FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
an, am Stuhl des Justizministers zu sägen und neue Methoden zur Umgehung des Communications Act zu suchen. Er war gerissen, und wenn Vorgesetzte ihm im Weg standen, kannte er keine Skrupel. Um Jackson zu Fall zu bringen, streute er Gerüchte aus, das FBI solle im Krieg gegen Spione und Saboteure Fesseln angelegt bekommen. Unterstützung suchte er bei seinen politischen Verbündeten im Kriegs- und im Außenministerium. Hoover sprach persönlich die pointierte Warnung aus, das Schicksal der Nation hänge von Abhöranlagen und Wanzen ab.
Er sei »äußerst besorgt über die gegenwärtige Regelung, die den Einsatz der Telefonüberwachung verbietet«, schrieb er am 13. April 1940 an Jackson. Abgehörte Gespräche seien für die nachrichtendienstlichen Ermittlungen und Spionagefälle des FBI »wesentlich«. Ohne dieses Instrument müsse mit »einer Wiederholung entsetzlicher Katastrophen wie der Black-Tom-Explosion gerechnet werden«. Das FBI »kann ohne den Einsatz von Abhöranlagen nicht mit diesem Problem fertig werden«, behauptete Hoover. »Ich fühle mich verpflichtet, Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf diese Situation aufmerksam zu machen, statt zu warten, bis eine nationale Katastrophe die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Ministerium lenkt, weil es versäumt hat, Präventivmaßnahmen zu ergreifen.« [130]
Hoover wollte dem Justizminister weismachen, er besudle sich die Hände mit dem Blut von Amerikanern, wenn er das Verbot nicht im Namen der nationalen Sicherheit aufhebe.
»Eine Bedrohung für den Frieden und die öffentliche Sicherheit«
Die Konfrontation spitzte sich zu. Justizminister Jackson war entsetzt, als er von Hoovers Internierungsprogramm erfuhr. Feindliche Ausländer zu observieren war eine Sache. Akten über Amerikaner anzulegen und Massenfestnahmen für den Fall des nationalen Notstands zu planen stand auf einem anderen Blatt.
Hoover warnte Jackson, er werde in seiner Wachsamkeit nachlassen. Ein Streit um das Internierungsprogramm berge die Gefahr der »Enthüllung bestimmter Spionageabwehraktivitäten«. Jede Infragestellung seiner Macht könne das FBI zwingen, »seine Einrichtungen zur Informationsgewinnung im subversiven Spektrum aufzugeben«. Die Liste blieb bestehen. [131]
Hoover hatte sämtliche FBI-Agenten in den Vereinigten Staaten angewiesen, »Personen mit Sympathien für Deutschland, Italien oder den Kommunismus« als Kandidaten für die Internierung zu melden, egal ob es sich um Amerikaner oder Ausländer handelte. Er verlangte die Namen von Redakteuren, Herausgebern und Abonnenten sämtlicher kommunistischer, deutscher und italienischer Zeitungen in den Vereinigten Staaten. Gesammelt wurden auch Mitgliederkarteien aller politisch verdächtigen Organisationen in den Vereinigten Staaten bis hinunter zu deutschen Gesangsvereinen. Ferner wies Hoover seine Leute an, Informanten und Spitzel in »die verschiedenen sogenannten radikalen und faschistischen Organisationen der Vereinigten Staaten einzuschleusen«, um ihr »Personal, ihre Ziele und Zwecke und die Rolle auszukundschaften, die sie im Falle einer nationalen Krise spielen würden«. [132]
Das FBI hatte begonnen, eine Liste mit mehreren tausend Namen von Personen zusammenzustellen, die, »sofern sie sich in Zeiten des Krieges oder des nationalen Notstands auf freiem Fuß befinden, eine Bedrohung für den Frieden und die öffentliche Sicherheit der Vereinigten Staaten darstellen würden«. [133] Die Akten enthielten Informationen, die FBI-Agenten im ganzen Land aus »vertraulichen Quellen« zusammengetragen hatten – die Daten stammten nicht nur von Informanten, sondern auch aus Einbrüchen, Abhöraktionen und Wanzen, die mit Hoovers Genehmigung platziert worden waren. Sie stammten aus öffentlich zugänglichen und privaten Unterlagen, aus den Akten von Arbeitgebern und Schulen und aus Befragungen.
Die Personen auf der Liste fielen unter zwei Kategorien. Die einen sollten sofort verhaftet und interniert werden, sobald es zu Feindseligkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und dem Land käme, dem gegenüber diese Personen loyal waren. Die anderen sollten bei Kriegseintritt »sorgfältig observiert« werden, ausgehend von »der Möglichkeit, nicht aber Wahrscheinlichkeit, dass ihr Verhalten dem Wohl der Regierung der Vereinigten Staaten zuwiderläuft«. [134] Hoover wies seine Agenten an, ihre Befragungen und Nachforschungen »vollkommen vertraulich« zu führen. Falls sie gefragt würden, sollten
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