kampf gegen den Kommunismus zu lenken. Nach zehnjähriger Debatte hatten die Vereinigten
Weitere Kostenlose Bücher