Federschwingen
schließlich nicht wissen, wann Dantalion auf die Idee kam, in seinen Gedanken herumzustöbern. Da war es wahrscheinlich nicht ganz so optimal, ihn gleich mit der Nase darauf zu stoßen, dass er im Grunde mächtig scharf auf ihn war. Zwar spürte Erael im Moment nichts von der mentalen Anwesenheit, aber wie schnell sich das ändern konnte, hatte er erst gestern erlebt. Es war nicht so, dass es ihn störte, es war lediglich ungewohnt. Aber Erael hatte nicht die Absicht, sich daran zu gewöhnen.
„Bitte!“, sagte er eindringlich als Anhang zu seiner vorherigen Erklärung. Wie auf Kommando grummelte sein Magen vernehmlich.
Dantalion lachte heiser, ein vibrierendes Geräusch, das Erael eine rasche, aber durchaus angenehme Gänsehaut bescherte. Um sich selbst davon abzuhalten, Unsinn zu machen und auf Dantalions Art zu reagieren, schwang Erael die Beine aus dem Bett und stand auf. Seufzend sah er an seinen verknitterten Leinenkleidern hinunter. Keine gute Idee, in diesen Klamotten zu schlafen, stellte er fest.
Aber eigentlich war es egal, die Blutflecke darin würden vermutlich ohnehin nicht mehr rausgehen. Dafür hatte Dantalions Salbe ausgezeichnete Arbeit geleistet. Seine offenen Wunden hatten sich geschlossen und seine Haut juckte, so wie er es von nachwachsenden Federn kannte. Selbst mit Yashiels heilender Hand hätte er kein besseres Ergebnis erzielt – höchstens eine noch schnellere Heilung.
„Ist ... Seere jetzt hier?“, fragte er zögerlich. Er wollte diesem Mistkerl nicht begegnen, wenn es sich vermeiden ließ.
„Nein“, erwiderte Dantalion. Augenblicklich fühlte sich Erael erleichtert.
„Bist du dir ganz sicher?“, wollte er trotzdem wissen.
„Er ist in der Hölle. Hast du Leonards Befehl gestern nicht gehört? Dagegen kommt selbst Seere nicht an.“
Zuerst sah Erael ein wenig ratlos drein, dann dämmerte die Erinnerung auf, dass der Wächterboss Seere die Anweisung entgegengezischt hatte, sich auf der Stelle zum Hohen Rat zu begeben. Dass gerade Seere so widerspruchslos tat, was Leonard ihm auftrug, hätte Erael nicht gedacht.
„Ich hätte ihn nicht für so brav gehalten, ohne ein Wort zu gehorchen“, murmelte er und lächelte dabei schief.
„Ist er auch nicht. Aber das war einer von Leonards besonderen Befehlen.“
„Besondere Befehle? Was meinst du damit?“ Wieder war Erael unschlüssig, wa s er davon halten sollte. Bis er Dantalions weit aufgerissene Augen entdeckte.
„Sag bloß, du hast noch nichts von Leonards Fähigkeit gehört? Wirklich teuflisch, sag ich dir. Er kann Befehle aussprechen, denen man nicht widerstehen kann. Absolute B efehle, sozusagen. Man kann gar nicht anders, als ihnen zu fol gen.“
Erael überlegte. Er wusste, dass Leonard in der Lage war, andere zu kontrollieren. Dass das über einen gesprochenen Befehl lief, war ihm jedoch neu. Ein gemeines Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Ach, so läuft das. Danke für diese nützliche Information.“
Dantalion machte ein betroffenes Gesicht. Da hatte er wohl mehr verraten, als er eigentlich wollte. Diese Vermutung wurde bestärkt, als Dantalion sich räusperte und schnell das Thema wechselte: „Mach dir keine Sorgen. Leonard ist in seinem Büro und Seere ist nicht da. Lass uns nach unten gehen und frühstücken. Oder soll ich lieber etwas hoch bringen?“
„Nun, mir ist beides recht. Ich möchte im Anschluss daran gern nach Hause gehen.“
Seine Ansage löste genau das aus, was er befürchtet hatte: Dantalion verzog das Gesicht unwillig.
„Willst du dir das nicht noch einmal überlegen?“, fragte er seufzend.
„Nein.“ Erael lächelte und konnte es nicht lassen, kurz über die schwarzen Locken zu streichen. Sie fühlten sich genau so seidig an, wie sie aussahen. „Dantalion, meine Freunde wissen nicht, wo ich bin. Sie machen sich Sorgen. Ich will zuhause sein, bevor sie mich hier aufspüren und euch Probleme machen. Und jetzt schau nicht so verbissen, das gibt Falten.“ Sofort hellte sich Dantalions Miene auf. Erael blinzelte überrascht und lachte los. War der Dämon vielleicht eitel? Das hätte er von Dantalion nicht geglaubt, so wild, wie der wirkte und sich gab.
„Also schön“, sagte Dantalion, der zwar nicht begeistert schien, aber jetzt auch nicht mehr betroffen. „Dann komm mal mit. Ich möchte meine Decke nicht vollkrümeln.“
„Was ist das überhaupt für ein Fell?“, frage Erael, der angesichts der wuscheligen Tierhaut auf Dantalions Bett ein wenig zwiegespalten war.
„Das
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