FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
dachte, Sie würden das vielleicht gern durchsehen«
Die Beziehung zwischen Roosevelt und Hoover war bisher herzlich, aber korrekt gewesen. Durch die gemeinsamen Geheimnisse wurde sie vertieft.
Am 21. Mai 1940, jenem Tag, an dem Roosevelt seine Anweisung zum Abhören unterzeichnete, erhielt Hoover von ihm auch Abschriften von Telegrammen ans Weiße Haus, die Charles Lindberghs Nichteinmischungsstrategie befürworteten. (»Ich bin fest überzeugt, dass Lindbergh ein Nazi ist«, hatte Roosevelt am Vortag seinem Finanzminister Henry Morgenthau anvertraut.) Eine Notiz von Roosevelts Sekretär, auf dem Telegrammstapel besagte: »Der Präsident dachte, Sie würden das vielleicht gern durchsehen und Namen und Adressen der Absender notieren.« [141]
Im Lauf der folgenden fünf Jahre wurde Roosevelt von Hoover mit einem nicht abreißenden Strom politischer Informationen und Anspielungen über Gegner der Politik des Präsidenten versorgt. Vom FBI überwacht wurden neben Lindbergh die konservative Allianz America First, Antikommunisten und hitlerfreundliche Reaktionäre, außerdem drei US-Senatoren, die nach Hoovers Ansicht mit Deutschland sympathisierten, darunter Burton Wheeler aus Montana, sein alter Feind aus den 1920er Jahren, und Hamilton Fish, ein Kommunistenfresser und Kongressabgeordneter aus Roosevelts Heimatstadt, sowie Hunderte andere, die Roosevelt und alles, wofür er stand, schlichtweg hassten.
Als sich der Präsident über ein Flugblatt von America First ärgerte, das ihn angriff, weil er Großbritannien Kriegsschiffe zur Verfügung stellte, befahl er einem Berater, »irgendwie – vielleicht über das FBI – herauszufinden, wer das bezahlt«. Hoover spürte daraufhin nicht nur die Urheber des Flugblatts auf, sondern erforschte die gesamte Finanzstruktur von America First. Schließlich konnte er dem Präsidenten mitteilen, dass America First insgeheim beträchtliche Zuwendungen von zwei einflussreichen Zeitungsverlegern erhielt: Joseph Medill Patterson von den New York Daily News und Robert R. McCormick von der Chicago Tribune . Hoover deutete überdies an, dass America First unter der Hand Zahlungen von ausländischen Faschisten entgegennahm. Daraufhin veranlasste der Präsident das Justizministerium, gegen America First ein Verfahren vor einem Bundesgeschworenengericht einzuleiten. Die Telefonüberwachung der prominenten America-First-Wortführerin und Fliegerin Laura Ingalls führte zu einer Anklage und ihrer Verurteilung als Agentin des NS-Regimes.
Am 14. Juli 1940 bedankte sich Roosevelt schriftlich bei Hoover »für die vielen interessanten und wertvollen Berichte, die Sie in den letzten Monaten für mich erstellt haben«. Hoover bewahrte das Schreiben ein Leben lang auf. Drei Monate später ließ er das Weiße Haus wissen, er belausche »alle ein- oder ausgehenden Telefongespräche folgender Botschaften: Deutschland, Italien, Frankreich, Russland und Japan« und führe weitreichende nachrichtendienstliche Ermittlungen gegen Geheimagenten der Achsenmächte. [142]
Hoover war jetzt der Geheimdienstchef des Präsidenten.
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Geheimdienst
Vor Pearl Harbor dauerte Amerikas Krieg gegen Deutschland weltweit schon anderthalb Jahre an. Das FBI wurde der erste echte Auslandsnachrichtendienst der Vereinigten Staaten. Viele seiner Schlachten blieben bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts geheim.
Der Krieg des FBI gegen Nazi-Spione begann im Mai 1940 mit einer Botschaft im Morsealphabet, die über Kurzwellenfunk von einem Holzbungalow am Strand von Centerport, New York, auf Long Island, gesendet wurde. Sie hüpfte über den Atlantik und landete im Hamburger Büro der Abwehr, dem militärischen Nachrichtendienst des NS-Regimes.
Die Abwehr reagierte darauf mit dem Befehl an die deutschen Agenten in Amerika, verstärkt Geheiminformationen zu liefern. Man verlangte Berichte über die Einsatzbereitschaft der amerikanischen Streitkräfte, die Ausbildung der Soldaten, die Flugzeugproduktion, die Lieferung von Kampfflugzeugen an Großbritannien, den Bau von Flugzeugträgern, Handbücher zur chemischen Kriegsführung, Informationen über die Werkzeugmaschinenindustrie, die Zielgenauigkeit von Bomben und den Kurs von Hochseeschiffen. Die Instruktionen wurden an einen dreiunddreißigköpfigen Agentenring gefunkt. Manche arbeiteten für Firmen wie Westinghouse Electric, Ford oder Chrysler; andere taten Dienst auf Schiffen im Atlantik.
Der Funker, der in dem Bungalow auf Long Island für die Vernetzung
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