Fear
zum ersten Mal Alise und Derek Cadwell begegnet war. Er hatte Ellie gewarnt, dass die Polizei auf der Hauptbrücke eine Straßensperre errichtet hatte und dass sie deshalb eine alternative Route brauchten.
»Nicht auf diesem Weg«, sagte sie und beugte sich zu ihm herüber, um durch die Frontscheibe zu spähen. »Halt Ausschau nach einer Abzweigung auf der rechten Seite.«
Er ging ein wenig vom Gas, als die Einmündung eines Feldwegs im Scheinwerferlicht auftauchte. Joe verließ sich darauf, dass Ellie wusste, wohin er führte, und bog ab. Der Regen hatte den Weg in eine Schlammpiste verwandelt, und die starke Steigung war selbst für den Geländewagen eine Herausforderung. Joe erkannte, dass es im Moment wichtiger war, nicht entdeckt zu werden, als möglichst schnell voranzukommen. Er ging auf fünfzehn Stundenkilometer herunter und schaltete das Licht aus, sodass sie von der Crabtree Lane aus praktisch nicht mehr zu sehen waren.
Endlich erreichten sie den höchsten Punkt der Anhöhe und fuhren in südwestlicher Richtung an einer Ansammlung von Wirtschaftsgebäuden vorbei. Nach einer weiteren Meile gelangten sie zu einer Straße, auf der sie die Fahrt nach Osten fortsetzen und dabei Trelennan ganz umgehen konnten.
Als sie auf die Teerstraße abbogen, schaltete Joe das Licht wieder ein. Ellie atmete langsam aus und inspizierte den Wagen, als sähe sie ihn zum ersten Mal.
»Wo hast du den her?«
»Von Patrick Davy. Er hat mir drüben bei Leon geholfen.« Joe wartete eine Sekunde. »Ich muss dich vielleicht bitten, ihn für mich zurückzubringen. Zu gegebener Zeit.«
»Okay. In Ordnung.« Jetzt war sie es, die eine Pause machte. »Wohin fahren wir jetzt?«
»Nach Bristol. Ich kenne dort jemanden, der uns helfen wird. Da können wir uns waschen und frische Kleider anziehen.«
Ellie sah an sich herunter. Wie Joe war sie klatschnass und verdreckt. Der Regen hatte einen Teil von Dianas Blut von ihren Armen gewaschen, aber auf ihrer Strickjacke war ein riesiger Fleck.
»Ich denke, je länger wir von Trelennan weg sind, desto besser.« Ein plötzlicher Gedanke ließ sie zusammenfahren. »Komme ich jetzt ins Gefängnis?«
»Das halte ich für unwahrscheinlich. Ich rate dir, einfach gar nichts zu sagen. Danny Morton wird das Feuer sicher nicht löschen. Ich schätze mal, bis die ersten Rettungskräfte das Haus betreten, werden kaum noch verwertbare Spuren übrig sein.«
Düsteres Schweigen folgte; ihrer beider Gedanken kreisten um Dianas Schicksal. Joe spürte, dass Ellie mit der Frage rang, ob sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren könnte, sich nicht bei der Polizei zu melden.
»Was ist mit Patrick Davy?«
»Ich denke, dass Jenny seine Aussage bestätigen wird – das ist das Mädchen, das wir gefunden haben. Und ich vermute, dass Clive Fenton nur allzu gern Leon und Glenn die ganze Schuld in die Schuhe schieben wird.«
Ellie nickte. Bei der Erwähnung ihres Exmanns überlief sie ein Schauder.
»Ich habe nichts von seinem Taten geahnt«, sagte sie. »Ich will, dass du das weißt.«
»Ich glaube dir.«
»Aber nicht alle werden mir glauben.« Sie seufzte. »Vielleicht ziehe ich wieder nach Oxford.« Sie sah Joe an. »Wohin wirst du von Bristol aus gehen?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Bei Launceston, nahe der Grenze zu Devon, legten sie einen Tankstopp ein. Sie benutzten die Toiletten, um sich, so gut es ging, frisch zu machen. Joe fischte zwei durchweichte Zehnpfundscheine aus seiner Hosentasche und hielt sie ein paar Minuten unter den Händetrockner.
Als sie wieder im Landrover saßen, zog Ellie einen kleinen weißen Umschlag aus der Tasche. Es war der, von dem Diana unbedingt gewollt hatte, dass sie ihn fanden. Er enthielt einen Bogen dickes, teures Briefpapier, in der Mitte gefaltet. Ellie entfaltete den Brief, runzelte die Stirn und reichte ihn Joe.
Er erkannte die Handschrift sofort. Der Brief war an Diana adressiert, aber die wichtigste Anschrift – die der Person, die die Zeilen geschrieben hatte – fehlte.
Der Text war kurz: Es tut mir so leid, dass wir uns so lange nicht gemeldet haben. Ich wünsche, ich könnte es erklären, aber unser Leben ist unerträglich kompliziert geworden. Bitte zeige diesen Brief keinem Menschen und erzähle auch niemandem davon. Ich weiß, wie sehr Roy dir fehlen muss. Wir denken heute alle an dich.
Liebe Grüße von Helen, Joe und den Mädchen.
Joe las die Zeilen ein zweites und dann noch ein drittes Mal, ehe er den Blick davon losreißen konnte. Dann fiel ihm der
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