Federschwingen
als ich und einen höheren Verbrauch. Daher dauert es länger, bis sein Tank wieder aufgefüllt ist. Außerdem ist es ja nicht so, als wäre er nur zum Vergnügen in der Hölle.“
Morten nickte verstehend, wirkte dadurch aber nicht viel glücklicher. Dann fiel ihm noch etwas auf.
„Du hat schreckliche Augenringe, Morten. Und du bist extrem blass.“
Beides war nicht zu übersehen. Dantalion verstand nicht, wieso Morten derart heftig auf die Trennung reagierte. Erneut hörte er das abfällige Schnauben.
„Ich schlafe schlecht, wenn er nicht neben mir ist“, erklärte Morten genervt. „Und Appetit hab ich auch nicht. Ich vermisse ihn eben. Viel zu sehr.“ Die letzten beiden Worte hörte Dantalion eher in Mortens Gedanken als aus seinem Mund.
„Ich würde mich vermutlich ablenken. Oder mir jemand anderen suchen, mit dem ich meinen Spaß haben kann“, entgegnete Dantalion und warf sich neben Morten auf die Couch. Vielleicht würde Morten ja einmal mit ihm ...
Doch der unterbrach ihn mit empörter Miene und einem ebensolchen Tonfall. „Das hat nichts mit Spaß zu tun! Ich liebe ihn! Da ist es doch klar, dass ich ihn vermisse! Ich will keinen anderen! Ich will ihn!“
Dantalion zuckte mit den Schultern. „Aber er kommt ja bald wieder. Wo ist das Problem?“
„Das Problem ist, dass ich mich viel zu sehr an ihn gewöhnt habe. Er gehört einfach zu mir, ohne ihn kann und will ich nicht mehr sein.“
Dantalion konnte das nicht nachvollziehen. Trotzdem nickte er.
„Du verstehst es nicht!“, diagnostizierte Morten korrekt. Offensichtlich war er von dieser Feststellung nicht angetan. „Natürlich nicht, du bindest dich ja nicht an eine einzige Person.“
Selbst wenn sich Dantalion nichts anmerken ließ, so hatte ihn Mortens Reaktion doch getroffen. Dieser Vorwurf besagte, dass er keine Ahnung von echten Gefühlen hatte. Dabei verstand Dantalion mehr, als er wollte. In seinen Gedanken tauchte Eraels Bild auf und unwillkürlich fragte er sich, ob der Engel vielleicht genauso litt. Aber was ging das ihn an? Er hatte Erael nicht gebeten, sich in ihn zu verlieben.
Tief durchatmend verjagte er die nervigen Gedanken, die ihn an seinen Lover erinnerten. Es war an der Zeit, Morten zu sagen, was ihm auf dem Herzen lag.
„Sag mal, kann ich ein paar Tage bei dir bleiben? Ich ... ich möchte gerade nicht nach Hause.“
Bei allen Dämonen, wie konnte man sich so erbärmlich aufführen? Er, ein Fürst der Hölle, war auf der Flucht vor einem kleinen Engel, vor der Erinnerung an ihn. In Wahrheit war er nur hier, um mit seinen Gedanken an Erael nicht allein zu sein. Um sich nicht einen auf ihn runterzuholen. Wie tief konnte man sinken?
Morten zuckte die Schultern.
„Von mir aus gern, ich möchte auch nicht unbedingt allein sein.“
Dantalion stützte sich auf die Ellbogen, um Morten so besser ansehen zu können.
„Wieso suchst du dir nicht irgendeinen schönen Gegenstand, den du stehlen kannst?“, wollte er wissen. „Das würde dich ablenken. Und wenn du willst, steh ich dir wachsam zur Seite.“
„Seere meinte, ich solle nichts mehr auf eigene Faust unternehmen“, entgegnete Morten. „Wenn ich bei so etwas erwischt werde, würde Leonard mir sicher nicht aus der Patsche helfen.“
Dantalion schmunzelte amüsiert in sich hinein. Der letzte Auftrag, der nicht von Seere stammte, war von Leonard selbst gekommen, der ihn eiskalt in eine Falle hatte laufen lassen. Damals war Morten fast ums Leben gekommen und seither waren beide vorsichtiger geworden mit den Aufträgen, die Morten ausführte. Zwar war Morten alles andere als ein Feigling, aber er hatte ein starkes Verantwortungsgefühl Seere gegenüber.
„Mann, ihr zwei seid euch echt verfallen“, murrte Dantalion kopfschüttelnd.
Morten grinste schief. „Und wie. Und das ist auch gut so. Wir sind sehr glücklich zusammen, obwohl weder Leonard noch du das versteht.“
Im Ansatz verstand Dantalion es durchaus, aber er wollte es nicht zulassen. Dämonen und Menschen waren eine Sache. Dämonen und Engel eine ganz andere. Zwar hatten sich beide Parteien für eine konkurrierende Koexistenz entschieden, das hieß jedoch längst nicht, dass sie Freunde waren. Eher im Gegenteil. Es war ein Tabu, dass sie miteinander schliefen, was würde erst geredet werden, wenn klar wurde, dass da mehr war als Sex? Nein, er musste seine Gefühle in den Griff bekommen, bevor er so endete wie Seere und Morten. Er sah ja, was die beiden davon hatten: nur Ärger und Seelenschmerz.
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