Fear
gekommen?«
»Das muss ich noch rausfinden. Wenn ich erst mal weit genug weg von hier bin.«
Joe behielt seine Turnschuhe an, als er aus dem Overall stieg. Darunter trug er eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Er legte den Overall zusammen und deponierte ihn auf der untersten Plattform des Gerüsts neben ihren leeren Kaffeetassen.
»Irgendeine Idee, wohin du …« Ryans Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. »Nein, das kannst du mir nicht sagen, oder?«
»Besser nicht.«
»Ist schon in Ordnung. Aber es tut mir leid, dich ziehen zu lassen.«
Als sie sich die Hand gaben, blieb Joes Blick noch einmal an dem Overall hängen. Irgendetwas ließ ihm keine Ruhe. Irgendetwas, das er übersehen hatte.
Die Kaffeetassen.
Vielleicht hatte er ja Glück gehabt, dachte er. Vielleicht hatten sie die Tassen gar nicht bemerkt, oder sie hatten sie gesehen, aber nicht den entscheidenden Schluss daraus gezogen: dass Ryan nicht allein arbeitete.
»Was ist?«, fragte Ryan.
Joe gab keine Antwort. Er horchte. Aus den Straßen um sie herum kamen alle möglichen Verkehrsgeräusche, aber ein Motor klang lauter, aggressiver als der Rest.
Er drehte sich um und sah einen Wagen auf sie zurasen. Es war ein verbeulter alter Ford Granada – das sah den beiden ähnlich, dachte er. Wahrscheinlich legal erworben, aber nicht angemeldet, würde er auf dem Schrottplatz landen, sobald er seinen Zweck erfüllt hatte.
Im Wagen saßen zwei Männer. Auf diese Entfernung waren ihre Gesichter nicht genau zu erkennen, aber der Fahrer trug eine braune Lederjacke.
3
Der Wagen beschleunigte. Auf der Beifahrerseite lehnte Danny Morton sich aus dem Fenster, den linken Arm zu Joe hin ausgestreckt. Es ergab nicht viel Sinn – bis Joe begriff, dass Danny etwas in der Hand hielt.
»Deckung!« Joe stieß Ryan von sich weg und hechtete in die andere Richtung. Beide Männer gingen in dem Moment zu Boden, als der Schuss knallte – eine schockierend laute Explosion in der Stille dieser Wohnstraße. Die Kugel schlug in die Fassade des Hauses ein und riss einen Brocken Rauputz heraus, Splitter regneten auf sie herab. Der Granada fuhr schlingernd vorbei, und der Fahrer gestikulierte wild in Dannys Richtung; offenbar waren sie sich über die Taktik uneins.
Auch wenn Morton nur wahllos herumballerte, war Joe bewusst, dass ein Querschläger genauso tödlich sein konnte, und das Gitterwerk aus Gerüststangen bot keinen wirklichen Schutz. Er sprang auf.
»Ich locke sie weg«, sagte er zu Ryan, der mit dem Gesicht nach unten auf dem Gehsteig lag und offenbar zu geschockt war, um zu antworten.
Joe lief geduckt auf die Straßenecke zu, wobei er die Reihe von parkenden Autos als Deckung benutzte. Dannys kopflose Aktion überraschte ihn ein wenig. Er hatte sich immer eingebildet, dass die Mortons es bevorzugen würden, ihn lebend zu fangen. Besonders Danny hatte eine äußerst unangenehme Neigung zum Foltern; allerdings waren sein alter Herr, Doug, und selbst Valerie, seine abgebrühte, mit allen Wassern gewaschene Mutter, kaum weniger blutdürstig.
Aber für solche Überlegungen hatte er jetzt keine Zeit. Er musste sich darauf konzentrieren, einen Fluchtweg zu finden. Joe bog in den Sion Hill ein, direkt gegenüber der imposanten georgianischen Fassade des Avon Gorge Hotels, und sprintete den Berg hinauf auf den östlichen Pylon der Clifton-Hängebrücke zu. Aus dieser Perspektive wirkten die dicken Ketten durch eine Art optischer Täuschung dünn wie Spinnweben.
Vielleicht sollte er versuchen, über die Brücke zu fliehen, dachte er, und sich dann irgendwie ein Fahrzeug besorgen. Einen geparkten Wagen knacken oder den Fahrer überwältigen, wenn es sein musste. Was immer nötig war, um zu überleben.
Nein. Das mit der Brücke war keine gute Idee. Viel zu exponiert und alles voller Menschen. Und Kameras gab es da auch jede Menge. Joe brauchte eine Route, auf der sie ihm mit dem Auto schlecht folgen konnten.
An der nächsten Einmündung schlug er einen Haken nach rechts, lief eine Grasböschung hinauf und fand sich schließlich in der Sion Lane, einer engen Gasse mit pittoresken Cottages und etwas heruntergekommenen Werkstätten. Sie war ganz mit parkenden Autos zugestellt. Und was noch besser war: Auf halber Strecke machte die Straße einen Knick nach links, sodass er binnen Sekunden außer Sichtweite sein würde.
Kurz vor der Kurve riskierte er einen Blick zurück, und das Herz rutschte ihm in die Hose. Danny Morton verfolgte ihn zu Fuß. Der einzige Trost
Weitere Kostenlose Bücher