Federzirkel 02 - Verführung und Hingabe
wie Dean auf ihr Vorhaben reagieren würde, wenn er es herausfand. Sie plante, die Erfahrung in Verruchte Nächte in allen Details zu beschreiben. Er sollte lernen, dass er nicht auf diese Weise mit ihr umgehen konnte, als ob sie ihm verfallen wäre.
Bist du nicht genau das, meldete sich diese penetrante Stimme, die sie in letzter Zeit fortwährend belästigte. Und ist es nicht ganz anders als in deinen kühnsten Träumen? Ist er nicht der beste Kerl, den du jemals hattest?
Halt die Klappe!
„Jetzt hab dich nicht so, du begleitest mich nur als mein Cover. John wird es nie herausfinden.“
Kim versuchte, ruhig zu klingen, obwohl ihr Inneres in Aufruhr war, und sie am liebsten vor Nervosität auf dem Lenkrad herumgetrommelt hätte. Bis vor ein paar Tagen hatte sie nicht einmal gewusst, was Covern bedeutete. Es war die Absicherung einer SM-Session durch eine dritte Partei. Eigentlich hatte sie Viola nur über den Ort informieren wollen, doch ihre Freundin hatte ihr gedroht, Dean alles brühwarm zu erzählen, falls sie Viola nicht mitnahm.
Kim warf einen Blick auf Viola, die in Jeanshose und ein altes, ehemals blaues Sweatshirt von John gehüllt war, in das sie mindestens zweimal hineingepasst hätte.
„Nettes Outfit.“
Viola schnaubte. „Es soll keiner auf die Idee kommen, dass ich mich an der Session beteiligen will. Ich bin ausschließlich dazu da, um auf dich aufzupassen.“
Sie legte Kim eine Hand auf den Oberschenkel. Die Kälte ihrer Handfläche drang durch das dünne schwarze Kleid, das Kim trug. Viola war nervös.
Sie hatten stundenlang diskutiert, und als Viola bemerkt hatte, dass sie Kim nicht von ihrem Vorhaben abbringen konnte, bestand sie darauf, dass Kim dem Sadasia klipp und klar mitteilte, dass sie in Begleitung kam und die Begleitung nicht angerührt werden durfte.
„Ich verstehe nicht, wieso du es unbedingt durchziehen willst.“
Kim seufzte. „Ich muss einfach wissen, ob ausschließlich Dean diese Wirkung auf mich ausübt. Es macht mich rasend, dass er mich nur anzusehen braucht und ich mit einem beschleunigten Herzschlag reagiere. Ich glaube, es ist nicht er, sondern die Dominanz, die er ausstrahlt.“
Kim lachte trocken. „Und im Sadasia trifft man wenigstens auf richtige Meister und keine Waschlappen wie der letzte Möchtegerndom, den ich ausprobiert habe.“
Aus dem Radio ertönte Tainted Love von Soft Cell .
„Außerdem, was soll passieren? Diese ganze SM-Szene hat Verhaltensregeln, und gerade du hast mir versichert, dass in diesen Studios ein Kodex herrscht.“
Viola sang eine Strophe: Once I ran to you, now I`ll run from you. This tainted love you've given, I give you all a boy could give you. Take my tears and that's not nearly all. Tainted love …
Verdorbene Liebe, das war eindeutig das, was Kim fühlte. Es war nicht richtig, es konnte nicht richtig sein.
Den restlichen Weg legten sie in Schweigen zurück. Als sie vor dem großen Haus anhielten, starrten beide in stummem Horror auf das Szenario.
„Du bist dir absolut sicher, dass du es durchziehen willst?“ Die Stimme der Freundin spiegelte die eigene Emotion, war sie doch hoch und quietschend.
Kim nickte und unterdrückte den Reiz, den Rückwärtsgang einzulegen und der Höhle der Dämonen zu entkommen. Unmissverständlich erinnerte sie das dunkle Gebäude an eine Pforte zur Hölle, die unter Fackeln erstrahlte. Im Vorgarten standen steinerne Gargoyles und Orks.
„Exzellente Handwerkskunst!“ Viola schaffte es nie, die Künstlerin in sich zu unterdrücken, doch Kim hatte jetzt keinen Sinn dafür.
Die Entscheidung zu flüchten wurde ihnen abgenommen, denn zwei Männer traten an den Micra heran und rissen die Türen auf. Galant halfen sie Kim und Viola aus dem Wagen. Der Typ, der Viola hielt, war eher klein, aber breit. Sehr breit.
Kims Helfer sah sie musternd an. Er war groß, so groß wie Dean, und trug die braunen Haare raspelkurz. Sein Griff war fest. Ohne ein Wort zu sagen, führte er sie ins Haus.
Die Männer schoben sie in die Empfangshalle, und die Tür fiel hinter ihnen ins Schloss. Es hatte etwas Endgültiges. Viola keuchte neben ihr auf, und erst jetzt bemerkte Kim die Frau, die an ein Andreaskreuz gebunden an der Wand stand. Striemen, die in allen Rottönen leuchteten, verunstalteten den Körper. Der Dom trug chirurgische Handschuhe. Der Kopf der Blondine hing nach vorn, und sie sah nicht hoch.
Das Ratschen einer Verpackung dröhnte in Kims Ohren, und sie rang nach Luft, als sie sah, was der
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