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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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erste in Friedenszeiten erlassene Gesetz gegen Aufruhr seit dem 18. Jahrhundert. Auf Bundesebene sah der Smith Act die schärfsten Beschränkungen der Redefreiheit in der Geschichte Amerikas vor: Verboten waren jetzt Äußerungen und Gedanken, die den Sturz der Regierung zum Ziel hatten; die Mitgliedschaft in Organisationen, die dies anstrebten, wurde zum Straftatbestand.
    Zweitens führte Hoover erneut die Praxis ein, eine Liste potentieller Staatsfeinde zu führen, die im Falle eines Krieges verhaftet und interniert werden sollten. Die Methoden zur Erstellung dieser Liste ähnelten denen, die Hoover während des Ersten Weltkriegs beim Alien Enemy Bureau entwickelt hatte.
    Am 6. Dezember 1939 unterschrieb Hoover eine »persönliche und vertrauliche« Order an alle FBI-Agenten mit der Überschrift: »Innere Sicherheit«. Darin wies er sie an, Listen von Personen vorzubereiten – Amerikanern ebenso wie Ausländern –, die im Namen der nationalen Sicherheit hinter Schloss und Riegel kommen sollten. Hoover dachte an Kommunisten und Sozialisten, Hitler-Anhänger, »pro-japanisch« eingestellte Leute und jeden, dem seine Agenten zutrauten, politische Kriegsführung zu betreiben. Er wollte die Namen von Staatsfeinden. Diese Liste wurde als Custodial Detention Program bezeichnet, als Internierungsprogramm.
    Drittens wollte Hoover nach Belieben Telefongespräche abhören. Aber dabei stellte sich ihm ein neues, scheinbar unüberwindliches Hindernis in den Weg. Am 11. Dezember 1939 revidierte der Oberste Gerichtshof ein früheres Grundsatzurteil und erklärte die Überwachung von Telefonaten durch die Regierung für illegal.
    Im Fall United States v. Nardone ging es um Alkoholschmuggel. Die Beweisführung beruhte weitgehend auf der Mitschrift von 500 abgehörten Telefonaten. Die Verteidigung berief sich auf den Communications Act von 1934, ein Gesetz, das die Preisgabe abgehörter Gespräche untersagte. Der Fall war der erste echte Prüfstein für das Gesetz. Das Oberste Gericht hatte entschieden, das Gesetz sei eindeutig: Es verbietet in »klaren Worten […] jedem, […] eine telefonische Mitteilung abzuhören, und verfügt in ebenso klarer Sprache, dass ›niemand‹ die Mitteilung oder ihren Inhalt ›einem anderen‹ enthüllen oder bekannt machen darf«.
    Die Richter stellten überdies klar, das Gesetz gelte auch für Beamte des FBI.
    Faktisch handelte es sich um ein Verbot der Telefonüberwachung. Hoover sah das anders. Zwei Tage später teilte er seinen Agenten mit, es habe sich nichts geändert: »Es gelten dieselben Regeln wie früher – ohne meine Zustimmung werden keine Telefone angezapft.« Solange er – und nur er – geheime Abhöraktionen genehmige, die im Namen der Nachrichtenbeschaffung durchgeführt würden, sei alles in Ordnung. [128]  
    Das Verfahren gegen Nardone wurde zurückverwiesen, und die Staatsanwaltschaft überführte die Angeklagten jetzt in einem neuen Verfahren anhand von zensierten, zusammengefassten und paraphrasierten Versionen der abgehörten Gespräche. Diese juristisch spitzfindige Taktik kam jedoch beim Obersten Gerichtshof nicht gut an. Das Gericht hob auch die zweite Verurteilung des Angeklagten auf. Richter Felix Frankfurter begründete seine Entscheidung mit scharfen Worten. Der Harvard-Absolvent und Anwalt des Liberal Club war Hoovers Erzfeind und hatte zwei Jahrzehnte zuvor das Bureau im Fall der Deer-Island-Deportationen vor einem Bostoner Gericht vernichtend geschlagen.
    Telefonüberwachung sei »mit ethischen Normen nicht vereinbar und zerstöre die persönliche Freiheit«, schrieb Frankfurter für den Supreme Court. Und der Trick, ein Abhörprotokoll zusammenzufassen, sei gleichfalls unzulässig: »Das durch Unrecht seitens der Regierung gewonnene Wissen darf nicht verwendet werden.« Damit war der Fall abgeschlossen: Die Regierung durfte abgehörte Gespräche oder die daraus gewonnenen Informationen nicht benutzen. [129]  
    Am 18. Januar 1940 wurde Justizminister Murphy als Richter an den Obersten Gerichtshof berufen. Sein Nachfolger im Justizministerium sollte Generalstaatsanwalt Robert Jackson werden, der sich später als Chefankläger beim Nürnberger Prozess gegen die NS-Kriegsverbrecher und als Mitglied des Obersten Gerichtshofs hervortat. Justizminister Jackson erklärte bald, das Justizministerium habe von der Telefonüberwachung Abstand genommen. Am 15. März verhängte er ein offizielles Verbot. Es blieb neun Wochen in Kraft.
    Hoover aber schickte sich

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