FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Zweite Weltkrieg begann. [125]
Der Krieg brach aus, noch bevor der Sommer zu Ende war. Am 1. September 1939 marschierten Hitlers Truppen in Polen ein und begannen ihren Eroberungskrieg. Zwei Tage später erklärten Frankreich und Großbritannien Deutschland den Krieg. Hitler und Stalin hatten bereits den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt unterzeichnet. Zum Entsetzen der Linken und Liberalen in Amerika hatten die Kommunisten in Moskau ihren Frieden mit den Nazis geschlossen. Der Pakt ermöglichte es Deutschland, ohne Angst vor der Roten Armee nach Osten vorzurücken.
Bald würden die Nazis auch westwärts Richtung Atlantik marschieren. Japan hatte in China gewütet und würde die Kampfhandlungen auf den pazifischen Raum ausweiten. Niemand wusste, ob und wann die Vereinigten Staaten in diesen Krieg hineingezogen würden.
Offiziell erklärte Roosevelt sein Land für neutral. Doch ab September 1939 unterstützte er die Briten durch die Lieferung von Kriegsschiffen und nachrichtendienstlichen Erkenntnissen. Außerdem galt es, Spionage und Sabotage der Achsenmächte in den Vereinigten Staaten abzuwehren, zu erraten, was die Sowjets als Nächstes tun würden – und mit J. Edgar Hoovers Hilfe die Feinde im Inneren im Auge zu behalten.
Zwischen dem Präsidenten und dem FBI-Chef herrschte inzwischen ein Vertrauensverhältnis. Es beruhte auf der Anerkennung der Macht des jeweils anderen. Hoover brachte dem Präsidentenamt ehrerbietigen Respekt entgegen. Zwar erteilte ihm Roosevelt nicht jede Befugnis, die er wünschte, räumte ihm jedoch viel Spielraum ein. Hoover war dankbar für alles. Roosevelt wiederum empfand Hochachtung vor dem Geheimdienst. Zwar ließ sich nicht jedes Geheimnis, das ihn interessierte, durch Spionage aufdecken, doch wenn Hoover lieferte, war Roosevelt erfreut.
Zu Hoovers größter Befriedigung wandte sich Roosevelt am 6. September 1939, fünf Tage nach Beginn des Zweiten Weltkriegs in Europa, mit einer Rede an das amerikanische Volk. Der Präsident weitete seinen vorherigen Geheimbefehl aus und erklärte, das FBI werde »Ermittlungen in Angelegenheiten aufnehmen, die mit Spionage zu tun haben«. Er wies alle Polizeiorgane der Vereinigten Staaten an, dem FBI »sämtliche verfügbaren Informationen« zu liefern, »die Spionage, Spionageabwehr, Sabotage, subversive Aktivitäten und Verstöße gegen das Neutralitätsgesetz betreffen«. [126] Roosevelt erklärte, er wolle »dieses Land vor […] einigen Ereignissen bewahren, die hier 1914, 1915, 1916 und Anfang 1917 stattfanden, bevor wir in den Krieg eintraten«.
Die jetzigen Amtsträger – der Präsident, die Richter des Obersten Gerichtshofs, der Justizminister und sein Beraterstab sowie Hoover selbst – hatten die Black-Tom-Explosion des Jahres 1916 noch gut in Erinnerung. Auch die Red Raids, die Kommunistenjagd von 1920, hatten sie nicht vergessen. Aber diesmal, so versicherte Justizminister Murphy dem amerikanischen Volk, seien die amerikanischen Bürgerrechte in guten Händen.
»Vor zwanzig Jahren geschahen im Namen von Recht und Gesetz unmenschliche und grausame Dinge«, erklärte er vor der Presse. »Wir wollen nicht, dass so etwas heute erneut geschieht, daher wurde diese Aufgabe dem FBI übertragen.« [127] Murphy fuhr fort: »Ich glaube nicht, dass eine Demokratie unbedingt etwas anderes werden muss als eine Demokratie, um ihre nationalen Interessen zu verteidigen. Ich bin überzeugt, dass unser Volk nicht solche Tragödien erleben muss, die sich anderswo auf der Welt und sogar in geringerem Ausmaß in diesem Land der Freiheit ereignet haben, wenn die Aufgabe richtig angepackt wird – wenn also die Verteidigung gegen Angriffe von innen sorgfältig vorbereitet wird. Wir können den Missbrauch der Freiheit durch Sabotage, Unruhestiftung und Gewalt verhindern und öffentlich machen, ohne die Freiheit selbst zu zerstören.«
»Entsetzliche Katastrophen«
Mit sentimentalen Erklärungen über bürgerliche Freiheitsrechte konnte sich Hoover nicht aufhalten. Er stand bereits im Krieg, und er benötigte drei neue Waffen für sein Arsenal.
Erstens wünschte er sich schärfere Gesetze gegen Subversion. Darauf wartete er schon seit zwanzig Jahren. Er bekam sie. Schon liefen im Kongress Anhörungen zu einem Gesetzentwurf, der schließlich als Smith Act bekannt werden sollte. Das Gesetz sah in seiner ursprünglichen Fassung vor, Ausländer zu erfassen und ihnen Fingerabdrücke abzunehmen. Bei seinem Inkrafttreten war es das
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